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0010 - Der endlose Tod

0010 - Der endlose Tod

Titel: 0010 - Der endlose Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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sich einfach nicht. Er war eben schon zu alt, um solche Sachen noch anzunehmen.
    Jane nahm noch einen Zug von der Zigarette, legte sie dann in den Aschenbecher und wollte nach draußen gehen, um die Tür zu schließen. Da fiel ihr Blick auf eine Vase.
    Natürlich.
    Jetzt konnte sie sich wieder erinnern. Sie war abgeschlafft vom Keller heraufgekommen und hatte den Schlüssel in diese Vase geworfen. Hastig lief sie zum Regal. Als sie die Vase hochhob, klimperte es schon. Aha, der Schlüssel. Jane Bikken stülpte die Vase mit vitalem Schwung um, und der so verbissen gesuchte Kellerschlüssel rutschte ihr wie selbstverständlich in die Hand.
    Endlich.
    Sie wollte sogleich John Sinclair anrufen. Der Telefonhörer lag schon in ihrer zarten Hand. Sie versuchte, sich an die Rufnummer zu erinnern, doch ehe sie alle Zahlen beisammen hatte, wurde sie durch ein Geräusch aus ihren Gedanken gerissen.
    Erregt zuckte sie herum.
    Da mußte jemand in das Wachsfigurenkabinett eingedrungen sein! Ein Irrtum schien dem Mädchen ausgeschlossen…
    ***
    Sie dachte, Linc Belem wäre noch einmal wiedergekommen. Es kam bei dem senilen Buckligen schon mal vor, daß er irgend etwas vergaß. Dann drehte er auf halbem Heimweg noch mal um, um zurückzukommen und irgendein Versäumnis nachzuholen. Jane Bikken trat entschlossen aus ihrem Büro. Sie ging auf die offenstehende Tür zu. Im gesamten Schauraum brannten die Lichter.
    Eine unnatürliche Kälte wehte dem Mädchen entgegen.
    Es war in der Tat so kalt wie in einem Kühlhaus. Das war doch nicht normal. Jane fröstelte. Sie fragte sich, wodurch diese entsetzliche Kühle hervorgerufen wurde, und zu ihrem großen Entsetzen fiel ihr dazu eine beunruhigende Erklärung ein: Man sagt, das Böse verströmt diesen eisigen Hauch.
    Dicke Hagelkörner rollten über Janes Rücken.
    Jane stand in der Tür. Ihr Blick schweifte durch den Schauraum. Reglose Puppen standen auf ihren Plätzen… Eigentlich war alles wie immer. Und doch war irgend etwas anders. Die Kälte!
    Jane versuchte sich einzureden, sie bilde sich diese unheimliche Kälte nur ein, aber die Gänsehaut, die sie umspannte, war ein zu augenscheinliches Argument für die Tatsache, daß es wirklich kalt hier drinnen war.
    »Linc?« rief sie mit dünner, beinahe versagender Stimme. Sie hoffte, daß sich der kleine Bucklige sogleich melden würde. »Linc? Sind Sie da?«
    Janes furchtvolle Augen rollten.
    Zögernd machte sie einen Schritt nach vorn. Angst kroch ihr mit einemmal in die Knochen. Die Gedanken überschlugen sich in ihrem hübschen Kopf. Sie dachte daran, blitzschnell kehrtzumachen, sich im Büro einzuschließen und John Sinclair anzurufen. In vier Minuten konnte er da sein.
    Mochte der Teufel wissen, warum sie diesen Gedanken nicht ausführte.
    Statt umzukehren, machte sie den nächsten Schritt. Und noch einen. Und obwohl sie jetzt schon sicher war, daß Linc Belem ihr nicht antworten würde, rief sie erneut seinen Namen.
    »Linc!«
    Plötzlich beobachtete sie eine jähe Bewegung zwischen den Wachsfiguren. In derselben Sekunde stockte dem Mädchen der Atem. Sie konnte nicht begreifen, was sie sah. Eine eisige Starre ergriff von ihr Besitz, während sie mit weit aufgerissenen Augen verdattert beobachtete, wie zwischen den reglosen Wachsfiguren jener Henker, den sie vor Jahren mit ihrem Großvater in mühevoller Kleinarbeit angefertigt hatte, auf sie zukam.
    Es war für sie unvorstellbar.
    Die Puppe, die sie mit ihren eigenen Händen aus Wachs geschaffen hatte, lebte!
    ***
    Entsetzt schüttelte Jane Bikken den Kopf. »Nein! Nein, das kann es nicht geben! Ich bin verrückt! Ich habe den Verstand verloren!« Mit hölzernen Schritten wich sie vor dem unheimlichen Henker zurück. Er funkelte sie mit seinen schrecklichen Augen mitleidslos an.
    Als er das Richtbeil hochschwang, warf sich das bestürzte Mädchen mit einem gellenden Schrei herum. Jane rannte um ihr Leben. Panik peitschte sie durch das Wachsfigurenkabinett. Der grausame Henker folgte ihr mit stampfenden Schritten. Das Beil sauste surrend herab. Jane warf sich zur Seite. Krachend splitterte neben ihr Holz.
    Sie hastete weiter. Planlos! Nur weg! Weg! Weg von diesem mordlüsternen Unhold, dessen Lebendigkeit Jane Bikken unverständlich war. Immer wieder schlug er mit seinem gewaltigen Beil blitzschnell zu. Jedesmal gelang es dem verstörten Mädchen, sich gerade noch mit einem wilden Satz in Sicherheit zu bringen.
    Doch wie oft würde sie dieses Glück noch haben?
    Janes Nerven

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