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0013 - Die Knochengrube

0013 - Die Knochengrube

Titel: 0013 - Die Knochengrube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Friedrichs
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Zeitpunkten ums Leben kamen.«
    »Ich verstehe nicht…«
    »Manche Gebeine liegen seit Jahrzehnten hier, andere nur vier oder sechs oder zehn Jahre. Auffallend ist weiterhin, daß keines dieser unglücklichen Lebewesen auf natürliche Weise ums Leben kam. Die Knochen weisen Hieb- und Stichspuren auf.«
    »Sie meinen, Raspani habe sie…«
    »Ja.«
    Plötzlich hörten sie ein Geräusch. Es kam von oben. Sie richteten ihre Blicke auf den Grubenrand. Fast hätte Rosa wieder geschrien, aber sie preßte die Hand vor den Mund und erstickte den Schreckensruf zu einem dumpfen Laut.
    Zwei Geistermatrosen starrten sie an. Lauernd und mordlustig. In ihren fürchterlichen Augen stand die Vorfreude zu lesen, die Vorfreude am Töten…
    Weitere Gespenster tauchten auf. Unter Schnattern und Kichern schoben sie eine primitiv gefertigte Leiter über den Rand des Erdlochs hinaus, kippten sie um und ließen ihr unteres Ende auf den Knochenhaufen stoßen. Es gab ein knirschendes Geräusch. Rosa zuckte unwillkürlich zusammen.
    Fünf Geister huschten herab. Sie benutzten nicht die Leiter. Die war ausschließlich für die Gefangenen bestimmt.
    Die Scheusale zogen die Säbel. Dann redeten sie mit knarrenden Stimmen auf Zamorra und Rosa ein.
    »Weckt die andere auf!«
    »Steigt die Leiter hinauf!«
    »Schnell, oder wir stechen zu!«
    Zamorra spannte seine Finger um Rosas Arm. »Tun Sie, was sie sagen. Es hat keinen Zweck, sich aufzulehnen. Ohne mein silbernes Amulett sind wir machtlos gegen diese Bestien.«
    »Wäre es nicht sinnvoller, gleich ein Ende zu machen?«
    »Wollen Sie sich umbringen lassen, ohne den letzten Hoffnungsschimmer auszunutzen, der sich bietet? Nein, dazu bin ich nicht bereit.«
    »Sie haben recht.«
    Die hübsche brünette Frau beugte sich über ihre Schwester. Es dauerte vielleicht eine halbe Minute, bis Micaela auf ihr Schütteln und sanftes Ohrfeigen hin zu sich kam. Ihre Reaktion fiel weniger vehement aus, als Zamorra es sich gedacht hatte. Aber das täuschte nicht darüber hinweg, daß die Schwarzhaarige einen Schock erlitten hatte. Wimmernd klammerte sie sich an die Schwester. Ein bedauernswertes, hysterisches junges Ding, das sich bereits am Abgrund des Wahnsinns befand.
    Unter den drohenden Zurufen der Geister stiegen sie die Sprossen der Leiter hinauf. Zamorra hielt sich hinter den Frauen. Er wollte verhindern, daß sie aus Angst und Verzweiflung abrutschten und auf den scheußlichen Knochenhaufen am Grund der Grube zurückkehrten.
    Die Sonnenstrahlen hatten an Kraft gewonnen. Hier oben am Eingang zu dem natürlichen Gefängnis wärmten sie die Körper der Schwestern und des Professors. Fast schafften sie es, Zamorras unheilverkündende Gedanken zu verdrängen. Ein Anflug von Stille und Frieden breitete sich aus. Aber dieser Eindruck war trügerisch.
    Die Wahrheit lautete Unheil – Verderben durch die Geistermatrosen des Raspani schon in den nächsten Stunden oder Minuten.
    Der Professor ließ den Blick schweifen.
    Sie standen auf einer Anhöhe. Von hier aus konnte er das gesamte Umland betrachten und sich ein Bild über den Flecken Erde machen, auf den Raspani sie verschleppt hatte. Es war wirklich ein Flecken.
    Nach allen vier Himmelsrichtungen hatte die Erde ein abruptes Ende durch steinige oder gar klippenübersäte Küsten. Sie befanden sich demnach auf einer Insel. Zamorra hatte sie nie zuvor gesehen.
    Aus der Beschaffenheit der gelblichen Erde und der armseligen Vegetation schloß er, daß sie sich vor der südfranzösischen oder spanischen Küste befanden – oder gar im Mittelmeergebiet.
    Erstaunlich und erschreckend zugleich war, daß die Gräser, Sträucher und Bäume dieser Insel ausnahmslos verdorrt waren. Keine grünen Farbtupfer leuchteten in der Landschaft. Nur grau und schwarz breitete es sich zu Zamorras Füßen aus, unterbrochen von dem schmutzigen Gelb des Untergrundes. Pflanzliche Nahrung existierte nicht, und allem Anschein nach gab es auch keine Tiere auf der Insel.
    »Marschiert!« befahl einer der Geister.
    Sie folgten seinem Fingerzeig. Die abgeflachte Hügelkuppe mußten sie verlassen, dann ihre Schritte auf einen Trampelpfad lenken, der sie in eine ausgedehnte Mulde führte, die dem Professor zuvor entgangen war. Zamorra hatte noch Gelegenheit, einen Blick nach Norden zu werfen, ehe sie mit ihren Bewachern in der Erdsenke verschwanden. Deutlich konnte er die Umrisse der »Estrella Negra« ausmachen.
    Sie lag etwa hundert Meter vom Ufer entfernt. Ihr gigantischer Schiffsleib

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