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Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers

Titel: Zyklus der Erdenkinder 05 - Ayla und der Stein des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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durchge standen hätte. Sogar in ihrer Gesellschaft hatte sie sich einsam gefühlt, aber immerhin wusste sie, wie sie sich Nahrung be schaffen und das Notwendige herstellen konnte, und erlebte das Glück der vollkommenen Freiheit - und ihre Folgen. Zum ersten Mal hatte sie tun und lassen können, was sie wollte - sogar ein Fohlen und ein Löwenjunges adoptieren. Ganz auf sich gestellt zu sein hatte sie gelehrt, dass eine Frau eine Zeit lang allein existieren konnte, wenn sie jung, gesund und stark war. Erst als sie ernstlich krank geworden war, hatte sie begrif fen, wie verletzlich sie doch war.
Damals hatte Ayla erst richtig verstanden, dass sie nicht mehr am Leben wäre, wenn der Clan sie als verletztes, schwaches, durch ein Erdbeben verwaistes kleines Mädchen nicht bei sich aufgenommen hätte, obwohl sie zu denen gehörte, die sie die Anderen nannten. Später, während ihrer Zeit bei den Mamutoi, hatte sie erfahren, dass das Zusammenleben in einer Gruppe - in jeder Gruppe, selbst einer, die die Wünsche und Bedürfnisse des Einzelnen achtete - die individuelle Freiheit einschränkte, weil die Bedürfnisse der Gemeinschaft ebenso wichtig waren. Das Überleben hing vom Zusammenhalt einer Gemeinschaft ab
- eines Clans oder Lagers oder einer Höhle -, deren Mitglieder zusammenarbeiteten und sich gegenseitig unterstützten. Zwi schen dem Einzelnen und der Gruppe bestand immer ein Wi derstreit, und einen gangbaren Kompromiss zu finden war im mer eine Herausforderung, brachte aber auch Vorteile mit sich.
Die Zusammenarbeit der Gruppen sicherte den Einzelnen nicht nur ihre Lebensgrundlage, sie sorgte auch dafür, dass sie sich freier entfalten und angenehmeren Aufgaben widmen konnten. Dies führte bei den Anderen zu einem Aufblühen ih res ästhetischen Empfindens. Die Kunst, die sie schufen, war nicht so sehr eine Kunst um ihrer selbst willen als ein unver zichtbarer Bestandteil des täglichen Lebens. Fast jedes Mit glied der Zelandonii-Höhlen übte voller Stolz eine handwerkli che Tätigkeit aus und schätzte - mehr oder weniger - das Kön nen der anderen. Von Jugend an durften die Kinder auf dem Gebiet, in dem sie sich auszeichneten, ihre Erfahrungen sam meln, und praktischen Fähigkeiten maß man keine größere Be deutung zu als künstlerischen Begabungen.
Ayla erinnerte sich daran, dass Shevonar, der während der Wisentjagd gestorben war, Speere geschnitzt hatte. Er war nicht der Einzige, der das konnte, aber wenn man sich auf ein Handwerk konzentrierte, entwickelte man größere Fertigkeiten, woraus sich ein höherer Rang und oft auch wirtschaftliche Vor teile ergaben. Die Zelandonii und die meisten anderen Völker, die sie kannte, teilten sich die verfügbare Nahrung, doch die Jäger oder Sammler, die die Nahrung lieferten, gewannen da durch an Ansehen. Ein Mann oder eine Frau konnte überleben, ohne je selbst für Nahrung zu sorgen, doch ohne eine bestimm te Fertigkeit oder eine herausragende Begabung, die ihm oder ihr Geltung verschaffte, lebte niemand gut.
Die Art, wie die Zelandonii Waren und Dienstleistungen tauschten, war für Ayla schwer zu durchschauen, auch wenn sie sich mittlerweile etwas besser zurechtfand. Fast alles, was hergestellt wurde, besaß einen bestimmten Wert, auch wenn der praktische Nutzen nicht immer gleich erkennbar war. Die ser Wert wurde durch eine allgemeine Übereinkunft oder durch individuelle Vereinbarungen festgelegt. Als Folge davon wur den besonders gelungene Produkte höher entlohnt, unter ande rem deshalb, weil die Leute sie den gewöhnlicheren vorzogen. Die meisten Höhlenbewohner verfügten über ein gut entwi ckeltes ästhetisches Empfinden, das manchmal die Nachfrage steigerte.
Ein gut geformter Speer mit schönen Verzierungen hatte mehr Wert als ein ebenso zweckmäßiger Speer, der ausschließ lich seine Funktion erfüllte. Der lediglich zweckmäßige Speer war jedoch unendlich viel mehr wert als ein schlecht geschnitz ter Speer. Ein Korb, der einfach geflochten war, diente seinem Zweck ebenso gut wie ein Korb mit feinen Oberflächenstruktu ren, Mustern oder einer schönen Farbgebung, aber er war nicht im Mindesten so begehrt. In den nützlichen, aber weniger schönen Korb wurden eher Wurzeln gelegt, die man gerade ausgegraben hatte. Sobald sie gereinigt oder getrocknet waren, lagerte man sie lieber in einem hübschen Behältnis. Zweckmäßige Werkzeuge oder Geräte, die für den unmittelbaren Gebrauch bestimmt waren, wurden anschließend oft wieder weggeworfen,

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