0007 - Ich und die Staatenbande
ein Gewehr handeln konnte. Unten vor der Tür schrie ein Mann.
Ich riß das Fenster auf, beugte mich weit vor und sah, daß der von mir angeschossene Gangster auf dem Pflaster lag. Der Cop, der ihn begleitet hatte, duckte sich ab und suchte Deckung hinter einem Streifenwagen. Die neugierige Menge spritzte auseinander und verlief sich in der Gasse.
Zum zweitenmal an diesem Abend konnte ich von Glück reden.
Meine Augen hatten die Szene gerade fotografiert, als ein zweiter Schuß fiel. Die Bleiladung zerspritzte dicht neben meinem linken Ohr im Verputz der Hauswand. Sie können sich vorstellen, wie schnell ich meinen Kopf zurückzog und in die Kniebeuge ging. Phil sah mich entgeistert an und begann diskret zu schimpfen.
»Der liebe gute Dean«, sagte ich zu ihm. »Er muß ja ganz besonders scharf darauf sein, daß sich kein Mensch mit ihm befaßt.«
»Die beiden Schüsse kamen da oben aus dem Fenster«, sagte Phil. Er wollte losspurten, aber ich hielt ihn an der Rockjacke fest.
»Nur nicht aufregen«, sagte ich. »Glaubst du, der würde da oben warten, bis wir auftauchen? Den Weg können Wir uns ersparen…«
»Mein lieber Mann«, erwiderte mein Freund. »Wir scheinen ja in ein hübsches Wespennest gegriffen zu haben.«
»Ich bin eigentlich zufrieden«, stellte ich fest. »Die Narbe muß ganz schön nervös sein. Das beste Zeichen für uns, daß wir richtig liegen.«
»So zufrieden bin ich wieder nicht«, meinte Phil. »Die Narbe hat ihr Pulver verschossen und wird sich jetzt absetzen. Ich habe das dumpfe Gefühl, daß wir durch die Röhre blicken können.«
»Irrtum um Mitternacht«, korrigierte ich Phil. »Wetten, daß die Narbe in der Stadt bleiben wird? Wetten, daß die Narbe sogar das Viertel nicht auf geben wird? Phil, der Bursche ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein neuer Lokalmatador. Er muß sich innerhalb ganz kurzer Zeit eine tolle Position geschaffen haben. Das beweist schon die Angst, die die vielen kleinen Gauner vor ihm haben. Glaubst du, Phil, daß solch ein Mann freiwillig das Feld räumen wird? Du weißt doch auch, wie es in solchen Köpfen aussieht. Fertigmachen und umlegen… Nee, Phil, die Narbe wird uns nicht entwischen. Im Gegenteil, der Gangster wird sich wie eine Klette an uns hängen und versuchen, hier in der Gegend ein neuer großer Boß zu werden.«
»Hoffentlich behältst du recht«, sagte Phil skeptisch. »Und hoffentlich gehört dieser Dean auch zur Staaten-Bande.«
»Wir werden ihn eines Tages danach fragen können«, meinte ich optimistisch. Ich gab Phil einen ermunternden Boxhieb in die Rippengegend, und wir marschierten nach unten zum Eingang.
Der Chef der Cops hatte seine Streitmacht inzwischen verteilt und ließ die Gegend absuchen. Die Scheinwerfer hatte er sicherheitshalber ausschalten lassen.
»Tut mir leid, Cotton«, sagte er zu mir. »Aber der Mann ist tot. Ihn hat’s sofort erwischt.«
»Ich sah’s«, erwiderte ich und kniete mich neben den toten Gangster. Gerade jetzt sah der Junge nicht mehr wie ein Gangster aus. Der Tod hatte die halbstarke Maske weggewischt. Vor mir lag ein junge Mann, der zuviel und noch dazu falsche Rosinen im Kopf gehabt hatte. Als er sich eine Kanone zulegte, hatte er wahrscheinlich nicht daran gedacht, daß es ihn eines Tages erwischen könnte.
Phil hatte die Taschen des Toten durchsucht. Er richtete sich auf und reichte mir einige Papiere. Groß war die Ausbeute ja nicht, aber sie reichte immerhin dazu aus, daß wir eine halbe Stunde später vor einem Haus standen, in dem der Junge gewohnt hatte.
Es handelte sich um ein ziemlich modernes Mietshaus. Wir fuhren mit dem Lift nach oben und klingelten an der Wohnungstür. Überraschend schnell hörten wir Schritte, eine Vorlegekette klirrte und dann öffnete sich die Tür einen Spaltbreit. Ein Girl von vielleicht fünfundzwanzig Jahren sah uns aus großen, wachen Augen an.
»Wir kommen von Jeff«, sagte ich.
»Ist was passiert?« fragte sie sofort und ließ uns eintreten. Sie war übrigens doch jünger, als ich zuerst gedacht hatte. Ihre Kriegsbemalung hatte sie nur etwas älter gemacht. Sie schien mir durchaus in Ordnung zu sein.
Sie führte uns in den großen Wohnraum, der ganz ansprechend eingerichtet war. Daß sie nur Gast in dieser Wohnung war, merkte man schnell. Sie war nicht sehr sicher.
»Nehmen Sie einen Drink?« fragte sie.
»Sie sollten sich einen nehmen«, schlug ich ihr vor.
»Sie werden ihn brauchen können, Miß…«, setzte Phil nach.
»Ich heiße Maud
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