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Titel: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Pan
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eigene Verhalten dienen. Die mit dem Kino und dem von ihm erfundenen Filmstar begonnene Inszenierungsspirale dreht sich also auch durch das Fernsehen und seine Medienfreunde weiter.

 7. Zuschauen – Dreieinhalb Stunden täglich
    »2:05-2:01-2:15-2:38-3:05 und aktuell 3:37.« – Was sich – vorgelesen – wie eine Wasserstandsmeldung anhört, sind die durchschnittlichen täglichen TV-Nutzungszeiten deutscher Zuschauer in Stunden und Minuten, seit 1980 im Fünfjahresabstand und aus dem Jahr 2003 (Media Perspektiven Basisdaten, 2003; Darschin & Gerhard, 2004). Wir haben uns mittlerweile so an das Fernsehen gewöhnt, daß uns nicht mehr auffällt, was das eigentlich bedeutet: Rund dreieinhalb Stunden täglich, das sind – nach Abzug von acht Stunden Schlaf – eineinhalb Tage pro Woche, über zweieinhalb Monate im Jahr oder rund dreizehn Jahre eines durchschnittlichen Lebens ununterbrochen fernsehen!
    Da kann man schon mit gutem Recht vermuten, daß es einen erheblichen Einfluß auf das Fühlen, Denken und Handeln seiner Zuschauer ausübt, also zur Bildung eines neuen Sozialcharakters beiträgt. Aber selbst der Hinweis auf die rund 13jährige TV-Nutzung ist zunächst einmal nur ein Indiz, mehr nicht. Die Behauptung vom Einfluß des Fernsehens auf den Sozialcharakter muß mit stichhaltigeren Beweisen unterfüttert werden. So ist für die Entwicklung eines neuen Sozialcharakters insbesondere die Frage nach den Sehzeiten und -Präferenzen der Kinder und Jugendlichen interessant. Kinder müssen Vorstellungen über sich selbst, ihr Geschlecht und ihre Abgrenzung von den zentralen Bezugspersonen entwickeln. Kindergarten und Schule verlangen zudem das Erlernen sozialer Kompetenz. In der Jugend muß die Geschlechtsreifung bewältigt werden, darüber hinaus verlangt die Entwicklung des Selbstwertgefühls, der Autonomie, des kognitiven und emotionalen Stils, der sozialen Interaktionen – kurz: der eigenen Identität – viel Kraft (vgl. dazu Oerter & Montada, 1995).
    So ist u. a. zu fragen: Wie lange und was sehen junge Menschen, deren Identität sich ja auch durch die Wahl von Vorbildern in dieser Zeit formt? Welche Merkmale des sozialen Mileus – Bildung, Alter, Einkommen – wirken sich wie auf das TV-Verhalten aus? Aber auch auf einzelne Sendungen bezogen: Welche Sendungen kommen für die Entstehung parasozialer Beziehungen in Frage – und werden sie lange genug gesehen? So mühsam es auch ist, ein Blick in die Nutzungsstatistiken muß allen weiteren Überlegungen vorausgehen.
    Zunächst also zu den Kindern. In der Fernsehforschung werden darunter die drei- bis 13jährigen Zuschauer verstanden (vgl. zum Folgenden Feierabend & Klingler, 2004). Angesichts der genannten Zuwachsraten und der Tatsache, daß 38% von ihnen ein eigenes Gerät auf dem Zimmer haben, gibt es hier eine Überraschung: Die Nutzungsdauer der Kinder ist seit zehn Jahren mit rund eineinhalb Stunden täglich ziemlich konstant (2003: 93 Minuten). Allerdings steigen innerhalb dieser Gruppe die TV-Zeiten mit zunehmendem Lebensalter. Die Drei- bis Fünfjährigen sahen im Jahr 2003 nur rund eine Stunde, die Sechs- bis Neunjährigen knapp eineinhalb Stunden und die Zehn- bis 13jährigen schon fast zwei Stunden zu. Insgesamt sehen sie also 566 Stunden jährlich oder (nach Abzug von 8 Stunden Schlaf) rund 35 Tage fern. Damit zählt Fernsehen zu den häufigsten Freizeitaktivitäten der Kinder, noch vor Spielen, Freunde treffen oder Radiohören.
    Was aber sehen sie in dieser Zeit? Am liebsten gucken sie die privaten Sender Super RTL, RTL und RTL II, dann erst den öffentlich-rechtlichen Kinderkanal KI.KA (allerdings mit deutlich steigender Tendenz), gefolgt wiederum von den privaten Sendern Pro Sieben und SAT. 1. Die sonstigen Öffentlich-Rechtlichen bilden das Schlußlicht in der Hit-Liste der Kinder. Mit dieser Senderwahl ist bereits eine Tendenz zu bestimmten Inhalten festgelegt. Bei ihren Lieblingssendern sehen die Kinder rund die Hälfte ihrer gesamten Nutzungszeit fern(= 229 Stunden jährlich). Die meiste Zeit davon verbringen sie mit Zeichentrickfilmen, dann Seifenopern, endlich Western, Krimis, Horrorfilmen und komödiantischen Sendungen. Mit deutlichem Abstand folgen Information, darunter (Kinder-) Nachrichtensendungen und Vorschulserien (= 52 Stunden jährlich). Weiter kommt Unterhaltung hinzu, die u. a. aus Musiksendungen und Gameshows besteht (= 48 Stunden jährlich). Den Rest bilden Werbung (= 45 Stunden), Sport (=18 Stunden) und Sonstiges (= 14

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