Konsequent sollen die TV-Polizisten ›mit Personality aufgeladen werden‹.« Aber ein Serienpolizist (und ähnlich marginale Figuren) bietet kein großes Projektionspotential für die Sehnsüchte und Träume der Zuschauer: Wer möchte schon ein zwirbelbärtiger Polizist sein?
Aber es gab nun auch TV-spezifische Varianten des Stars (vgl. dazu Strobel & Faulstich, 1998): Zunächst den Showmaster (später: Entertainer) im Unterhaltungsbereich, dann auch den Starmoderator von Informationssendungen und schließlich – zwischen Unterhaltung und Information – den Talkmaster. Frühe Vertreter der ersten Art waren etwa Peter Frankenfeld und Hans-Joachim Kulenkampff, später auch Caterina Valente, Lou van Burg, Vico Torriani, Hans Rosenthal und andere. Sie hatten nur eine Rolle zu spielen: Charmante, witzige, gelegentlich auch freche Gastgeber ihrer Show sollten sie sein, Gäste und Publikum bezaubernd durch den Abend führen – und immer bis zum nächsten Mal.
Mit dem Beginn des Privatfernsehens gewannen auch die Sprecher und Moderatoren von Nachrichtensendern einen ähnlichen Status. Ihre Aufgabe war ja zunächst die möglichst unpersönliche Weitergabe von Nachrichten, Karl-Heinz Köpke verkörperte diesen Typ ideal. Erst die Übernahme des amerikanischen Konzepts der Nachrichtenpräsentation mit einem attraktiven anchor man oder einer attraktiven anchor woman (oder beiden gemeinsam) ließ auch bei uns den Starmoderator vom Typ eines Ulrich Wickert entstehen.
Zwischen Kulenkampff und Köpke, zwischen Unterhaltung und Information etablierte sich 1973 mit Dietmar Schönherrs Je später der Abend die »Talkshow« in Deutschland. Seitdem gibt es einen weiteren Typus des TV-Stars, den Talkmaster – Alfred Biolek, Hans-Jürgen Rosenbauer, Wolfgang Menge u. a. waren solche Medienstars der ersten Talkshows.
Allen drei Startypen gemeinsam ist, daß sie zwischen einem Medienereignis – der Show, der Nachricht, der Gesprächsrunde – und dem Publikum im Saal bzw. im Studio und/oder an den Bildschirmen vermitteln. Im Gegensatz zum Filmstar mit seinen unterschiedlichen Rollen spielt der TV-Star also hauptsächlich eine einzige Rolle: Er soll auf dem Bildschirm und im Privatleben ein charmanter, witziger, liebenswürdiger Mensch ohne Arg und Tadel sein.
Daß Image und privates Verhalten auch hier nicht immer übereinstimmen, wurde in den frühen Tagen der Showmaster am Beispiel Lou van Burgs deutlich. Er hatte neben einer angetrauten Ehefrau eine Freundin, die er dann auch noch wegen einer Assistentin verließ. Das war eine Frau zuviel; als es herauskam, war seine Karriere beim ZDF beendet. Daß der autoritär-väterliche Robert Lembke, jahrelang erfolgreicher Moderator der Ratesendung Was bin ich? und zugleich Fernsehdirektor des Bayerischen Rundfunks, ebenfalls jahrelang als Ehemann ein Doppelleben geführt hatte, wurde hingegen erst kurz vor seinem Tod bekannt (vgl. Faulstich et al., 1997, S. 26).
Wegen dieser vergleichsweise schlichten Rolle ist der TV-Star auch nur als der kleine Bruder des Filmstars anzusehen. Sein Image ist einfach nicht attraktiv genug für Träume von Jugend, Glück und Liebe. Das heißt aber nicht, daß er ganz ohne Einfluß auf sein Publikum wäre. Im Gegenteil, bei ihm hat sich ein ganz besonderes Verhalten gegenüber dem Publikum entwickelt, das es nur im Fernsehen gibt: die scheinbar unmittelbare Ansprache des Publikums vor den TV-Geräten. »Guten Abend, meine Damen und Herren«, sagt inzwischen jeder Moderator in die Kamera, und der Zuschauer daheim hat das Gefühl, auch er persönlich sei gemeint.
Das bleibt nicht ohne Folgen (vgl. zum Folgenden: Übersicht bei Winterhoff-Spurk, 2004): So stimmten in einer amerikanischen Untersuchung 52% der befragten Zuschauer der Feststellung zu, daß TV-Nachrichtensprecher für sie so etwas wie alltägliche Freunde geworden seien. Einige antworten auf die einleitende Begrüßung »Good evening from NBC news in New York« mit »Good evening, John«. Ein Zuschauer bekennt: »Ich bin mit Walter Cronkite aufgewachsen ... Wir haben eine Menge miteinander durchgemacht. Menschen auf dem Mond und andere aufregende Sachen« (Levy, 1979, S. 180f., eigene Übersetzung).
Dieses eigentümliche Phänomen wurde erstmals 1956 und ausgerechnet in einer psychiatrischen Fachzeitschrift beschrieben, es wird als parasoziale Beziehung bezeichnet (Horton & Wohl, 1956). Durch scheinbares Anblicken und scheinbares Ansprechen und scheinbare räumliche Nähe wird beim Zuschauer
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