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0002 - Ich stellte die große Falle

0002 - Ich stellte die große Falle

Titel: 0002 - Ich stellte die große Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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ein anderer Boxer förderungswürdiger erscheint. Ist ihr Mann groß genug, dann wird er verkauft. Genauer gesagt wird natürlich nur der Vertrag verkauft, an einen Manager, der im großen Boxgeschäft zu Hause ist, aber eigentlich unterscheidet sich diese Art des Handels nicht sehr vom Sklavenhandel alter Zeiten. Es werden oft hunderttausend Dollar für einen guten Mann gezahlt. Von diesem Augenblick an ist der Boxer in etwa frei. Sein neuer Manager wird zwar an seinen Börsen kräftig partizipieren, aber er wird ein ehrliches Interesse haben, seinen Mann wirklich groß zu machen. Er wird ihm nicht mehr befehlen, zu verlieren, sondern er wird alles tun, um seinen Schützling zur Weltmeisterschaft zu bringen. Der alte Boß aber, der Sportschulenbesitzer, legt ihm die Hand auf die Schulter und sagt zum Abschied: ›Alles Gute, mein Junge, und…‹ Der Boxer weiß, dieses ›und‹ bedeutet Schweigen. Es bedeutet den Tod, wenn er den Mund nur zu einem Wort über seine wahre Laufbahn öffnet.«
    Er schwieg. »Danke, Trown«, sagte ich. »Sie meinen also, Shine, Firestone und Goodman, das wären die richtigen Leute?«
    »Ja.«
    ***
    Ich telefonierte vom nächsten Telefon aus mit Phil, informierte ihn und nannte ihm die Adresse, zu der ich mich jetzt begeben würde. Er konnte hinkommen und ein wenig aufpassen. Dann pfiff ich einem Taxi.
    Die 115. Straße war eine Mietskasernenstraße, aber das Haus Nummer 13 war nur dreistöckig, äußerlich nicht schöner als die anderen, der typische, hastig hochgejagte Backsteinbau. Am Eingang befand sich ein Schild:
     
    Stenton Shines Sportschule
    Ausbildung in allen Sportarten
     
    Ich brauchte nicht zu klingeln. Die Tür stand offen.
    Offenbar war das Haus umgebaut worden, denn von dem schmalen Korridor führte nur eine Treppe nach oben, und links war nur eine Tür. Ich hörte kurze scharfe Kommandos hinter dieser Tür, Keuchen und klatschende Schläge.
    Ich drückte sie einen Spalt auf und steckte den Kopf in den Raum. Das ganze Erdgeschoß war zu einer Art Sporthalle ausgebaut worden. Es standen eine Menge Geräte herum, Punchingbälle und Sandsäcke hingen von der Decke. In der Mitte war ein Ring aufgebaut, in dem zwei Jungen im Trainingsdreß mit Kopfschutz umeinander tanzten und nach den Anweisungen eines grauhaarigen Mannes im Pullover, der sich über die Seile beugte, Schläge zu landen versuchten. Am Sandsack arbeitete sich ein schwitzender Schwarzer ab. Sonst war die Schule während dieser frühen Morgenstunden noch leer.
    Ich schloß die Tür wieder und stieg die Treppen hoch. Eine Korridortür versperrte mir den Weg. Ich las über der Tür:
     
    Stenton Shine — Privat
     
    Ich läutete. Es verging eine Zeit, dann hörte ich Schritte. Die Tür wurde geöffnet.
    Es sind immer die gleichen Gesichter, die man im Gefolge von Gangsterbossen sieht. Grobe, dumme, mißtrauische Visagen von Burschen, die höchstens zwei Dinge können: Schießen und Schlagen. Sie haben eine einzige Charaktereigenschaft, die sie auszeichnet: die Skrupellosigkeit.
    Genauso ein Mann öffnete mir die Tür. Er trug keine Jacke.
    »Morning«, sagte ich.
    Er sah mich nur an.
    »Kann ich Mr. Shine sprechen?« fragte ich.
    »Was wollen Sie?«
    »Dachte, ich könnte in seine Schule aufgenommen werden. Ich verstehe einiges vom Boxen.«
    Er gab wortlos den Eingang frei.
    Donnerwetter, soviel Eleganz hätte ich dem schäbigen Haus mitten in der Bowery gar nicht zugetraut. Die Diele schon war hochelegant eingerichtet. Ein dicker Teppich dämpfte den Schritt. Fünf Türen führten zu den anderen Räumen.
    Der Bulle, der mich eingelassen hatte, öffnete eine davon, und ich sah mich Stenton Shine gegenüber.
    Mr. Shine saß in einem Sessel und war damit beschäftigt, guten französischen Cognak über eine Schale mit Mandeln zu gießen. Er trug noch einen Schlafrock aus Seide, wenn ich es richtig beurteilte. Auf einem mageren Hals saß ein ausgemergelter Kopf mit einer schmalen und gekrümmten Nase. Seine knochige Stirn war kahl, die spärlichen Haare waren eng angebürstet. Der ganze Kerl sah aus wie ein Raubvogel, und wie Raubvogelklauen wirkten seine dürren gelblichen Hände, mit denen er an der Cognakflasche hantierte.
    Shine blickte nicht auf, als wir eintraten.
    »Hier ist ein Mann, der bei uns boxen will«, sagte der Leibwächter.
    Shine nahm ein silbernes Feuerzeug aus der Tasche seines Morgenrocks und zündete den Cognak über den Mandeln an. Als die blaue Flamme auf sprang, sog er den Duft mit seiner

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