Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
sie kleine Kinder hat. Ich glaube nicht, dass die anderen Frauen kleine Kinder haben.«
»Tremeda hat sechs Kinder, das jüngste kaum älter als ein Jahr. Lanoga, die älteste Schwester, kümmert sich um sie, dabei ist sie selbst höchstens elf Jahre alt.« Ayla versuchte sich zurückzuhalten, aber ihre Gereiztheit war offensichtlich. »Ich glaube, ihr Bruder Bologan versucht zu helfen, doch er zählt erst dreizehn Jahre. Sie haben sich abgemüht, allein ein Zelt aufzustellen, als wir gestern Abend auf dem Weg hierher vorbeikamen. Aber es war nass und fiel auseinander, und sie hatten kein Material für eine Sommerhütte. Daher sind wir geblieben und haben ihnen geholfen, eine zu bauen.«
»Ihr habt allein eine Sommerhütte gebaut? Nur mit hier vorhandenem Material?«, staunte Tishona und blickte sie bewundernd an.
»Nur eine kleine.« Jondalar lächelte. »Gerade groß genug für ihre Familie. Keiner teilt sie sich mit ihnen.«
»Das wundert mich nicht«, meinte Levela, »aber es ist eine Schande. Diese Kinder könnten Hilfe gebrauchen.«
»Die Höhle hilft.« Tishona verteidigte die Neunte Höhle, zu der sie jetzt gehörte. »Die anderen Mütter wechseln sich sogar beim Stillen der Kleinen ab.«
»Das habe ich mich schon gefragt, als du sagtest, Tremeda sei nicht wiedergekommen, und die Kleine könne kaum mehr als ein Jahr zählen«, meinte Levela.
»Tremedas Milch ist vor einem Jahr versiegt«, sagte Ayla.
Das passiert, wenn man nicht genug stillt, dachte sie, sagte es aber nicht laut. Für das Versiegen der Muttermilch gab es Gründe, manchmal sogar gute. Nach dem Tod ihrer Clan-Mutter Iza hatte sie so sehr getrauert, dass sie die Bedürfnisse ihres eigenen Sohnes nicht mehr wahrgenommen hatte. Die anderen stillenden Mütter aus Bruns Clan waren bereit gewesen, Durc zu stillen, doch tief in ihrem Herzen würde sie das wohl nie verwinden.
Die anderen Frauen des Clans begriffen besser als sie, dass es ebenso Crebs Schuld war. Wenn Durc schrie, um gestillt zu werden, hatte Creb ihn nicht der trauernden Mutter in die Arme gelegt, damit sie von ihm wachgerüttelt wurde, sondern den Kleinen zu den anderen Frauen gebracht. Sie wussten, er meinte es gut und hatte Ayla in ihrem Schmerz nicht stören wollen. Daher konnten sie ihn nicht zurückweisen. Aber da Ayla zu wenig gestillt hatte, erkrankte sie an Milchfieber, und als sie sich erholt hatte, war die Milch versiegt. Ayla drückte das kleine Mädchen in ihren Armen fester an sich.
»Da bist du ja, Ayla!«, rief Proleva im Näherkommen. Sie hatte vier andere Frauen bei sich.
Ayla erkannte Beladora und Jayvena, die Gefährtinnen der Anführer der Zweiten und Siebten Höhle, und nickte ihnen zu. Die beiden begrüßten sie ebenso. Sie überlegte, ob die anderen beiden Frauen wohl ebenfalls Gefährtinnen von Anführern waren. Eine von ihnen glaubte sie zu erkennen. Die andere zog sich vor Wolf zurück.
»Zelandoni hat nach dir gesucht«, fuhr Proleva fort. »Und mehrere junge Männer haben nach dir gefragt, Jondalar. Ich habe ihnen versprochen, dir auszurichten, du sollst dich bei Manvelars Hütte auf dem Lagerplatz der Dritten Höhle mit ihnen treffen.«
»Wo ist die Hütte der Zelandonia, Proleva?«, fragte Ayla.
»Nicht weit entfernt vom Lagerplatz der Dritten Höhle, direkt neben dem der Sechsundzwanzigsten«, erwiderte Proleva und deutete in die Richtung.
»Ich wusste nicht, dass die Sechsundzwanzigste ein Lager eingerichtet hat«, sagte Jondalar.
»Stevadal ist immer gerne mitten dabei«, erklärte Proleva. »Nicht seine ganze Höhle hält sich im Lager des Sommertreffens auf, aber sie haben ein paar Hütten errichtet für diejenigen, die bis spät bleiben und einen Platz zum Übernachten brauchen. Da wird sicher ein stetiges Kommen und Gehen herrschen, zumindest bis nach den ersten Hochzeitsriten.«
»Wann werden die stattfinden?«, fragte Jondalar.
»Das weiß ich nicht. Ich glaube, das wurde noch nicht entschieden. Vielleicht kann Ayla Zelandoni danach fragen.« Proleva ging mit den Frauen weiter, nachdem sie die Nachrichten überbracht hatte.
Ayla und Jondalar verabschiedeten sich und machten sich auf den Weg zu den Lagerplätzen, die ihnen genannt worden waren. Als sich Ayla dem der Dritten Höhle näherte, erkannte sie die große Hütte der Zelandonia mit den Nebenhütten. In diesem Moment, dachte sie und rief sich das Sommertreffen des Vorjahres in Erinnerung, waren die jungen Frauen, die auf ihre Riten der Ersten Wonnen vorbereitet wurden, in einer der
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