Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
Marthona fast ihre Anführerschaft aufgegeben, aber sie spürte, dass sie gebraucht wurde. Und obwohl er sie genauso sehr liebte wie sie ihn, brauchte er nach einer Weile etwas Eigenes. Er gab sich nicht damit zufrieden, in ihrem Schatten zu stehen. Im Gegensatz zu dir, Jondalar, war ihm sein Talent für das Feuersteinschlagen nicht genug.«
»Aber er ist einer der Begabtesten, denen ich je begegnet bin. Seine Arbeit ist allgemein bekannt, und alle halten ihn für den Besten. Der einzige Feuersteinschläger, den ich kenne und der mit ihm vergleichbar wäre, ist Wymez vom Löwenlager der Mamutoi. Ich habe mir immer gewünscht, die beiden könnten sich kennenlernen«, sagte Jondalar.
»In gewissem Sinne haben sie das vielleicht, durch dich«, meinte die Erste. »Jondalar, du musst wissen, dass du bald der namhafteste Feuersteinschläger der Zelandonii sein wirst, falls du es nicht schon bist. Dalanar ist ein geschickter Werkzeugmacher, das steht außer Frage, aber er ist inzwischen Lanzadonii. Außerdem lag seine größte Fähigkeit stets darin, mit Menschen umzugehen. Er ist jetzt glücklich. Er hat seine eigene Höhle gegründet, sein eigenes Volk, und wenn er auch in gewisser Weise immer Zelandonii bleiben wird, werden seine Lanzadonii eines Tages eigenständig werden.
Und du bist der Sohn seines Herzens, wie auch seines Herdfeuers, Jondalar. Er ist stolz auf dich. Er liebt auch Jerikas Tochter Joplaya. Er ist stolz auf euch beide. Obwohl er tief in seinem Herzen Marthona wohl immer lieben wird, betet er Jerika an. Ich glaube, er liebt ihr fremdartiges Aussehen und dass sie trotz ihrer kleinen Statur so hitzig sein kann. Das zieht ihn an. Er sieht neben ihr so riesig aus, dass sie nur halb so groß wirkt, zart und anmutig, doch sie kann ihm durchaus die Stirn bieten. Sie hat nicht den Wunsch, Anführerin zu werden, das überlässt sie gerne ihm, wenngleich ich keinen Zweifel daran habe, dass sie ebenfalls dazu fähig wäre. Ihre Willensstärke und ihr Charakter sind beeindruckend.«
»Das kann man wohl sagen, Zelandoni!« Jondalar lachte laut auf, ein herzhaftes, warmes Lachen, das umso erstaunlicher war, weil es unerwartet kam. Jondalar war ein ernster Mann, und obgleich ihm das Lächeln nicht schwerfiel, lachte er selten laut.
»Dalanar fand jemanden, nachdem Marthona und er den Knoten durchtrennt hatten, doch viele bezweifelten, dass sie je einen Mann finden würde, der ihn ersetzen und den sie auf dieselbe Weise lieben konnte. Damit hatten sie Recht, aber sie fand Willamar. Sie liebt ihn nicht weniger als Dalanar, jedoch anders, so wie ihre Liebe für Dalanar nicht die gleiche war wie die für Joconan. Willamar kann ebenfalls gut mit Menschen umgehen, was auf alle Männer in ihrem Leben zutrifft, doch er setzt dieses Talent als Handelsmeister ein, er reist, knüpft Kontakte, entdeckt neue und ungewöhnliche Orte. Er hat mehr gesehen, mehr erfahren und mehr Menschen kennengelernt als jeder andere, mehr als du, Jondalar. Er reist gern, aber noch lieber kommt er nach Hause und berichtet von seinen Abenteuern und Erfahrungen mit den Menschen, denen er begegnet ist. Er hat im gesamten Gebiet der Zelandonii und darüber hinaus ein Handelsnetzwerk errichtet, und er hat wichtige Neuigkeiten, aufregende Geschichten und ungewöhnliche Dinge mitgebracht. Für Marthona als Anführerin war er eine enorme Hilfe, so wie jetzt für Joharran. Es gibt keinen Mann, den ich mehr achte. Und dann wurde noch ihre einzige Tochter an seinem Herdfeuer geboren. Marthona hat sich immer eine Tochter gewünscht, und deine Schwester Folara ist eine entzückende junge Frau.«
Ayla konnte das nachempfinden. Auch sie hatte sich sehnsüchtig eine Tochter gewünscht. Mit großer Zärtlichkeit blickte sie auf ihr schlafendes Kind.
»Ja, Folara ist sehr hübsch, außerdem gescheit und furchtlos«, erwiderte Jondalar. »Als wir eintrafen und allen anderen wegen der Pferde und des Wolfs unbehaglich zumute war, zögerte sie nicht. Sie rannte den Pfad hinunter, um mich zu begrüßen. Das werde ich nie vergessen.«
»Ja, auf Folara kann deine Mutter stolz sein. Darüber hinaus weiß man bei einer Tochter stets, dass deren Kinder die eigenen Enkelkinder sind. Sicherlich liebt sie die Kinder, die an den Herdfeuern ihrer Söhne geboren sind, doch bei einer Tochter gibt es keine Zweifel. Natürlich wurde auch dein Bruder Thonolan an Willamars Herdfeuer geboren, und obwohl sie niemanden bevorzugte, war er derjenige, der sie zum Lächeln brachte. Aber er
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