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0010 - Der endlose Tod

0010 - Der endlose Tod

Titel: 0010 - Der endlose Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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gefesselt. Sie trug ein weißes Büßerhemd, zwischen ihren Zähnen steckte ein Knebel.
    Dieser Anblick machte John Sinclair so wütend, daß es ihm augenblicklich den Magen umdrehte.
    ***
    Er lief auf das Mädchen zu und riß ihr den schmutzigen Lappen aus dem Mund, »Jane, was ist pass…«
    »Vorsicht, John!« kreischte Jane Bikken in namenlosem Entsetzen. Sie preßte die Augen zu, um nicht zu sehen, was danach geschah.
    John kreiselte herum und sah das blitzende Richtbeil auf sich niedersausen. Gedankenschnell steppte er zur Seite. Das Beil surrte haarscharf an seinem linken Arm nach unten. Ehe der Henker dieses gefährliche Mordinstrument erneut hochschwingen konnte, drosch John mit seinen Fäusten nach der scharlachroten Kapuze. Seine kraftvollen Schläge brachten den Unhold ins Wanken. Dadurch ermutigt, griff John noch beherzter an. Seine ganze Kraft legte er in die Fäuste. Mit gewaltigen Hieben trieb er den Henker von der Folterbank weg.
    Jetzt rammte er dem Unheimlichen die Faust in den Magen.
    Der Henker klappte in der Mitte zusammen, stieß aber sogleich den dicken Beilstiel von unten schräg nach oben und traf Sinclairs Stirn. Grelle Sterne spritzten vor Johns Augen auf. Er war für den Bruchteil einer Sekunde vollkommen blind.
    Diese kurze Zeitspanne versuchte der Henker geschickt zu nutzen.
    Vehement wirbelte er erneut das Richtbeil hoch.
    Kaum sah John wieder einigermaßen klar, da fiel sein Blick auf zwei Schwerter, die an der Wand hingen und zur Dekoration dienten. Ehe der Henker den tödlichen Streich führen konnte, riß der Geisterjäger die beiden Schwerter vom Haken. Er attackierte den Henker damit jedoch nicht, sondern legte die breiten Klingen so aufeinander, daß sie ein Kreuz bildeten. Der Erfolg war überraschend.
    Aus der Kehle des Henkers drang ein markerschütternder Schrei. John trieb die Höllenmarionette bis an die Wand zurück. Der Henker wand sich unter unsagbaren Schmerzen, den ihm der bloße Anblick des Kreuzes verursachte. Er ließ das Richtbeil fallen und hob in zitternder Abwehr die Hände.
    John bemächtigte sich blitzschnell des schweren Beils, und als der Henker die Hände sinken ließ, hieb er mit unbarmherziger Härte zu. Der kraftvoll geführte Schlag trennte den Kopf glatt vom Rumpf – und von diesem Moment an bestand der tödliche Henker wieder nur aus leblosem Wachs. Es schien der Figur möglich gewesen zu sein, sich aus eigenem Antrieb zu bewegen.
    ***
    Jane Bikkens Schluchzen riß den Geisterjäger aus seinen Gedanken. Achtlos ließ er das Richtbeil fallen, mit dem er dem grauenvollen Spuk ein Ende bereitet hatte, und eilte zur roh gezimmerten Folterbank, auf der das Mädchen immer noch lag.
    »Oh, John!« weinte das erschütterte Mädchen. Ihr ganzer Körper zuckte heftig. Ihr Gesicht war leichenblaß. Kein Wunder.
    »Es ist vorbei«, sagte John, um Jane zu beruhigen.
    »Ich… ich dachte, er würde mich in der Mitte auseinanderhauen. Ich lag vor ihm auf dem Boden. John, es war grauenvoll. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nicht so viel Angst. Er stand hochaufgerichtet da. Das Beil gehoben. Ich hatte keine Chance mehr. Wenn er zugeschlagen hätte, wäre ich verloren gewesen, aber das tat er nicht. Er stand nur da und weidete sich an meiner Todesangst.«
    John zerrte an den Knoten. Endlich hatte er die Handfesseln offen. Jetzt schnell die Beinfesseln.
    »Ich flehte ihn an, er möge mich verschonen!« stieß Jane Bikken stockend hervor. »Ich rechnete nicht damit, daß er darauf eingehen würde. Aber ich klammerte mich mit meinem letzten Fünkchen Hoffnung daran… Er sagte: ›Gut. Ich schlage dir einen Tausch vor: Dein Leben gegen das von John Sinclair.‹ John, Sie müssen mir glauben, daß ich diesen Vorschlag nicht akzeptieren wollte, aber dieser verdammte Kerl ließ mir keine Zeit. Ich mußte mich sofort entscheiden, und… und… da sagte ich zu.«
    Auch die Beinfesseln waren ab.
    »John, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie ich mich schäme.«
    »Hören Sie auf, dummes Zeug zu reden«, sagte John ernst. »Sie hatten keine andere Wahl. Sie konnten sich nicht anders entscheiden. Sonst wären Sie jetzt nicht mehr am Leben.«
    »Wenn er… wenn er Sie getötet hätte… das… das hätte ich nicht überlebt!«
    »Kommen Sie endlich von dieser verdammten Folterbank herunter und ziehen Sie dieses widerliche Büßerhemd aus.«
    Anschließend ging John mit dem Mädchen in dessen Büro. Er gab ihr ein Glas Scotch zu trinken. Sie schluckte den Drink ohne Widerrede.

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