Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
Speerschleudern hergestellt und übten damit.
Ayla hatte auch Dulana überredet, mitzukommen und wenigstens einen Teil des Sommertreffens zu genießen. Sie sehnte sich nach ihrem Gefährten und den Kindern, obwohl sie wegen der Narben auf den Händen und im Gesicht immer noch sehr unsicher war. Dulana teilte sich einen Schlafplatz mit Amelana. Die beiden hatten sich angefreundet, zumal Dulana bereitwillig aus eigener Erfahrung über Schwangerschaft und Geburt erzählte. Amelana fühlte sich im Gespräch mit der Ersten oder deren Gehilfin nie wohl, auch wenn Ayla ein Kind bei sich hatte. Die junge Frau hatte die beiden über Arzneien und Heilmethoden sowie über anderes Wissen und Überlieferungen der Zelandonia sprechen hören, das meiste allerdings nicht verstanden, und fühlte sich durch diese klugen Frauen eingeschüchtert.
Allerdings gefiel ihr die Aufmerksamkeit, die ihr all die jungen Männer entgegenbrachten, die jungen Jäger ebenso wie Willamars Handelsburschen, obwohl die Händler sich zurückzogen, wenn sie von den ziemlich großspurigen Jungen umgeben war. Sie mussten nicht um Amelanas Aufmerksamkeit buhlen. Sie wussten, dass die jungen Jäger nur ein paar Tage bei ihnen sein würden, und sie hatten noch den Rest der Reise vor sich. Während Jondalar mit Jonokols und Willamars Hilfe Winnie in die Schleiftrage für die Erste schirrte, beobachteten Ayla und die Donier das Geplänkel zwischen Amelana und den jungen Männern.
»Sie erinnern mich an einen Wurf Wölfe«, sagte Ayla.
»Wann hast du Wolfsjunge gesehen?«, fragte Zelandoni.
»Als ich klein war und noch beim Clan lebte«, erwiderte Ayla. »Bevor ich anfing, Fleischfresser zu jagen, habe ich sie immer beobachtet, manchmal den ganzen Tag, wenn ich so lange fortbleiben konnte. Ich habe alle Arten vierbeiniger Jäger beobachtet, nicht nur Wölfe. So habe ich gelernt, mich ganz leise anzuschleichen. Die Jungtiere haben mich immer fasziniert, aber Wolfsjunge gefielen mir am besten. Sie spielten gern, genau wie diese Jungen - vermutlich sollte ich sie junge Männer nennen, aber sie benehmen sich noch wie kleine Jungen. Sieh nur, wie sie sich gegenseitig aus dem Weg schieben, drängen und knuffen, nur um Amelanas Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.«
»Mir fällt auf, dass Tivonan und Palidar nicht darunter sind«, sagte die Donier. »Ich glaube, sie wissen, dass sie noch jede Menge Zeit haben, Amelana Beachtung zu schenken, nachdem wir die nächste heilige Stätte erreicht haben, die Jungen fortgehen und wir wieder aufbrechen.« »Meinst du, diese jungen Männer werden einfach verschwinden, wenn wir zur nächsten Höhle kommen? Sie ist eine sehr reizvolle junge Frau.«
»Jetzt ist sie auch ihr einziges Publikum. Sie werden im Mittelpunkt des Interesses von bewundernden Freunden und Verwandten stehen, wenn sie mit uns auf ihren Lagerplatz kommen und Wildbret für alle mitbringen. Alle werden ihnen Fragen stellen und unbedingt die Geschichten hören wollen, die sie zu erzählen haben. Für Amelana werden sie keine Zeit mehr haben.«
»Wird sie dann nicht traurig oder verärgert sein?«, fragte Ayla.
»Bis dahin wird sie neue Verehrer finden, und das werden nicht nur Jungen sein. Einer reizvollen, jungen, schwangeren Witwe wird es nicht an Aufmerksamkeit fehlen, ebenso wenig wie den Handelsburschen. Ich bin froh, dass keiner von ihnen übermäßig vernarrt in Amelana ist«, entgegnete die ältere Frau. »Sie gehört nicht zu den Frauen, die auch nur für einen von beiden eine gute Gefährtin abgibt. Eine Frau, die mit einem Reisenden verbunden ist, muss starke eigene Interessen haben und darf sich nicht davon abhängig machen, dass ihr Gefährte sie beschäftigt.«
Ayla war insgeheim froh, dass Jondalar kein Händler war oder mit einem anderen Handwerk zu tun hatte, das ihn auf weite Reisen führte. Dabei hatte sie durchaus eigene Interessen und brauchte ihn nicht, um sie zu beschäftigen, aber sie würde sich Sorgen machen, wenn er lange Zeit fort wäre. Gelegentlich nahm er seine Lehrburschen mit auf die Suche nach neuen Fundstätten für Feuerstein, doch allein zu reisen konnte gefährlich sein, und wenn er verletzt wurde oder Schlimmeres, wie würde sie es erfahren? Sie müsste warten und sich fragen, ob er jemals zurückkehren würde. In einer Gruppe zu reisen war besser. Dann konnte wenigstens einer umkehren und Bescheid geben.
Ihr kam in den Sinn, dass Willamar vielleicht nicht nur einen seiner Handelsburschen als nächsten Handelsmeister auswählen
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