Einkommen gering. Hier konzentriert sich die stark materialistisch geprägte Unterschicht. Obwohl ihre beruflichen Chancen durch Arbeitslosigkeit, Krankheit oder unvollständige Familien oft sehr eingeschränkt sind, wollen sie Anschluß an die Konsumstandards der breiten Mitte halten. Diese als Kompensation für soziale Benachteiligung gedachten Wünsche stehen oft in krassem Gegensatz zur materiellen Realität.
d) Hedonistische Milieus (=18% der Gesamtbevölkerung)
Die extrem individualistische neue Bohème, die Experimentalisten (= 7%): Sie befinden sich häufig noch in einer Ausbildung oder im Studium, deswegen liegt der Altersdurchschnitt unter 30 Jahren. Durch gutsituierte Elternhäuser und eigene Tätigkeiten haben sie aber ein überdurchschnittliches Nettoeinkommen. Dazu gehören aber auch mittlere Angestellte, kleine Selbständige und Freiberufler. Diese Gruppe will ungehindert spontan und in allen Widersprüchen leben.
Sie ist offen für unterschiedliche Lebensstile, Szenen und Kulturen. Materieller Erfolg, Status und Karriere sind weniger wichtig, sie will sich nicht auf bestimmte Berufswege festlegen. Multimedia gehört zum Alltag, in der Freizeit engagieren sich die Experimentalisten für soziale Randgruppen oder gehen kreativen Hobbys nach.
Die spaßorientierte moderne Unterschicht/untere Mittelschicht, die Hedonisten (=11%): Hier handelt es sich um jüngere und mittlere Altersgruppen bis zu 50 Jahren und mit einfachen bis mittleren Bildungsabschlüssen. Es sind einfache Arbeiter und Angestellte, oft auch ohne Berufsausbildung, viele Schüler und Auszubildende und Personen ohne eigenes Einkommen. Sie sind ständig auf der Suche nach Fun und Action. Im Berufsalltag sind sie jedoch angepaßt. Sie träumen zwar von einem geordneten Leben mit Familie und geregeltem Einkommen, machen sich aber möglichst wenig Gedanken über die Zukunft. Ihr stark ausgeprägtes Unterhaltungsbedürfnis befriedigen sie oft in extremen Szenen, Clubs und Fangemeinden.
Soviel zur allgemeinen Beschreibung des Modells. Wie sieht es nun mit dem Fernsehkonsum der Kinder und Jugendlichen aus den verschiedenen Milieus aus?
Ebendies wurde im November 2000 bei Kindern von drei bis 13 Jahren untersucht (Kuchenbuch, 2003). (Dieser Studie lag eine ältere Version des SINUS-Modells zugrunde, wir überführen die Ergebnisse – soweit möglich – in die Kategorien der o.a. Version.) Dabei fanden sich bereits bei der reinen Nutzungsdauer interessante Unterschiede: Deutlich am wenigsten sahen die Kinder des postmateriellen Milieus fern (= 76 Minuten täglich). Mit jeweils um die 100 Minuten täglich folgen die Kinder der Experimentalisten, der Etablierten, der modernen Performer und der bürgerlichen Mitte. Jeweils rund zwei Stunden täglich sahen im November 2000 die Kinder der Konsummaterialisten und der Hedonisten. Am längsten sahen die Kinder der Traditionsverwurzelten mit 140 Minuten täglich, das ist doppelt so viel wie bei den Rindern im postmateriellen Milieu.
Hinsichtlich der gewählten Sender zeigt sich, daß die Kinder aller Milieus eindeutig am liebsten die privaten Sender sehen, nämlich – je nach Milieu – zwischen 67% und 83% ihrer Sehzeit. Der höchste Anteil der Sehzeit für die öffentlich-rechtlichen Sender findet sich mit 23 Minuten täglich (= 33% von deren Sehzeit) bei den Kindern aus dem postmateriellen Milieu. Den niedrigsten Anteil von 20 Minuten täglich (= 17% von deren Sehzeit) finden wir bei den Kindern der Hedonisten. Das ist eigentlich nicht verwunderlich, präferieren diese Kinder doch vor allem Zeichentrickserien und actionorientierte Kinderprogramme, die sie vorzugsweise bei den Privaten finden. Zu den Programmsparten ergibt sich, daß alle Kinder am liebsten, nämlich durchschnittlich 48 Minuten am Tag, Fictionprogramme sehen. Auch hier finden sich die nun schon gewohnten Unterschiede: Die Kinder der Traditonsverwurzelten sehen mit rund einer Stunde täglich davon am meisten, die Kinder aus dem postmateriellen Milieu mit etwa einer halben Stunde täglich am wenigsten. Und hinsichtlich einzelner Sendungen fand sich, daß Die Sendung mit der Maus der absolute Favorit der Kinder aus dem intellektuellen Milieu ist, keine andere Gruppe erreicht einen so hohen Anteil. Der Favorit der Kinder aus dem hedonistischen und dem modernen bürgerlichen Milieu ist die RTL-Sendung Pokemon.
Was nun die Frage der von den Jugendlichen bevorzugten TV-Inhalte angeht, so können wir dies nur indirekt, über die
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