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0002 - Ich stellte die große Falle

0002 - Ich stellte die große Falle

Titel: 0002 - Ich stellte die große Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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telefonierte mit dem Hauptquartier, gab meine neue Adresse an und verabredete mich dann mit Trown.
    Der junge Journalist und ich verbrachten einen ganzen Nachmittag in meiner Wohnung. Trown packte aus, was immer er wußte. Er zeigte die ganzen Querverbindungen auf. Er sprach von der bitteren Feindschaft, die im Grunde zwischen Shine, Firestone und Goodman herrschte. Es hatte schon Schießereien zwischen ihren Banden gegeben, aber immer wieder fanden sie sich zu Geschäften zusammen.
    Sie arrangierten Kämpfe ihrer Boxer untereinander. Firestone zahlte, wenn er es für richtig hielt, daß sein Mann einen Boxer von Goodman oder Shine schlug, und ebenso machten es diese beiden. Die Preise wurden ausgehandelt, je nachdem, wie wichtig dem einen oder dem anderen der Sieg seines Mannes schien, und wenn sie sich nicht einigen konnten, gerieten sie in Versuchung, mit anderen Mitteln ihre Wünsche durchzusetzen, angefangen von der Ringrichterbestechung bis zum Kampfunfähigmachen des Gegners, wenn er abends nach Hause ging.
    Es war dunkel, als Trown und ich uns trennten. Ich fuhr mit der U-Bahn in die Bowery. Dann schlenderte ich zu Fuß, mein Köfferchen in der Hand, meiner neuen Behausung zu.
    Es ist ein Unterschied, ob Sie die Bowery am Tage oder bei Nacht besuchen. Tagsüber sehen Sie nur ein schmutziges Großstadtviertel, in dessen Gossen sich die Kinder balgen. Ungepflegte Frauen schleppen Einkaufstaschen, stehen tratschend in den Haustüren, beschimpfen sich von Fenster zu Fenster mit keifenden Stimmen, oft in fremden Sprachen. Wenn aber die Dunkelheit angebrochen ist und die Geschäfte geschlossen haben, dann gewinnen die Straßen der Bowery ein eigenes Leben.
    Nur wenige Lichter brennen in den dunklen Schluchten, die die großen Mietshäuser wie Felswände einengen. Die Passanten verlieren sich. Andere Gestalten erscheinen, finden sich zu Gruppen unter den Laternen, an den Hauswänden. Viele junge Burschen sind darunter. So lungern sie herum, die Händen in den Taschen, die Zigaretten im Mundwinkel. Langsam folgt ihr Blick dem Fremden, der vorbeigeht, aufmerksam und wach, wägend, ob man es riskieren kann, ihn auszurauben, oder ob er ein Provinzler ist, den man leimen kann.
    Sechzig Prozent der kleineren Verbrechen, die in New York geschehen, werden in der Bowery ausgebrütet. Hier, an den Hauswänden, unter den Laternen, werden die Diebstähle, die Einbrüche und mancher Raubüberfall verabredet. Die Burschen bilden Klubs untereinander. Sie befehden sich mit dem Klub des nächsten Häuserblocks, oder sie verbünden sich mit ihm. Sie haben ihre Stammquartiere in den kleinen, trüben Wirtschaften, die erst am Abend ihre Pforten öffnen, und die großen Gangster holen sich ihren Nachwuchs aus den Reihen dieser Straßenklubs. Wahrhaftig, die Bowery ist ein Sumpf, und ein Junge, der in der Bowery geboren wird, muß schon sehr gute Anlagen mitbringen, wenn er auf der geraden Straße bleiben soll.
    Ich schlenderte die 115. Straße entlang. Ich kam an einer Reihe von Gruppen vorbei. Einmal stießen sie einen Pfiff aus, und einmal rief einer mir nach: »He, Fremder!« Ich reagierte nicht.
    Im übrigen erreichte ich Nummer 17, ohne daß einer versuchte, festzustellen, ob ich stillhalten würde, wenn sie mir an die Wäsche gingen.
    Ich richtete mich in meinem kleinen Zimmer ein. Zum Schlafen war es zu früh. Ich ging wieder hinunter. Schräg gegenüber war eine kleine Kneipe. Vielleicht ließ sich dort Freundschaft schließen.
    Als ich die verräucherte Bude betrat, sah ich sofort ein bekanntes Gesicht: den jungen Schwarzen, den Shines scharfer Befehl von meiner Seite gescheucht hatte. Ich wählte meinen Platz so, daß ich ihm den Rücken zukehrte, bestellte einen Drink und nahm eine Abendzeitung aus der Tasche.
    Ich las, und zwischendurch ließ ich meine Augen fleißig in die Runde gehen. Da war noch ein Mann, den ich kannte, den grauhaarigen Trainer aus der Sportschule. Er blickte mich aus zusammengekniffenen Augen an, stand langsam vom Tisch auf, ging zur Theke und flüsterte den Männern, die dort standen, etwas zu. Die Männer brachen ihr Gespräch ab, drehten sich und starrten mich an. Der Grauhaarige wanderte weiter zum nächsten Tisch, flüsterte, ging zum übernächsten, flüsterte. Überall verstummten die Gespräche, von überall richteten sich die Augen auf mich.
    Ich sog die Luft durch die Zähne. Es wurde stiller und stiller in dem Laden. Schließlich lösten sich zwei Mann von der Theke und schoben auf meinen

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