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0001 - Das Schloß der Dämonen

0001 - Das Schloß der Dämonen

Titel: 0001 - Das Schloß der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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aus Paris. Wenn der Bursche nicht ausgerechnet hier hätte austreten müssen, wäre die Leiche vielleicht noch Wochen unentdeckt geblieben.«
    Zamorra nickte nur.
    »Wo ist er?« Malice wies auf den Saum des Gebüsches.
    Zamorra folgte ihm schweigend. Dornen verfingen sich in seiner Jacke, von dem nassen Laub rieselten Tropfen auf ihn herab - und dann stand er vor der Gestalt, die ausgestreckt auf dem Rücken lag, reglos und starr, mit ausgebreiteten Armen und aufgerissenen Augen dem Regen preisgegeben.
    Es war Charles Vareck. Jemand hatte ihm die Kehle durchgeschnitten. Die gräßliche Wunde klaffte fast von einem Ohr bis zum anderen…
    ***
    Nicole sah blaß aus. Die winzigen Sommersprossen auf ihrer kleinen, energischen Nase traten deutlicher hervor.
    »Aber warum?« fragte sie. »Was steckt dahinter, Chef? Erst dieser völlig unerklärliche Mord an Ihrem Onkel - und jetzt das! Ich verstehe das alles nicht.«
    Zamorra hob die Schultern. »Ich kann es mir auch nicht erklären. Und die Polizei steht ebenfalls vor einem Rätsel. Es gibt keine Spuren, keinen Hinweis auf den Täter, kein…«
    Er unterbrach sich, da seine Tante den Raum betrat. Anabel de Montagne war reisefertig. Sie hatte mit eisiger Empörung reagiert - als sei es ein moralisches Vergehen, ermordet zu werden. Und sie war fest entschlossen, keine Nacht länger unter diesem Dach zu verbringen. Nicole hatte sich bereit erklärt, sie zum Bahnhof zu fahren, da sie ohnehin etwas aus dem Dorf besorgen mußte. Der Abschied war kurz, stand unter dem Eindruck der schrecklichen Ereignisse. Die beiden Frauen verließen das Schloß, und Zamorra wartete, bis er den Motor des Dino aufheulen hörte. Sein Gesicht war sehr nachdenklich, als er einen der schweren Gobelinsessel an den Kamin rückte, sorgfältig die kurze sanftbraune Meerschaumpfeife stopfte und nach dem Brief griff, der immer noch in seiner Tasche steckte. Der Umschlag war nicht beschriftet.
    Zamorra brach das Siegel und nahm vorsichtig den Brief heraus. Er bestand nur aus einem einzigen Blatt, eng beschrieben mit der steilen, energischen Handschrift seines Onkels:
     
    Mein lieber Neffe!
    Wenn Du dies liest, werde ich bereits begraben sein. Wie immer und wann immer ich auch gestorben bin - mach Dir keinen Kummer darüber, denn ich habe lange genug gelebt, und ich bin glücklich gewesen. Ich habe Dir Château Montagne vererbt, weil Du der einzige unter all meinen Verwandten warst, der diesen Ort geliebt hat und der sich empfänglich für seinen Zauber zeigte. Ich hoffe, daß Du das Schloß unserer Väter genau wie ich erhalten wissen willst. Mache Château Montagne zu Deiner Heimat! Werde glücklich hier! Aber - und das ist der Sinn meines Briefes an Dich - versuche niemals, allzu tief in die Geheimnisse dieses Ortes einzudringen. Im Keller der Burg gibt es eine bestimmte Tür, die das Wappen der Montagnes trägt. Respektiere ihr Geheimnis! Was immer Du aus dem Schloß machst - diese Tür öffne niemals und unter keinen Umständen. Es wäre dein Tod. Und es würde nicht nur für Dich, sondern auch für viele andere Menschen Tod und Verderben bedeuten. Ich bitte Dich inständig, nicht zu versuchen, das Rätsel zu lösen, den Sinn meiner Warnung zu enthüllen. Beherzige sie - dann kann Château Montagne ein Paradies sein. Lebe wohl, lieber Neffe, und auf Wiedersehen in einer anderen Welt.
    Dein Onkel Louis de Montagne.
     
    Zamorra ließ den Brief sinken. Eine steile Falte stand auf seiner Stirn. Er starrte das vergilbte Papier an, er las noch einmal den Text, langsamer diesmal, und er hatte das Gefühl, als ob von irgendwoher ein eiskalter Hauch seinen Rücken streifte. Die Pfeife, die er immer noch in der Rechten hielt, war erloschen.
    ***
    Nicole war erleichtert, als der Zug den Bahnhof verließ. Diese Tante konnte einem Menschen schon auf den Wecker fallen. Der Fiat Dino wartete auf dem Parkplatz. Nicole erreichte den Wagen, wollte einsteigen - und prallte zurück, als sei sie gegen eine unsichtbare Mauer gerannt. Ein Mann saß auf dem Beifahrersitz. Ein großer knochiger Mann, schmalschultrig, mit einem dürren, faltigen Hals und schütteren, dicht an den Schädel gekämmten Haaren. Er saß ruhig da, mit völliger Selbstverständlichkeit, und er schien die Schritte des Mädchens nicht zu hören. Nicole holte tief Luft. Ihre Nasenflügel vibrierten.
    »He!« zischte sie. »Können Sie mir vielleicht verraten, was Sie in meinem Wagen…«
    Der Mann drehte sich um. Er drehte sich rasch um, ruckartig -

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