0007 - Ich und die Staatenbande
einmal mitgenommen, als er ihn besucht hat«, sagte sie. »Er wohnt in einer Pension, in der Nähe des Hafens.«
»Könnten Sie uns das Haus zeigen?«
»Ich weiß noch genau, wo es war«, erwiderte sie…
***
Wir fuhren in mäßigem Tempo durch die Straße, in der die Pension liegen sollte.
Maud Linner weinte längst nicht mehr. Sie hatte uns mit Fragen bestürmt und immer wieder Dean beschuldigt, dessen Vornamen sie nur kannte.
»Dort, das Haus ist es«, sagte sie plötzlich und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf eine Pension mittlerer Preisklasse. »Hier in der Pension besuchte Jeff diesen Dean. Er blieb vielleicht eine halbe Stunde lang im Haus.«
Bis auf eine Kugellampe war das Haus unbeleuchtet.
»Warum fahren Sie denn vorbei?« fragte Maud Linner überrascht. »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß Dean hier wohnt.«
»Mein Partner wird Sie jetzt erst mal nach Hause bringen«, erwiderte ich. »Phil, ich erwarte dich dann…«
»Geht in Ordnung«, sagte er, und ich setzte die beiden an einem Taxistand ab. Als ich mich wieder in der Nähe der Pension befand, ließ ich den Jaguar in einer Seitenstraße stehen. Ich ging zu Fuß weiter und hatte Zeit und Gelegenheit, mir noch einmal alles durch den Kopf gehen zu lassen.
Die Chancen, Dean in der Pension zu treffen, waren gering. Wie sehr sich die Bande absicherte, war daran zu erkennen, daß sie jeden abknallte, der eventuell reden konnte. Der Narbenträger hatte wahrscheinlich sein Quartier verlegt. Trotzdem wollte ich es darauf ankommen lassen. In dieser einen verrückten Nacht hatten sich die Ereignisse überstürzt. Durch Maud Linner wußten wir nun genau von Deans Existenz, ja, wir durften sogar mit einiger Sicherheit annehmen, daß Dean ein Mitglied der Staaten-Bande war, wenn nicht sogar deren Boß.
Vielleicht war es ein Fehler, daß ich auf eigene Faust handelte. Ich riskierte es auf jeden Fall, wußte ich doch, daß Phil in ganz kurzer Zeit auf der Bildfläche erscheinen würde. Wenn ich in Schwierigkeiten geriet, war er der Mann, der mich wieder heraushauen konnte.
Die kleine Eingangshalle der Pension war leer. Hinter der Anmeldetheke saß ein alter Mann, der sich einige Mühe gab, einen Baumstamm durchzusägen. Er merkte gar nicht, daß ich vor ihm stand und ihn ansah.
Ich hatte mir die Kanone schußbereit in die Hand geklemmt. Ich tat, als klettere ich nach oben, trat aber immer auf dieselben Stufen. Wenn ich mich bückte, konnte ich den Alten sehen. Und ich bückte mich und sah, womit ich fast gerechnet hatte: Der Baumzersäger war überraschend schnell aufgewacht. Er linste zur Treppe, und dann streckte er seinen Arm aus, um nach dem Telefonhörer zu greifen.
»Gut geschlafen?« fragte ich ihn.
Er war restlos aus dem Häuschen. Und wurde sogar wütend. Er wollte das dicke Anmeldebuch vom Pult hochreißen, wahrscheinlich, um es mir an den Kopf zu feuern.
»Noch ’n Zimmer frei?« fragte ich.
»Mann, nehmen Sie den Ellbogen von dem Buch runter«, stöhnte er und sah mich verzweifelt an.
»Ach so«, sagte ich grinsend. »Sag mal, Alter, wo kann ich Dean finden?«
»Dean?« fragte der Mann erstaunt zurück.
»Dean, die Narbe«, sagte ich lässig. »Los, beeil dich schon.«
»Der wohnt im zweiten Stock«, sagte der Alte. »Zimmer 46, aber er ist nicht da.«
»Wann kommt er denn zurück?«
»Weiß ich doch nicht«, erwiderte der Mann ruppig. »Hier kann jeder kommen und gehen, wann er will.«
»Los, dann komm mit nach oben, und dann kannst du wieder gehen, wie du willst«, sagte ich lächelnd.
»Sind Sie verrückt?« wollte er von mir wissen.
»Nun komm schon, Alterchen… Anrufen kannst du immer noch.«
Ich hatte gelächelt, aber er hatte wohl doch gemerkt, daß mit mir unter Umständen nicht gut Kirschen essen war. Er peilte mir in die Pupillen und schloß sich mir dann widerspruchslos an. Er stöhnte aber auf der Treppe wie eine asthmatische Lokomotive.
»Geht’s nicht lauter?« fragte ich.
Er hielt sich am Geländer fest, stolperte aber trotzdem. Er ließ sich rücksichtslos hinunterkollern und schrie dabei laut auf. Ich ließ den Schauspieler kollern und wetzte wie ein flüchtendes Kaninchen nach oben in den zweiten Stock. Meine Schnelligkeit lohnte sich.
Kaum hatte ich den Treppenabsatz erreicht, als eine Tür aufflog. Ein junger Mann, der eine Lederweste trug, sah mich an. Seine Hand zuckte hoch, und im gleichen Moment flammte auch schon ein greller Feuerstrahl auf.
Ich warf mich zur Seite und schoß zurück.
Ich hatte
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