Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
gerietet bereits in Vergessenheit. Ich frage mich, ob dir klar ist, wie verblüfft die Leute waren, als du zurückkamst. Das lag nicht nur daran, dass du mit einer fremden Frau, diesen Pferden und einem Wolf auftauchtest.« Zelandoni lächelte verschmitzt. »Es lag daran, dass du überhaupt zurückkamst.«
M einst du wirklich, wir sollten versuchen, die Pferde mit in die Höhle zu nehmen?«, fragte Ayla am nächsten Morgen.
»Die meisten Höhlen haben hohe Decken, aber es ist nun mal eine Höhle, was bedeutet, sobald wir uns vom Eingang entfernen, ist es dunkel, bis auf das Licht, das wir mitnehmen, und der Boden ist uneben. Man muss vorsichtig sein, weil er an mehreren Stellen auf eine tiefere Ebene abfällt. Die Höhle dürfte jetzt leer sein, wird aber im Winter von Bären benutzt«, erwiderte Zelandoni. »Höhlenbären?«, fragte Ayla.
»Nach der Größe der von ihnen hinterlassenen Kratzspuren und Kuhlen zu urteilen, stammen sie höchstwahrscheinlich von Höhlenbären«, bestätigte die Donier. »Der Weg zur Hauptkammer ist sehr lang, ebenso der Rückweg. Dafür werden wir den ganzen Tag brauchen, zumindest ich. Ich war seit mehreren Jahren nicht mehr hier und befürchte, ehrlich gesagt, dass es wohl mein letztes Mal sein wird.«
»Ich könnte Winnie ja zunächst hineinführen und schauen, wie sie sich verhält«, schlug Ayla vor. »Grau sollte ich auch mitnehmen. Am besten verwende ich für beide die Halfter.«
»Und ich nehme Renner mit«, sagte Jondalar. »Wir führen sie allein hinein und probieren es aus, bevor wir sie vor die Schleiftragen schirren.«
Zelandoni sah zu, wie sie den Tieren Halfter anlegten und mit ihnen zum Eingang der großen Höhle gingen. Wolf folgte ihnen. Die Donier hatte nicht vor, sie durch die gesamte Höhle zu führen. Sie wusste selbst nicht, wie ausgedehnt diese heilige Stätte war, hatte aber eine ziemlich genaue Vorstellung davon.
Die riesige Höhle war mehr als fünfzehn Kilometer lang und bestand aus einem Gewirr von Gängen, von denen einige miteinander verbunden waren, andere wiederum in alle Richtungen verliefen. Sie hatte drei unterirdische Ebenen, und der Teil, den die Erste ihnen zeigen wollte, lag etwa zehn Kilometer vom Eingang entfernt. Das war ein langer Weg, aber der Gedanke, auf der Schleiftrage zu sitzen, erfüllte sie mit gemischten Gefühlen. Auch wenn sie langsamer war, glaubte sie, es zu Fuß schaffen zu können, und wenngleich es leichter sein würde, gefiel es ihr gar nicht, rückwärts schauend in die heilige Stätte gezogen zu werden.
Als Ayla und Jondalar herauskamen, schüttelten sie den Kopf und beruhigten die Pferde. »Es tut mir leid«, sagte Ayla. »Ich glaube, es liegt am Geruch der Bären, aber Winnie und Renner waren beide sehr nervös in der Höhle. Sie scheuten vor den Bärenkuhlen, und je dunkler es wurde, desto erregter wurden sie. Wolf wird bestimmt mit uns kommen, doch den Pferden gefällt es da drin nicht.«
»Ich schaffe das auch zu Fuß, nur wird es länger dauern«, erwiderte Zelandoni mit einem Gefühl der Erleichterung. »Wir müssen Essen, Wasser und warme Kleidung mitnehmen. Da drinnen wird es kalt sein. Und viele Lampen und Fackeln. Auch die dicken Matten, die du aus Rohrkolbenblättern gemacht hast, falls wir uns setzen wollen. Auf dem Boden gibt es Steine oder Höhlenauswüchse, die jedoch vermutlich feucht und schlammig sein werden.«
Jondalar packte die meisten Vorräte in sein robustes Tragegestell, doch Zelandoni hatte ihr eigenes, nur nicht so groß, hergestellt aus steifem Rohleder und an einem Rahmen befestigt. Die schlanken Stangen stammten von den Schösslingen rasch wachsender Bäume wie der Pappelweide, die innerhalb einer Jahreszeit gerade hochschossen. An den Hüftriemen von Jondalar und Zelandoni hingen darüber hinaus Werkzeuge und Beutel. Ayla hatte ihren Tragesack, den Rest ihrer Ausrüstung und natürlich Jonayla.
Vor dem Aufbruch überprüften sie ihren Lagerplatz noch einmal, wobei sich Ayla und Jondalar vergewisserten, dass es den Pferden tagsüber an nichts fehlen würde, während sie selbst tief in der Höhle waren. Sie hatten Fackeln an dem Feuer entzündet, bevor sie es mit Asche bedeckten. Dann gab Ayla Wolf das Zeichen, in ihrer Nähe zu bleiben, und sie betraten die Mammuthöhle.
Der Eingang war zwar recht groß, aber nichts im Vergleich zur tatsächlichen Größe der Höhle, versorgte sie jedoch für den ersten Teil der Wanderung mit natürlichem Licht, und eine Fackel reichte aus. Als sie
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