Wissen erwerbbar ist.
die ICH-Markteinführung: Das ist die Phase, in der Sie sich am Markt plazieren – optimal vorbereitet und mit einem klaren strategischen Konzept ...
die ICH-Marktentwicklung: Hier bauen Sie Ihre Position am Markt gezielt aus und entwickeln sich in die von Ihnen gewünschte Richtung -Weiterbildung und Jobs sind dafür die notwendigen Vehikel.
die ICH-Marktreife: Das ist der Knackpunkt Ihrer Karriere -ist es Ihnen gelungen sich zur hoch gehandelten ICH-Aktie zu entwickeln, deren going public für den gewünschten ›Kaufrausch‹ sorgt, oder nicht? Sind Sie Marktführer – oder bloß einer von vielen?«
Der Moderne Performer hat die Indienstnahme des Individuums für die Zwecke der globalisierten kapitalistischen Gesellschaft zur Idee der Ich-AG radikalisiert. Mußten die Eltern noch die Not ihrer Bindungsunsicherheit mit der Selbstverwirklichungsideologie zur Tugend rationalisieren, empfindet dieses Milieu die Bindungsunsicherheit gar nicht mehr als Not. Insofern entfallen auch die zugehörigen Rationalisierungsbemühungen; die Angehörigen dieser Gruppe machen ihre Persönlichkeit gleich selbst zum Produkt, das sich auf dem Arbeitsmarkt gegen Konkurrenzindividuen durchsetzen muß. Individualität bedeutet hier eher die marktgängige Konfiguration spezifischer Alleinstellungsmerkmale. Der von Sennett (1998) erwähnte Rico ist ein Prototyp dieses Milieus. Ob angenehm oder nicht, gegenüber der rationalisierenden Selbstverwirklichungsideologie ihrer Elterngeneration haben sie zumindest eine wahrhaftigere, weniger ideologische Haltung gegenüber der gesellschaftlichen Realität gewonnen.
Anders die Experimentalisten: Sie sind die regressiven Histrios und schon eher die legitimen Erben des Selbstverwirklichungsmilieus. Kennzeichnend für sie ist die große Lust am Leben und Experimentieren, sie sind tolerant und offen gegenüber unterschiedlichen Lebensstilen, Szenen und Kulturen. Materieller Erfolg, auch Status und Karriere sind ihnen weniger wichtig. Sie legen sich nicht gern fest, was zu ungewöhnlichen Patchwork-Biographien und -Karrieren führt. Auch sie haben ein großes Bedürfnis nach Unterhaltung, sind ständig in Bewegung und dort zu finden, wo etwas Spannendes passiert. In gewisser Weise hat auch diese regressive Gruppe die Selbstverwirklichungsideologie ihrer Eltern weiterentwickelt. Sie haben den anderen Aspekt des Individualitätskonzepts, die Inszenierungsbemühungen, zur Lebenshaltung als Lifestyle-Avantgarde weiterentwickelt. Arbeit ist nicht so »ihr Ding«; viele von ihnen haben gar kein eigenes Einkommen, leben in den gut situierten Haushalten ihrer Eltern. Ihr Hauptinteresse gilt »Events«, Ereignissen, bei denen etwas los ist und bei denen sie neue Stilelemente für ihre kontinuierlichen Rollenspiele aufgreifen können. Ihr soziales Gewissen beruhigen sie mit meistens kurzfristigem Engagement für die jeweils modernen Randgruppen.
Soweit die formal besser gebildeten Milieus. Versucht man aber, die Einteilung nach »progressiv-regressiv« auch auf die nächste Generation der formal weniger Gebildeten zu übertragen, stößt man auf eine Überraschung: Sie bilden im SINUS-Modell kein eigenes Milieu, finden sich vielmehr gemeinsam mit ihren Eltern bei den Hedonisten. Insofern gilt hier auch hinsichtlich des TV-Konsums und der sozialisierenden Wirkung des Fernsehens auf den Sozialcharakter das, was oben zum Unterhaltungsmilieu gesagt wurde: Bei ihnen fügt sich die Interaktion von sozialen Bedingungen, Milieumentalität und TV-Einfluß besonders deutlich. Es blüht der Histrio – leicht erregbar, suggestibel und emotional oberflächlich, wenig interessiert, konzentrationsunfähig und ungebildet, an medialer Prominenz ausrichtet und sich gern aus der Realität in eine Welt oraler Regression zurückziehend. Die jungen Hedonisten stellen aber vermutlich nur einstweilen noch keine eigene Milieugruppe dar, hier wird sich die Teilung nach »progressiv-regressiv« zukünftig noch zeigen. »Progressive Hedonisten« werden sich im Umfeld der Aufstiegsdomänen der Unterschicht – dem Showbusiness und dem Sport – tummeln, »regressive Hedonisten« zu einem leistungsfernen, in vielfacher Hinsicht suchtgefährdeten Milieu an der Grenze zur Subkultur versammeln.
Bei allen Unterschieden in der äußeren Inszenierung, der TV-Konsum aller dieser jungen Milieus ist gleichwohl im Kern ähnlich: Die Modernen Performer sehen zwar vergleichsweise wenig fern und vor allem Pro Sieben,
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