Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
begegnet zu sein. Das war daran zu erkennen, wie sie den Wolf anstarrten, doch das Tier wurde von vielen, vor allem von Kindern, mit einem Lächeln oder Gruß willkommen geheißen. Wolf hielt sich jedoch nahe bei Ayla und ihrer Tochter. Große Gruppen, zu denen Fremde gehörten, waren schwierig für ihn. Der Instinkt, sein Rudel zu beschützen, war beherrschender geworden, je weiter er sich entwickelte, und verschiedene Vorfälle in seinem Leben hatten diesen Instinkt noch verstärkt. Die Neunte Höhle war gewissermaßen zu seinem Rudel geworden, und das Gebiet, das sie bewohnte, zu seinem Revier, das er bewachte, aber er konnte nicht die gesamte große Gruppe beschützen und noch weniger die vielen zusätzlichen Menschen, die Ayla ihm »vorgestellt« hatte. Er hatte gelernt, sie nicht mit Feindseligkeit zu behandeln, aber sie waren zu zahlreich und passten nicht in seine instinktive Auffassung von einem Rudel. Stattdessen hatte er beschlossen, diejenigen, von denen er wusste, dass sie Ayla nahestanden, als sein Rudel zu betrachten, das es zu beschützen galt.
Obwohl Ayla sie vor nicht allzu langer Zeit besucht hatte, war sie besonders froh, Janida mit ihrem kleinen Sohn und Levela zu sehen. Sie sprachen gerade mit Tishona. Marthona hatte ihr erzählt, dass viele sich häufig eng mit denen befreundeten, die bei ihren Hochzeitsriten dabei gewesen waren, und das stimmte. Sie freute sich, die drei Frauen zu sehen, und alle begrüßten Ayla und Jondalar, umarmten sich und rieben ihre Wangen leicht aneinander. Tishona hatte sich so sehr daran gewöhnt, Wolf zu sehen, dass sie ihn kaum wahrnahm, aber die anderen beiden, die sich immer noch ein wenig vor ihm fürchteten, bemühten sich besonders, ihn zu begrüßen, auch wenn sie davon absahen, ihn zu berühren.
Janida und Ayla befassten sich sofort mit ihren Kindern, redeten darüber, wie sehr sie gewachsen waren und wie gut sie aussahen. Außerdem fiel Ayla auf, dass Levela zugelegt hatte.
»Du siehst aus, als könnte es jeden Moment so weit sein, Levela«, sagte Ayla.
»Das hoffe ich sehr. Ich kann es kaum erwarten«, erwiderte Levela.
»Da wir alle hier sind, kann ich bei dir sein, wenn dein Kind auf die Welt kommt, falls du willst. Und deine Schwester Proleva ebenfalls«, sagte Ayla.
»Und unsere Mutter ist hier. Ich war so froh, sie zu sehen. Du hast Velima doch kennengelernt, nicht wahr?«
»Ja«, erwiderte Ayla. »Aber ich kenne sie nicht gut.«
»Wo sind Jondecam, Peridal und Marsheval?«, fragte Jondalar.
»Marsheval ist mit Solaban losgezogen, um nach einer alten Frau zu suchen, die sich mit dem Schnitzen von Elfenbein auskennt«, sagte Tishona.
»Jondecam und Peridal haben nach euch Ausschau gehalten«, meinte Levela. »Sie konnten euch gestern Abend nicht finden.«
»Was nicht erstaunlich ist, denn wir waren gestern Abend nicht hier«, gab Jondalar zurück.
»Ach, tatsächlich? Aber ich habe viele von der Neunten Höhle gesehen«, sagte Levela.
»Wir sind an unserem Lagerplatz geblieben«, erklärte Jondalar.
»Ja«, fügte Ayla hinzu, »wir haben Bologan und Lanoga geholfen, eine Sommerhütte zu bauen.«
Jondalar fand es irritierend, wenn Ayla etwas so offen ansprach, das er für ein vertrauliches Problem ihrer Höhle hielt. Dabei war es nicht grundsätzlich falsch, mit ihnen darüber zu reden. Nur war er von einer Anführerin großgezogen worden und wusste, dass die meisten Anführer es persönlich nahmen, wenn sie ungelöste Situationen innerhalb ihrer Höhle nicht hatten bereinigen können. Laramar und Tremeda waren der Neunten Höhle schon seit einiger Zeit peinlich, und weder Marthona noch Joharran hatten viel dagegen ausrichten können. Die beiden lebten dort seit vielen Jahren und hatten das Recht zu bleiben. Wie er befürchtet hatte, löste Aylas Aussage neugierige Fragen aus.
»Bologan und Lanoga? Sind das nicht Tremedas Kinder?«, fragte Levela. »Warum habt ihr deren Sommerhütte gebaut?«
»Wo waren Laramar und Tremeda?«, wollte Tishona wissen.
»Sie hatten sich gestritten, Laramar beschloss, in eine der Randhütten zu ziehen, Tremeda rannte ihm nach und kam nicht zurück«, erklärte Ayla.
»Ich glaube, ich habe sie gesehen«, sagte Janida. »Wo denn?«, fragte Ayla.
»Sie war bei einigen Männern, die am Rande des Lagers Barma tranken und spielten, in der Nähe einer der Randhütten der Männer«, antwortete Janida etwas schüchtern. »Bei ihnen waren auch noch ein paar andere Frauen. Ich war überrascht, Tremeda zu sehen, weil ich weiß, dass
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