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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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Skulpturen, die ihre Fantasie anregten, und riesige weiße Säulen, die in rätselhafter Transparenz leuchteten.
Im schwachen Licht kamen sie zu einer Stelle, an der sich der Raum verbreiterte. Die Seiten der Kammer verschwanden, und vor ihnen setzte sich, abgesehen von einer schimmernden weißen Scheibe, die Leere bis ins Unendliche fort. Ayla spürte, dass sie in einen anderen Bereich gelangt waren, der noch größer als der Eingang war. Obwohl an der Decke eigenartige, prächtige Stalaktiten hingen, die langen weißen Haaren ähnelten, war der Boden ungewöhnlich eben, wie der stille See, der er einst gewesen war. Inzwischen aber war der Boden der riesigen Kammer mit Schädeln, Knochen und Zähnen sowie den flachen Mulden übersät, in denen überwinternde Bären gelagert hatten.
Die fortwährend summende Wächterin verstärkte ihr Stimmvolumen allmählich, bis die Intensität und Stärke des Summens lauter war als alles, was Ayla bei einem Menschen für möglich gehalten hätte. Dennoch gab es keinen Widerhall, da die Laute von der Unermesslichkeit des leeren Raums in der Felswand verschluckt wurden. Dann stimmte die Eine, Die Die Erste Ist, mit ihrer vollen Altstimme das Lied von der Mutter an.
    Aus dem Chaos der Zeit, im Dunkel verloren Ward aus wirbelndem Strahl die Mutter geboren, Wird gewahr ihres Seins, sieht des Lebens Wert, Doch die Erdmutter trauert, denn eins ist ihr verwehrt.
    Sie ist allein. Will es nicht sein.
    Aus dem Staub erschafft sie. Und es erscheint Der schimmernde Bruder, Gefährte, Freund. In Liebe und Freundschaft vergeht Jahr um Jahr. Dann ist sie bereit. Sie werden ein Paar.
Er liebkost ihr Gesicht mit seinem schimmernden Licht.
    Der Freund und Gefährte beschert ihr Glück ...
    Die Erste zögerte und verstummte dann. Es gab keinen Widerhall, kein Echo kam zurück. Die Höhle sagte ihnen, dass dies kein Ort für Menschen war. Dieser Raum gehörte den Höhlenbären. Ayla fragte sich, ob überhaupt Zeichnungen in dem leeren Raum waren. Die Wächterin würde es wissen.
    »Zelandoni, die über diese Höhle wacht«, fragte sie in aller Form, »haben die Alten Bilder in dem vor uns befindlichen Raum gemalt?«
    »Nein«, antwortete die Frau. »Uns steht es nicht zu, diesen Raum zu gestalten. Wir können im Frühjahr hineingehen, genauso wie die Höhlenbären oft an unseren Platz in dieser Höhle gehen, aber die Mutter hat ihnen diesen Raum für den Winterschlaf geschenkt.«
    »Deshalb haben sich die Menschen wohl auch entschieden, nicht hier zu leben«, sagte Ayla. »Als ich in diese Höhle kam, dachte ich, sie wäre eigentlich ein guter Wohnplatz, und fragte mich, warum keine Höhle sie gewählt hat. Jetzt weiß ich es.«
    Die Wächterin führte sie nach rechts. Sie kamen an einer kleinen Öffnung vorbei, durch die es in eine weitere Kammer ging, und ein Stück weiter folgte eine größere Öffnung. Ähnlich wie in der Eingangskammer fand sich auch hier eine chaotische Ansammlung von umgestürzten Stalagmiten und Tropfsteinformen. Der Pfad führte um diese Hindernisse herum und endete in einem weitläufigen Raum mit hoher Decke und dunkelrotem Boden. Ein durch eine riesige Steinkaskade geschaffener Felsvorsprung beherrschte die Kammer, die von mehreren roten Punkten auf einem von der Decke herabhängenden Felsen gekennzeichnet war. Die Gruppe kam an ein großes Wandbild auf einer fast senkrechten Felswand, die sich bis zur Decke zog, bedeckt mit großen roten Punkten und verschiedenen Zeichen.
    »Was glaubt ihr, wie diese Tupfen gemacht wurden?«, fragte die Wächterin.
»Vermutlich wurde ein großer Bausch aus Leder, Moos oder etwas Ähnlichem benutzt«, erwiderte Jonokol.
»Ich glaube, der Zelandoni der Neunzehnten sollte etwas näher hinschauen«, sagte die Erste. Ayla fiel ein, dass Zelandoni schon einmal hier gewesen war und zweifellos die Antwort kannte. Willamar wusste es wahrscheinlich auch. Ayla meldete sich nicht freiwillig mit einer Vermutung zu Wort, ebenso wenig Jondalar. Die Wächterin hielt die Hand hoch, spreizte die Finger nach hinten und hielt sie dann an einen der Tupfen. Er war fast genauso groß wie ihre Handfläche.
Jonokol betrachtete eingehend die großen Punkte. Sie waren ein wenig undeutlich, doch er konnte schwache Abdrücke von Fingeransätzen erkennen, die aus einigen Klecksen herausragten. »Du hast Recht!«, sagte er. »Sie müssen eine sehr dicke Paste aus rotem Ocker gerührt und ihre Handflächen hineingetaucht haben. Ich glaube, ich habe noch nie Tupfen

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