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0001 - Das Schloß der Dämonen

0001 - Das Schloß der Dämonen

Titel: 0001 - Das Schloß der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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abgereist.«
    Anabel de Montagne zog verächtlich die Mundwinkel herab.
    »Er wird schon kommen«, meinte sie. »Schließlich geht es um Geld. Das läßt sich mein lieber Neffe nicht entgehen.«
    Zamorra bezweifelte, daß sie recht behalten würde. Noch hatte er es nicht für nötig befunden, über den nächtlichen Zwischenfall zu sprechen.
    Aber zumindest Nicole Duval schien intuitiv zu spüren, daß etwas nicht stimmte. Sie saß neben ihm am Frühstückstisch. Vermutlich mit Rücksicht auf die altehrwürdige Umgebung trug sie ein zugeknöpftes wadenlanges Kleid mit weißem Kragen und weißen Rüschen, dessen altmodischer Mottenkisten-Charme höchst reizvoll zur strahlenden Jugend der Trägerin kontrastierte. Nachdenklich rührte sie in ihrer Kaffeetasse herum und warf Zamorra einen Seitenblick zu. »Merkwürdig«, sagte sie so leise, daß niemand anders es verstehen konnte. »Er war schon gestern abend so seltsam. Leidet er vielleicht unter Bewußtseinsstörungen oder etwas Ähnlichem?«
    Zamorra zuckte die Schultern.
    »Nicht daß ich wüßte. Er wird schon seine Gründe haben, nehme ich an.«
    »Mir soll es recht sein. Aber - ich habe ein eigenartiges Gefühl, Chef.«
    »Ein Gefühl? Doch nicht etwa eine Vorahnung?«
    Nicole warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Zamorra lächelte amüsiert. Aber er wurde sofort wieder ernst - denn auch er mußte gegen dieses seltsame Vorgefühl ankämpfen, und im Gegensatz zu Nicole wußte er genau, daß so etwas durchaus nicht zum Lachen war.
    Charles Vareck kam nicht. - Er erschien weder zum Frühstück noch später.
    Und als gegen elf Uhr Maitre Aubert erschien, um in der großen Halle Louis de Montagnes Testament zu verlesen, war Charles Vareck immer noch verschwunden. Jean Aubert machte es feierlich. Er brauchte eine halbe Stunde - aber was er langsam und jedes Wort skandierend vorlas, war im Grunde für keinen der Anwesenden eine Überraschung. Anabel de Montagne erbte den Erlös aus diversen Landverkäufen - einhunderttausend neue Franc in Aktien und Wertpapiere. Charles Vareck waren verschiedene Beteiligungen zugedacht.
    In weiser Einsicht in den Charakter seines Neffen hatte Louis de Montagne verfügt, daß das Geld nicht aus den betreffenden Firmen herausgezogen, sondern nur ein bestimmter monatlicher Betrag ausgezahlt werden dürfe. Château Montagne mitsamt den umliegenden Besitzungen fiel an Zamorra. Für ihn waren keinerlei Bedingungen an die Erbschaft geknöpft. Und was in dem verschlossenen Brief stand, den ihm sein Onkel außerdem hinterlassen hatte, entzog sich auch Maitre Auberts Kenntnis.
    Der Umschlag war versiegelt, das Papier vergilbt. Louis de Montagne mußte ihn schon vor längerer Zeit geschrieben haben. Zamorra betrachtete ihn nachdenklich, dann schob er ihn in die Innentasche seines Jacketts, weil er instinktiv fühlte, daß es besser war, ihn erst später in aller Ruhe zu lesen. Jean Aubert verstaute seine Unterlagen wieder in der Aktenmappe. Die Einladung zum Mittagessen mußte er ablehnen. Er stand auf, wollte sich verabschieden - und im gleichen Moment schlug das Telefon an. Raffael hob ab.
    Nach einer Weile kam er herein, wandte sich an Zamorra, den er bereits als neuen Schloßherrn akzeptiert hatte, und verbeugte sich steif.
    »Für Sie, Monsieur. Die Polizei, glaube ich.«
    Zamorra fühlte ein kühles Prickeln im Nacken. Schweigend ging er in den Vorraum hinüber, griff nach dem Hörer und meldete sich. Kommissar Malice war am anderen Ende der Leitung. Seine Stimme klang rauh, seltsam gepreßt.
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung, Monsieur. Es ist wichtig. Gehe ich recht in der Annahme, daß im Moment ein gewisser Charles Vareck auf Château Montagne wohnt?«
    Zamorras Finger schlossen sich fester um den Hörer.
    »Ja«, sagte er. »Was ist mit ihm?«
    »Er ist tot, Monsieur. Seine Leiche wurde in der Nähe des Dorfes gefunden. Sie werden ihn identifizieren müssen…«
    ***
    Zwanzig Minuten später ließ Zamorra den Fiat Dino auf einem einsamen Parkplatz am Straßenrand ausrollen. Es hatte zu regnen begonnen. Der Lack der Streifenwagen und Zivilfahrzeuge glänzte naß.
    Ein halbes Dutzend uniformierter Beamter lief in ihren wasserdichten blauen Pelerinen herum, ein spindeldürrer Fotograf versuchte, seine Kamera mit einem geblümten Damenschirm zu schützen, und Pierre Malice löste sich aus einer Gruppe von Zivilisten, um Zamorra zu begrüßen.
    »Der Tote wurde von einem Durchreisenden gefunden«, berichtete er. »Einem Handelsvertreter

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