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0001 - Das Schloß der Dämonen

0001 - Das Schloß der Dämonen

Titel: 0001 - Das Schloß der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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tödlicher sein würde, als jetzt den Kopf zu verlieren, und er behielt unter Aufbietung aller Kraft seine Nerven unter Kontrolle. Er erreichte die Tür. Er wußte, daß er sie schließen mußte. Schließen, ehe etwas Schreckliches geschah. Seine Zähne preßten sich aufeinander, seine Muskeln spannten sich - und da spürte er plötzlich den unheimlichen, eisigen Hauch im Rücken. Er wirbelte herum. Funken tanzten vor seinen Augen.
    Lodernde Flammen.
    Draußen auf dem Gang wuchs eine der gräßlichen Gestalten empor - und Zamorra begriff, daß es schon zu spät war, um die Tür noch zu schließen. Ehe er ausweichen konnte, packten die bleichen Knochenhände zu. Ein glühender Reif schien sich um seinen Arm zu schließen.
    Wie eine Stichflamme schoß der Schmerz durch seiner Körper. Wider Willen schrie er auf, war sich zurück, und mit einer verzweifelten reflexhaften Bewegung gelang es ihm sich loszureißen. Er verlor das Gleichgewicht, stürzte. Gelächter gellte in seinen Ohren. Instinktiv schnellte er seinen Körper herum, rollte über den Steinfußboden, kam wieder auf die Beine und rannte blindlings in einen der sich kreuzenden Gänge hinein. Zufall, Eingebung, Glück - er wußte später selbst nicht mehr, was ihm half in diesen Sekunden. Er sah nur die Treppe. Eine steile steinerne Wendeltreppe, schwach erhellt von dem rötlichen Widerschein der Flammengestalten. Er fragte sich nicht, wo sie hinführte. Mit keuchenden Lungen rannte er darauf zu, jagte die Stufen hinauf, stolperte, fing sich wieder und warf sich mit aller Kraft gegen die Tür am Kopf der Treppe. Sie gab nach. Knirschend sprang sie zurück.
    Zamorra taumelte in einen dunklen Raum hinein. Undeutlich spürte er die Fasern eines Teppichs unter seinen Füßen, doch das war ihm jetzt gleich. Er wirbelte herum, warf sich erneut gegen die Tür, diesmal von innen. Mit einem dumpfen Laut fiel sie ins Schloß, das gellende Teufelsgelächter verstummte wie abgeschnitten, und Zamorra blieb atemlos in der Dunkelheit stehen. Seine Finger zitterten, als er nach der Stablampe in seiner Tasche griff. Die Birne flammte auf. Der Lichtkegel wanderte, erfaßte Sessel, einen Tisch, hohe Regale. Die Bibliothek! Er war in der Bibliothek gelandet.
    Taumelnd durchquerte er den Raum, schaltete die Deckenbeleuchtung ein und starrte auf das Bücherregal, das die Geheimtür verbarg, die er gerade benutzt hatte. Nichts wies darauf hin, daß es hier einen Durchschlupf gab. Die alten Bücher waren genauso verstaubt wie alle anderen. Drei Dutzend grüner Lederbände mit Silberprägung reihten sich aneinander, in eines der stabilen Regalbretter war ein Nagel geschlagen - und an diesem Nagel hing ein kleines einfaches Kruzifix. Zamorra runzelte die Stirn. War es das Kreuz, das die Dämonen daran gehindert hatte, ihn zu verfolgen? Es mußte so sein. Diese Tür konnten die unheimlichen Gestalten nicht benutzen. Aber das hieß nicht, daß sie in ihren Gewölben bleiben würden - denn die Kellertür in der Halle schützte kein Kruzifix.
    Zamorra hatte plötzlich das Gefühl, als würge eine unsichtbare Faust an seiner Kehle. Jäh und eiskalt kam ihm die Gefahr zum Bewußtsein. Raffael Bois war im Haus. Nicole würde zurückkehren. Er spürte den brennenden Schmerz an seinem Arm, er glaubte noch immer, das grelle, gierige Gelächter zu hören - und er wußte, daß die Dämonen alles daransetzen würden, ein anderes Opfer zu finden.
    Er mußte sie wieder in ihr Gefängnis sperren. Irgendwie mußte er sie hinter die Tür mit dem Wappen locken. Er mußte es schaffen, um jeden Preis - ganz gleich, was dabei mit ihm selbst passierte. Er streckte die Hand nach dem Kruzifix aus… und zog sie wieder zurück. Nein, die Geheimtür mußte versperrt und versiegelt bleiben. Es gab ein zweites Kruzifix in der Halle über dem Kamin. Zamorra ließ erneut die Taschenlampe aufflammen, verließ die Bibliothek und hastete durch den Wehrgang. Die Halle der Burg lag in völliger Finsternis. Wie ein Geisterfinger tastete der Strahl der Taschenlampe umher. Zamorra fand den Lichtschalter, wollte die Deckenbeleuchtung einschalten - und ließ es dann bleiben.
    Er wußte, daß ihn der unheimliche Feuerschein als erstes warnen würde und daß er in der Dunkelheit die bessere Chance besaß. Er ging zum Kamin, nahm das Kruzifix von der Wand und näherte sich langsam der Kellertür. Seine Handflächen waren feucht. In der Linken hielt er die Lampe, in der Rechten das Kreuz. Vorsichtig öffnete er die Kellertür.

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