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Titel: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Pan
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explodieren: Sie spielt in fast 30 Filmen mit, inzwischen auch Hauptrollen, tritt in Revuen und Theaterstücken auf und macht Werbung für Strümpfe. 1929 wird Josef von Sternberg auf sie aufmerksam, er engagiert sie für die Rolle der Lola Lola in Der blaue Engel. Probeaufnahmen von ihr gefallen den Verantwortlichen von Paramount so gut, daß sie ihr ein Angebot mit einer Anfangsgage von 500 Dollar pro Woche machen.
    Sie wagt den Schritt und verläßt Anfang April 1930 Berlin in Richtung Hollywood, ihre fünfjährige Tochter läßt sie in der Obhut von »Papilein« zurück. Mit dem Film Morocco beginnt nun ihre große Zeit als Weltstar. Film reiht sich an Film und Affäre an Affäre – Josef von Sternberg, Gary Cooper, Maurice Chevalier, Mercedes de Acosta, Fritz Lang, Erich Maria Remarque, Ernest Hemingway, John Wayne, Jean Gabin, Yul Brunner zählen dazu. In Deutschland allerdings werden gleichzeitig die Dinge schwieriger: Ihr Film Der blaue Engel wird von der NSDAP als drittklassig bezeichnet, andere Filme werden gar verboten, ihre Verbindung mit dem jüdischen Regisseur von Sternheim wird kritisiert. Zahlreiche Schauspielerkollegen und Regisseure emigrieren nach Amerika. Allerdings versucht Goebbels gleichzeitig, sie zu einer Rückkehr nach Deutschland zu bewegen. Sie entscheidet sich dagegen, wird im Juni 1939 amerikanische Staatsbürgerin und bleibt dort – auch nach Kriegsbeginn in Europa – weiterhin erfolgreich.
    Der 7. Dezember 1941 – die Bombardierung von Pearl Harbour – ändert jedoch vieles, nun befindet sich auch Amerika im Krieg. Marlene engagiert sich politisch, wirbt nachhaltig für den Verkauf von US-Kriegsanleihen. Dazu tingelt sie durch Bars, um die anwesenden Männer mit sehr körpernahem Einsatz zum Kauf von Kriegsanleihen zu animieren, bis der amerikanische Präsident Roosevelt persönlich ihr diese Art der »Prostitutionsakrobatik« untersagt. Ihre Karriere als Filmstar leidet in dieser Zeit. Ihre Filmauftritte fallen nicht mehr überwältigend aus, ein Engagement am Broadway zerschlägt sich, so daß sie sich – inzwischen 42 Jahre alt – für die Truppenbetreuung meldet. In maßgeschneiderter Offiziersuniform folgt sie im April 1944 einem Marschbefehl nach Algier, wo ihr erster Auftritt vor Soldaten stattfindet: Sie betritt die Bühne in einem fleischfarbenen, scheinbar durchsichtigen Kleid, breitet die Arme aus und genießt mehrere Minuten lang das animalische Gebrüll der Soldaten. In dieser Zeit entwickelt sie einen Hang zu uniformierten Helden, wie dem jüngsten General der US-Armee, dem Fallschirmspringer James Gavin.
    Nach Kriegsende folgen weitere Filme und Bühnenshows, 1972 sogar noch eine TV-Show, allerdings fällt es der inzwischen 71jährigen immer schwerer, die verführerische Frau zu geben. Sie unterzieht sich mehreren Schönheitsoperationen. Ihr Alkohol- und Tablettenkonsum steigert sich, Krankheiten und Unfälle setzen ihr zu. Ihren letzten öffentlichen Auftritt hat sie 1978, in dem Film Schöner Gigolo, armer Gigolo. Danach zieht sie sich zunehmend in ihre Pariser Wohnung zurück, versorgt von einer Sekretärin und einer Putzfrau. Am 6. Mai 1992 stirbt Marie Magdalene Dietrich, 91 Jahre alt.
    Bilanzieren wir dieses Leben unter einer psychologischen Perspektive: Ein Kind, das früh – erst durch Scheidung, dann durch Tod – einen strahlenden, autoritären, aber in seiner Liebe vermutlich nicht sonderlich verläßlichen Vater verliert. Der zweite Vater in ihrem Leben stirbt ihr auch, noch dazu mitten in ihrer Pubertät. Zeitlebens sehnt sie sich nach dieser unerfüllten Liebe, verliebt sich in ihre jeweiligen Mentoren, nennt Männer »Papilein« (Sieber) oder »Papa« (Hemingway). Eine strenge Mutter kann ihr nur wenig Zuneigung geben, zumal die Rolle der Lieblingstochter vermutlich durch die ältere, sich den Forderungen der Mutter anpassende Schwester besetzt ist. Sie lernt früh, daß sie die Aufmerksamkeit der Mutter durch Leistung, aber leichter durch erotische Provokationen bekommen kann. »Mannstoll« habe die Mutter sie genannt, vertraut sie ihrem Tagebuch an. Da sie dem Schönheitsideal jener Tage entspricht, ist die Berufsphantasie von der weltberühmten Geigensolistin eine angemessene psycho-soziale Kompromißbildung: Sie kann von grandiosen Auftritten auf der Bühne träumen, aber in einem von der Mutter gebilligten Beruf. Als ihre Gesundheit dies nicht gestattet, hat sie bereits die Faszination des öffentlichen Auftritts erfahren. Mit zunehmendem

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