0005 - Der Mörder mit dem Januskopf
Er hatte sich immer wieder umgeschaut, doch von Suko, seinem chinesischen Freund, nichts entdecken können.
Suko war so etwas wie Johns lebende Rückendeckung. Während John ganz offiziell den Vergnügungspalast betrat, hatte Suko nach Schleichwegen gesucht. Der Oberinspektor war sicher, daß der Chinese auch welche finden würde.
Die Eingangshalle wirkte pompös. Links befand sich die Garderobe. Vor dem Tresen stauten sich vergnügungssüchtige Touristen. Teppiche bedeckten den Boden der Halle. Ein Springbrunnen warf fingerdicke farbige Fontänen in die Höhe.
Ein Girl kam auf den Geisterjäger zu. Lächelnd, mit wiegenden Schritten undeinem Ausschnitt, der schon jugendgefährdend war.
»Haben Sie einen besonderen Wunsch, Sir?« fragte die Kleine. Sie sah aus wie vierzehn, doch John war sicher, daß sie das zwanzigste Lebensjahr schon erreicht hatte. Minderjährige zu beschäftigen, erlaubte sich Tarras nicht.
Der Geisterjäger verstaute eine Hand in der Hosentasche. »Zuerst in die Bar«, sagte er.
»Bitte sehr. Darf ich vorangehen?«
»Sie dürfen.«
Das Girl ging. John konnte den geübten Schwung ihrer Hüften beobachten. Die Kleine hatte Sex, das mußte sich auch der Geisterjäger eingestehen.
Die Bar war sehr geräumig. John mußte einen Vorhang passieren, um hineinzugelangen. Das Licht war dezent, reichte jedoch aus, um Geldscheine erkennen zu können. Mehrere Türen zweigten zu den anderen Vergnügungsetablissements ab.
Über einer Tür stand »Film-Shop«, über der anderen »Restaurant«. John konnte sich vorstellen, welche Filme im Shop gezeigt wurden.
Die Bar war etwa zur Hälfte besetzt. Sie bildete ein Quadrat inmitten des Raumes und war mit allem bestückt, was ein Alkoholkennerherz begehrte.
Das Girl ließ den Geisterjäger allein und John enterte einen der Lederhocker. Man saß bequem in den Dingern, besonders deshalb, weil sie Armlehnen besaßen.
Aus versteckt angebrachten Lautsprechern drang leise Musik. Das Podium für die Band war noch frei. Nur die schon aufgebauten Instrumente blitzten im Licht der Spotlights.
John Sinclair steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen. Eine Hand erschien vor seinem Gesicht. Ein leises Schnippen, und die bläulich schimmernde Gasflamme berührte den Tabak.
John nickte dankend. Er stieß den ersten Rauch aus und nahm die Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger der linken Hand. Ein Farbiger in einem weißen Smoking fragte den Oberinspektor nach seinen Wünschen.
John entschied sich für Scotch.
Der Farbige präsentierte lächelnd sein Reklamegebiß, steckte das Feuerzeug weg und schob John das bestellte Getränk zu. Dabei fragte er: »Wünschen Sie Gesellschaft, Mister?«
John hob die Schultern. »Vielleicht später. Ich will mich erst einmal umsehen.«
»Ist schon recht, Sir.« Der Farbige zog sich zurück.
Es ging sehr gesittet und unaufdringlich zu in dieser Bar. Außer dem Farbigen kümmerten sich noch zwei Girls um das Wohl der Gäste an der Bar. Es waren ausgesucht hübsche Mädchen; Jung und gut gewachsen. Sie trugen knappe Boleros, die vor der Brust durch drei Kordeln zusammengehalten wurden. Darunter schimmerte die blanke Haut der Girls.
Die meisten Tische waren nicht besetzt. Jeweils zwischen zwei von ihnen hing eine Lampe. Sie hatten die Form einer Kugel und waren mit Glitzerpaletten versehen. John sah im Hintergrund der Bar einige Mädchen zusammensitzen. Die trugen die gleiche Kleidung wie die Barmiezen.
John nahm einen Schluck. Sein Blick wanderte an der Bar entlang. Er zählte sieben Gäste. Es waren Männer, die dasaßen und tranken und hin und wieder mit dem Barkeeper flüsterten. Der schaute öfter als normal auf seine Uhr und gab den Männern schließlich ein Zeichen. Innerhalb von fünf Minuten verschwanden die Gäste durch eine Tür, deren Aufschrift John von seinem Platz aus nicht erkennen konnte.
Es ging mittlerweile schon auf zwanzig Uhr zu, und der Betrieb kam ins Rollen. Auch die Animiergirls hatten jetzt zu tun.
Von Alex Tarras und seinen Leutenhatte John noch nichts gesehen. Wahrscheinlich hielt sich der Gangsterboß in seinen Privaträumen auf.
Wieder kam ein Gast.
Er fiel auf. Der Mann war überdurchschnittlich groß, hatte blondes, leichtgewelltes Haar und sah recht gut aus. Ein Frauentyp wie er im Buche stand. Er trug einen dunkelblauen Blazeranzug, eine breite rote Fliege und hatte die linke Hand in der Hosentasche vergraben.
Gelassen blickte er sich um. Dann schlenderte er auf die Bar zu. Zwei
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