Macht kommen, dann müssen Sie meine Filme machen«, soll er zu ihr gesagt haben (vgl. Riefenstahl, 1990, S. 158).
Bald nach diesem ersten Zusammentreffen zählt sie zum offiziellen gesellschaftlichen Umfeld der NSDAP. Private Einladungen Hitlers und anderer Größen des Dritten Reichs und ihre Gegeneinladungen folgen schon vor, erst recht aber nach der Machtergreifung. Diese Kontakte ebnen ihr den Weg zur Spitze der nationalsozialistischen Filmproduktion, in der sie selbst vom Spiel- zum Dokumentarfilm wechselt. Der Führerfilm Der Sieg des Glaubens (1933), der Parteitagsfilm Triumph des Willens (1935) und schließlich die beiden Filme zur Berliner Olympiade von 1936 (Fest der Schönheit und Fest der Völker, 1938) begründen ihren bis heute andauernden Weltruf als Dokumentarfilmerin. Gleichwohl greift sie danach erneut die Idee eines großen Spielfilms auf, Tiefland, in dem sie auch Zigeuner aus dem Zigeuner-Sammellager Maxglahn als Komparsen einsetzt. Dieser Film soll bis Kriegsende nicht mehr fertiggestellt werden. Der Rest ist schnell berichtet: Nach dem Krieg kann sie als Fotografin mit Fotobänden von Reisen in den Sudan, zu den Nuba, noch einmal Erfolge erzielen. Ferner publiziert sie Fotobände mit eigenen Unterwasseraufnahmen. Weil sie sich nie kritisch mit ihrer Rolle in der NS-Zeit auseinandersetzen wollte, bleibt sie bis zu ihrem Tod eine persönlich und künstlerisch sehr umstrittene Frau.
Die andere Seite – ihre Liebesbeziehungen – ist von Anfang an unstet. Nach ihrer kurzen und unglücklichen Beziehung mit Otto Froitzheim hat sie zahlreiche Affären, so mit Louis Trenker, vermutlich auch mit Arnold Fanck, mit jungen Sportlern, mit Tontechnikern und – ab 1927 – mit dem Kameramann Hans Schneeberger. Zu diesem entwickelt sich wieder eine intensivere Beziehung, die zwei Jahre dauern soll, bis er sie schließlich verläßt. Erneut muß sie die Erfahrung einer schmerzhaften Trennung machen, und erneut reagiert sie mit zahlreichen, immer von ihr begonnenen und beendeten Affären mit Sportlern (u.a., 1936, mit dem amerikanischen Zehnkämpfer Glenn Morris) und Mitarbeitern aus der Filmbranche. Dann die schwärmerische, von ihrer Seite deutlich erotisch aufgeladene Beziehung zu Hitler: Sie soll später der Haushälterin Hitlers gestanden haben, Hitler sei ihre große Liebe gewesen, er habe sie jedoch nicht gewollt (Trimborn, 2002, S. 148). 1940 gibt sie dem Werben des schneidigen Gebirgsjägeroffiziers Peter Jacob nach und heiratet ihn, inzwischen 42jährig, im März 1944. Die Ehe ist von Anfang an unglücklich, da der Ehemann zahlreiche Affären eingeht. Im Sommer 1947 trennt sie sich schließlich von ihm, allerdings um den Preis eines psychischen Zusammenbruchs. Erst zwanzig Jahre später, 1969, läßt sie sich noch einmal auf eine enge Beziehung zu dem vierzig Jahre jüngeren Horst Kettner ein, die ihr ein spätes Glück beschert. Sie stirbt im September 2003, kurz nach ihrem 101. Geburtstag.
Bilanzieren wir auch dieses Leben aus psychologischer Sicht:
Keine ganz glückliche Konfiguration, in die Leni Riefenstahl hineingeboren wurde. Ein autoritärer, die Familie dominierender Vater, der sie strafte und mißachtete. Eine Mutter, die sich wegduckte und kaum zu vermitteln wagte. Sie fand nur dann Beachtung, wenn sie sich mit kleinen Kunststücken in Szene setzte, dann nannten die Eltern sie sogar »unser Wunderkind«. So baute sie sich bessere Traumwelten, um der tristen Realität der Familie entfliehen zu können: In der Natur, sicherlich, aber auch in der Kunst und vor allem – im Film. Der Tanz sollte es schließlich sein, mit dem sie den Vater »überzeugen, erobern und besiegen« wollte. Das gelang zwar, aber praktisch spielte der Vater nun keine Rolle mehr. Andere Männer traten in ihr Leben. Einer ihrer ersten Liebhaber zeigte ihr den Ausweg aus dem jähen Ende ihrer Karriere als Tänzerin auf: Filmschauspielerin wollte sie nun werden, und zwar ausgerechnet in der Männerdomäne des Bergfilms. Auch das gelang ihr, aber auch hier blieb ihr trotz aller Kletterkünste der ganz große Erfolg versagt. So versuchte sie sich – wieder mit Hilfe ihres einstigen Liebhabers – nun auch hinter der Kamera, in der bis dahin ebenfalls von Männern dominierten Zunft der Regisseure und Produzenten.
Ihr erster Film, Das blaue Licht, brachte endlich den ersehnten Durchbruch, in ihm spielte sie sich in der Figur des Zigeunermädchens Junta auch selbst: Erotisch, mystisch, ausgestoßen und von einem Mann
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