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0009 - Der Hexenmeister

0009 - Der Hexenmeister

Titel: 0009 - Der Hexenmeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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Gebeine zusammen. Er brachte sie in ein unterirdisches Gewölbe, dessen verschütteten Eingang er mühevoll freilegte.
    Manasse selbst legte sich nach getaner Arbeit zur Ruhe. Er benutzte dazu einen Katafalk, der in der Mitte des Raumes stand. Eine weiße Schlange schlüpfte durch die leere Augenhöhle in den Totenschädel und richtete sich häuslich ein.
    Um die Ruine aber erhob sich eine blutrote Hecke, die aus Millionen feinster Nesselfäden bestand. Sie schirmte die Leichenstarre der Mysterienbrüder wirkungsvoller ab als jede Mauer.
    Und aus rotem Nebel erhob sich Manasse und beugte sich grinsend über den hilflosen Amerikaner…
    ***
    Romain Lassus, ehemaliger Marineflieger und mittlerweile Fluglehrer für den Privatflugplatz, an dessen Rand Professor Zamorra verunglückt war, zog die dritte Schleife über den Resten der Basilika. Er schaute angestrengt in die Tiefe hinunter.
    Lassus mochte etwa vierzig Jahre alt sein. Er trug einen pechschwarzen Schnauzbart. Seine für einen Franzosen ganz ungewöhnliche Körpergröße, seine Sportlichkeit und der strahlende Blick seiner smaragdgrünen Augen, die ständig unternehmungslustig blitzten und eine Heiterkeit ausstrahlten, als befinde sich ihr Besitzer in steter Urlaubslaune, wirkten genügend auf Frauen, um ihn alle Heiratspläne hinausschieben zu lassen und all den Madeleines, Odiles und Lisettes, die als Schülerinnen zu ihm kamen, mehr beizubringen als nur das kleine ABC der Sportfliegerei.
    »Und dieser kümmerliche Steinhaufen soll Ihren Freund verschluckt haben, Professor?« fragte der Pilot befremdet. »Da würde ich ja unbesorgt meine Kinder spielen lassen.«
    »Von hier oben aus gesehen hat das alles wenig Wirkung auf den Betrachter«, bestätigte Zamorra ernst. »Warten Sie, bis wir unten sind.«
    »Pelote kann nicht mit einem Flugplatz aufwarten. Sie wissen, was wir riskieren?« fragte Lassus.
    »Ich habe keine Wahl. Mein Freund ist in Gefahr. Ich fühle mich mitschuldig. Ich habe ihn auf die Spuren der Albigenser gestoßen. Er ist Historiker. Jetzt sitzt er in der Klemme. Ich fühle es.«
    Belustigt grinste Romain Lassus.
    »Hat er Ihnen das geschrieben?« spottete der Pilot, während er nach einem hinlänglich flachen und ebenen Stück Land Ausschau hielt, auf dem er die Maschine zur Erde zurückbringen konnte. Hatte er auch die Garantie dieses merkwürdigen Professors in der Tasche, daß Zamorra für alle Schäden aufkommen wollte, so mochte er doch den Hals nicht riskieren. Er hing am Leben, das so amüsant sein konnte für einen Künstler wie ihn, der es verstand, allem die beste Seite abzugewinnen.
    Immerhin war dieser Auftrag lukrativ genug, um den Piloten bei der Stange zu halten. Für dieses Geld hätte Romain Lassus in einem noch trostloseren Nest als Pelote Quartier bezogen, konnte er von dem Erlös doch mindestens zwei Wochen Biarritz finanzieren, und dort liefen bekanntlich die schnuckeligsten Puppen diesseits des Atlantiks herum, seit Saint Tropez außer Mode gekommen war und die Reichen sich wieder auf ihre alten Spielplätze besonnen hatten.
    »Dort könnte es gehen«, meinte Lassus und deutete auf einen Streifen Land am Südende des Dorfes. Er war einigermaßen flach und nur von Gras bewachsen. Es gab keine gefährlichen Bodensenkungen oder Unebenheiten, die die Cessna zu einem Salto veranlassen konnten. Und vor allem standen keine Bäume im Wege, um die sich die Maschine wickeln konnte.
    Lassus entschied sich für eine Art Ehrenrunde, die sämtliche Dorfbewohner auf den Plan rief. Der donnernde Tiefflug hatte ihre Neugier geweckt. Pelote erhielt selten Besuch und nun sogar aus der Luft! Diese Sensation mochte sich niemand entgehen lassen.
    Lassus wurde sich über die Windrichtung klar. Er las sie an den Bewegungen hoher Bäume ab. Dann setzte er zur Landung an. Es ging alles glatt.
    Jedenfalls bis zu dem Augenblick, da er die Landeklappen ausfuhr und die hochstelzigen Räder aus dem Leib der silberglänzenden Maschine traten, um einzurasten.
    Was dann geschah, verstieß gegen alle Gesetze und Erkenntnisse der Aerodynamik.
    Die Cessna sackte durch und fiel auf den Bauch. Das Fahrgestell wurde abgefetzt.
    Schreiend retteten sich die Dorfbewohner aus der Gefahrenzone.
    Die Maschine raste wie ein Geschoß über die Erde, sprang und bockte. Hilflos hing Lassus auf seinem Pilotensitz, starrte durch das Glas des Cockpits und klammerte sich irgendwo fest.
    Professor Zamorra flog hin und her. Es war sein zweiter ›Unfall‹ innerhalb von

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