Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
geht, weil sie fürchteten, er könnte sich nicht anders durchbringen. Sie haben das Gurtzeug gemacht, das er trägt, aber er hat ihnen erklärt, wie er es haben wollte. Sie rechnen es
dir hoch an, dass du ihn unterwiesen hast, weißt du.« »Du hast ihm auch etwas beigebracht«, sagte sie und fügte nach einer Weile hinzu: »Er mag ja ein guter Jäger geworden sein, aber ich befürchte nach wie vor, die meisten
Mütter würden sich ihn als Gefährten für ihre Tochter nicht
wünschen. Sie hätten Angst, dass der böse Geist, der seinen
Arm verkrüppelt hat, immer noch über ihm schwebt und
ihren Töchtern Kinder mit derselben Verkrüppelung schenken würde. Als er letztes Jahr sagte, er wolle sich mit Lanoga zusammentun, wenn sie erwachsen sind, und ihr mit ihren Schwestern und Brüdern helfen, fand Provela, das wäre
eine ideale Verbindung. Da Laramar und Tremeda auf der
niedrigsten Rangstufe stehen, würde keine Mutter wollen,
dass sich ihr Sohn mit Lanoga verbindet, aber ich glaube,
keiner hätte viel dagegen, wenn Lanidar sie zur Gefährtin
nimmt, vor allem, wenn er ein guter Jäger ist.«
»Nein, aber ich fürchte, Tremeda und Laramar werden
eine Möglichkeit finden, ihn zu ihrem Vorteil auszunutzen«, sagte Jondalar. »Mir ist aufgefallen, dass Lanoga
noch nicht für die Ersten Riten bereit ist.«
»Das kann nicht mehr lange dauern. Sie zeigt bereits Anzeichen. Vielleicht noch vor Ende des Sommers, bei der letzten Feier der Ersten Riten in diesem Jahr. Bist du gebeten worden, diesen Sommer bei den Ersten Riten zu hel
fen?«, fragte sie möglichst unbekümmert.
»Ja, aber ich habe gesagt, ich sei noch nicht bereit, diese
Verantwortung auf mich zu nehmen.« Jondalar grinste sie
an. »Warum? Findest du, ich sollte es tun?«
»Nur wenn du willst. Einige der jungen Frauen wären bestimmt sehr froh, wenn du es tätest. Vielleicht sogar Lanoga.« Ayla wandte sich ab und schaute zu Jonayla, damit
er ihr Gesicht nicht sah.
»Lanoga doch nicht!«, rief er. »Das wäre ja, als würde ich
die Ersten Riten mit einem Kind von meinem eigenen
Herdfeuer teilen!«
Sie drehte sich um und lächelte ihn an. »Du bist dem vermutlich näher als der Mann dieses Herdfeuers«, sagte sie.
»Du hast mehr für diese Familie getan als Laramar.« Sie näherten sich dem Hauptlagerplatz und wurden von
allen Seiten begrüßt. »Meinst du, es dauert lange, eine
Schleiftrage mit Sitz zu bauen?«, fragte Ayla.
»Wenn ich Hilfe bekomme und wir heute Morgen noch
anfangen, könnten wir vermutlich bis zum Nachmittag fertig sein«, gab er zurück. »Warum?«
»Soll ich Zelandoni dann fragen, ob sie heute Nachmittag
Zeit hat, es auszuprobieren? Sie sagte, das wäre ihr lieber,
bevor andere Leute sie darauf sehen.«
»Dann frag sie doch. Ich bitte Joharran und ein paar andere, mir zu helfen. Wir schaffen das bestimmt.« Jondalar
schmunzelte. »Ich bin gespannt, wie die Leute reagieren,
wenn sie sehen, dass die Erste von einem Pferd gezogen
wird.«
Jondalar war damit beschäftigt, einen geraden, robusten Schössling zu fällen, der um einiges dicker war als die sonst für eine Schleiftrage ausgewählten. Der Kopf seiner Steinaxt war am dickeren Ende zu einer Art Spitze verjüngt, und die Schneide war zu einer schmalen, dünner werdenden Schnittfläche mit scharfem, abgerundetem Rand behauen. Durch den Holzstiel war an einem Ende ein Loch für das verjüngte Ende des Axtkopfes gebohrt. Es war so eingefügt, dass er sich mit jedem Schlag fester im Loch des Holzstiels verkeilte. Die beiden Teile waren mit nassem Rohleder, das sich beim Trocknen zusammenzog, fest verschnürt.
Eine Steinaxt war nicht kräftig genug, Baumstämme mit geraden Schlägen zu fällen; der Feuerstein würde in diesem Fall splittern und brechen. Um einen Baum mit einem solchen Werkzeug zu fällen, mussten die Schläge schräg angesetzt werden, damit der Stamm so lange eingekerbt wurde, bis der Baum umfiel. Häufig sah der Stumpf so aus, als hätte ihn ein Biber abgenagt. Selbst bei dieser Methode platzten immer wieder Steinsplitter von der Axtschneide, die ständig nachgeschärft werden musste. Das ließ sich mit einem sorgfältig geführten Hammerstein bewerkstelligen oder mit einem spitzen Knochenstößel, der mit einem Hammerstein geschlagen wurde. Da Jondalar ein begabter Feuersteinschläger war, wurde er oft aufgefordert, beim Baumfällen zu helfen. Er wusste, wie man eine Axt richtig einsetzte und wirksam nachschärfte.
Jondalar hatte gerade einen zweiten Baum von ähnlicher
Weitere Kostenlose Bücher