0003 - Achterbahn ins Jenseits
lief bereits mit raschen Schritten voraus. John folgte ihr. Sie drängten sich durch die Menschen. Zum Glück kannte Vera Norton eine Abkürzung. Hinter den abgestellten Wagen führte sie vorbei. Dann tauchten sie in eine schmale Gasse und sahen schon den Lichtstreifen, der durch eine offene Tür nach draußen fiel.
»Das ist unser Wagen«, rief Vera.
John Sinclair überholte das Girl. Als erster war er an der offenstehenden Tür, blickte in den Wagen.
Er war leer.
Wenigsten der Raum, der vor ihnen lag.
John spürte Veras Atem in seinem Nacken. »Meine Güte, was ist mit Dad?«
John ging die Stufen hoch ins Innere des Wohnwagens. Er sah eine schmale Tür.
»Wo führt die hin?« erkundigte sich der Oberinspektor.
»In den Waschraum.«
John öffnete.
Er sah eine Dusche, eine Sitzbadewanne, ein Waschbecken, aber keine Spur von Carl Norton.
Auch in Veras Schlafraum steckte der Schausteller nicht.
Kopfschüttelnd kam das Girl zurück. »Das verstehe ich nicht«, sagte sie.
»Ist denn was gestohlen worden?« wollte John wissen.
»Keine Ahnung.« Vera blickte sich um. »Wie es aussieht, ist alles normal.«
»Und das Geld?«
Vera deutete auf den Safe. »Dad schließt die Kassette immer dort ein. Ich kenne aber die Kombination nicht.«
»Das ist zuviel der Vorsicht«, meinte John.
Vera sah ihn an. »Meinen Sie denn, daß Einbrecher…?«
»Möglich.« John Sinclair ging schon wieder auf die Tür zu. Vera folgte ihm.
»Wo wollen Sie denn hin?«
Der Oberinspektor drehte den Kopf. »Zurück zur Achterbahn. Vielleicht ist Ihr Vater dort inzwischen wieder eingetroffen.«
»Ich gehe mit.« Vera verschloß den Wohnwagen mit dem Zweitschlüssel. Diesmal hatte sie es ebenso eilig wie auf dem Hinweg. »Mir ist das alles unbegreiflich«, sagte sie. »Ich verstehe einfach nicht, wie er so etwas tun kann.«
John Sinclair enthielt sich eines Kommentars. Er hatte längst den Verdacht, daß Carl Norton nicht freiwillig den Wohnwagen unverschlossen verlassen hatte.
Unwillkürlich wanderte Johns Blick in die Höhe, wo sich das hellerleuchtete Gerüst der Achterbahn gegen den dunklen Hintergrund abhob.
Und plötzlich stockte dem Geisterjäger der Atem.
Neben ihm schrie Vera Norton auf.
»Mein Gott, Dad«, flüsterte sie. Die nächsten Worte gingen in einem Schluchzen unter.
Aber auch der abgebrühte John Sinclair konnte nicht vermeiden, daß es ihm heiß und kalt zugleich wurde.
Hoch am Himmel und über der Achterbahn schwebte eine riesige Hand. Die einzelnen Finger leuchteten grünlich, und zwischen ihnen zappelte ein Mensch.
Carl Norton!
***
»Bleibt uns nur noch die Achterbahn«, sagte Gaylord Carruthers und wischte sich den feinen Schweißfilm von der Stirn. »Puh, solch ein Rummelplatzbesuch ist doch anstrengend.«
»Wir können es auch lassen und nach Hause gehen«, schlug Margret vor.
Reddy schüttelte entschieden den Kopf. »Kommt gar nicht in Frage. Auf die Fahrt habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut. Außerdem, wer weiß, wann wir mal wieder die Chance bekommen, eine Fahrt auf der Achterbahn zu machen. Schließlich wohnen wir am Arm der Welt.«
»Sei nicht so ordinär.«
»Bin ich doch nicht. Ich habe Arm gesagt und nicht…« Reddy lachte. Er hatte seine gute Laune wiedergefunden. Das Auftauchen des Totengräbers in der Geisterbahn hatte er längst vergessen. Reddy redete sich ein, er habe nur eine Halluzination gehabt.
Das Ehepaar Carruthers hatte einiges hinter sich. Kein Karussell war vor ihnen sicher gewesen. Auch an den Losbuden hatte Reddy Geld gelassen, jedoch bis auf einen Streifen Schokolade nichts gewonnen.
Das ärgerte ihn nicht. Dann habe ich eben Glück in der Liebe, sagte er sich, und dabei hielt er seine Frau fest an sich gepreßt.
Schon bald standen sie vor der Achterbahn.
Ihre Blicke streiften in die Höhe.
»Ist ja schon gewaltig«, sagte Reddy. »Sieh dir mal die Stahlkonstruktion an. Sagenhaft.«
Margret schauderte unwillkürlich. »Kann denn da nichts passieren?« fragte sie.
»Nein. Das Ding ist so gesichert wie – wie…« Reddy fiel kein Vergleich ein.
Dafür sagte er: »Oder hast du schon mal von einem Achterbahnunglück gehört?«
»Nein.« Die Antwort kam zögernd.
»Na bitte.« Reddy blickte sich um. »Ich kümmere mich um die Karten«, sagte er.
Reddy mußte sich anstellen. Noch immer wartete eine Menschenschlange. Gaylord Carruthers zündete sich eine Zigarette an. Er rauchte filterlose, ziemlich starke Stäbchen. Reddy konnte eine innere Nervosität
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