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Titel: Kostenlos Bücher Online Lesen
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auch schon oft erlebt. So wie die Dinge heutzutage liegen, können wir wohl froh sein, daß die Leute nicht mit Bussen hierher gebracht werden, um uns anzugaffen, wie sie früher die Verrückten in Bedlam angegafft haben. Es wird wohl schließlich soweit kommen, obwohl sich die Einheimischen nicht dazu hergeben werden, die Busse zu fahren. Wir sind unglücklich, und auf den Unglücklichen lastet ein Fluch. Ich warne Sie, Margaret. Die Einheimischen richten sich danach, und sie tun gut daran.«
    Margaret blickte auf die farbenfrohen Untersetzer nieder.
    »Wenn Sie mich schon warnen, sagen Sie mir bitte auch wovor genau Sie mich warnen. Was könnte mir zustoßen?«
    Aber Mrs. Slater blieb vage.
    »Nichts Gutes«, war alles, was sie sagte. »Nichts, was Sie sich wünschen würden. Ich spreche zu Ihnen als Freundin.«
    Sie wirkte wenig überzeugend. Margaret fragte sich sogar, ob Mrs. Slater sie nicht bloß davon abhalten wollte, unerwünschte Bekanntschaften zu machen. Sie vermochte sich nur schwer zu entscheiden, was zu tun war.
    Der Speisesaal leerte sich schlagartig, und es herrschte wieder vollkommene Stille. Die Gäste gingen schweigend, fast verstohlen, dachte Margaret. Es war beinahe dunkel, aber der Himmel glomm noch schwachrot und reflektierte den Sonnenuntergang.
    »Sagen Sie«, erkundigte sich Margaret, »was geschieht im Winter, wenn die Berge schneebedeckt sind? In Sovastad redet man viel darüber.«
    »Wir leiden um so mehr«, erwiderte Mrs. Slater. »Wir sitzen die ganze Nacht wach und warten auf den Frühling. Was sollten wir auch sonst tun?«
    »Also gut«, sagte Margaret. »Ich werde auf meinem Zimmer bleiben. Und morgen werde ich besser woanders hingehen.«
    »Bitte gehen Sie nicht, bevor Sie nicht müssen«, bat Mrs. Slater. »Sie werden keine Probleme haben. Sie werden schlafen können, da Sie keinen Kaffee getrunken haben. Es gibt nichts, was Sie wachhalten könnte. Ihre Nachtruhe wird vorzüglich sein.«
    Wenn auch nur recht dürftig, wurde die große Halle nun von hübschen Lampen erhellt, in deren Licht die Messingnymphen auf beiden Seiten der Treppe schimmerten und funkelten. Ein stattlicher älterer Mann, den Margaret bei Tisch allein gesehen hatte, stand, augenscheinlich gedankenverloren, in einem entfernten Winkel; niemand sonst war zu sehen. Mrs. Slater legte einmal mehr ihre Hand auf Margarets Arm.
    »Ich bringe Sie bis zu Ihrer Zimmertür«, sagte sie.
    »Nein«, sagte Margaret. »Wir sollten uns hier trennen.«
    Mrs. Slater hielt inne.
    »Werden Sie auch an Ihr Versprechen denken?«
    »Es war kein Versprechen«, sagte Margaret. »Aber ich werde daran denken.«
    Mrs. Slater zog ihre Hand zurück und machte eine Bewegung, als wollte sie Margaret ein Gelübde auferlegen. Aber sie sagte nur: »Gute Nacht, also.« Beherzt fügte sie hinzu: »Schlafen Sie gut!«
    »Wir sehen uns morgen früh«, sagte Margaret, die sich fragte, ob das wohl stimmen würde und ob ihre Worte der Situation angemessen waren. War es möglich, daß Mrs. Slater sich in diesem Augenblick zu ihrer ›Wanderung‹ bereitmachte?
    Eine Frau in mittleren Jahren, vielleicht acht oder zehn Jahre älter als Margaret, aber noch immer von bemerkenswerter Schönheit, kam die Treppe herunter. Sie war in einen Pelzmantel von teurem Aussehen gehüllt, obwohl der Abend sehr warm war, ihre Absätze klickten über die weißen Fliesen und sie ging hinaus in die Dunkelheit.
    Mrs. Slater stieg die Treppe hinauf, ohne sich noch einmal nach Margaret umzusehen. Sie verschwand in einem Flur, der nicht Margarets Flur war.
    Margaret hatte beabsichtigt, unverzüglich auf ihr Zimmer zu gehen, wobei sie einen Moment lang gezögert hatte, um einen Schlafzimmerdisput mit Mrs. Slater zu vermeiden; aber kaum war sie allein, trat der ältere Mann aus seiner Ecke der Halle hervor auf sie zu und sagte: »Verzeihen Sie, aber ich habe zwangsläufig mitangehört, was Mrs. Slater, eine liebe Freundin von uns allen, zu Ihnen gesagt hat. Es gibt wenig Konversation hier, und was gesagt wird, wird meistens nicht von einem allein gehört. Sie wären aber gänzlich falsch beraten, Mrs. Slaters traurige Sicht unserer sonderbaren Gemeinschaft zu übernehmen. Ich versichere Ihnen, wir haben auch noch eine andere Seite. Wir sind nicht immer nur traurig. Sie haben es selbst gespürt, als Sie heute abend in unserem Wald waren.«
    »Haben Sie mich dort gesehen?« fragte Margaret. »Was Sie sagen, ist ganz richtig.«
    »Wie die meisten Dinge, die man einem von uns sagt,

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