0013 - Ich bezwang den »Lächler«
»Schade, daß Sie in diese Aktion hineingeplatzt sind, aber auch das läßt sich reparieren.«
Hinter mir stieß Sam Knight ein kicherndes Lachen aus. Er sah seine Stunde gekommen.
»Nicht, wie du denkst, Sam«, sagte Bender, ohne den Kopf zu wenden. »Wir werden den G-man so lange festhalten müssen, bis wir den Tantomos-Laden als Geldquelle und Stützpunkt nicht mehr brauchen.«
»Wahnsinn«, knurrte der Maschinenpistolenheld in meinem Rücken.
»Er hat recht, Bender«, bekräftigte ich. »Was Sie tun, ist Wahnsinn, einerlei ob Sie mich erledigen oder am Leben lassen. Sie schaufeln sich die Grube immer tiefer. Jetzt haben Sie schon die Schießerei im Krankenhaus und den Mord an Tantomos am Hals.«
»Ich habe nur einen Hals«, sagte er hart. »Ob ich wegen des Mordes an Armstrong daran aufgehängt werde oder wegen einiger anderer Sachen, das bleibt sich gleich.«
»Das Gericht hätte Ihre Unschuld herausgefunden, wenn Nat Thomas wirklich ohne Ihren Befehl gehandelt hat.«
Er stieß ein kurzes Lachen aus. »Glauben Sie? Sie hätten Nat als Zeugen gegen mich antreten lassen, und der arme Nat hätte mich in seinem Bemühen, mich zu entlasten, auf den Stuhl gebracht. Tja, G-man, wenn es ohne Blut im Krankenhaus abgegangen wäre, dann hättet Ihr keinen Zeugen gegen mich gehabt, sobald Nat verschwunden wäre, aber jetzt muß ich meinen Weg zu Ende gehen.«
»Und Sie wissen, was am Ende steht, Bender! Der Tod auf dem elektrischen Stuhl.«
»Vielleicht! Vielleicht aber auch nicht. Ich habe noch einige Pläne und einige Hoffnungen, und solange ich noch keine Handschellen um die Gelenke trage, solange bin ich nicht verloren. So, Sam«, wandte er sich an meinen Bewacher. »Der G-man braucht nicht unbedingt zu wissen, wo wir wohnen. Aber mach's sanft.«
Ehe ich eine Gegenbewegung ausführen konnte, zog Knight mir den Pistolenlauf über den Schädel. Es wurde Nacht.
***
Als ich die Augen öffnete, fand ich mich in einem kleinen Zimmer wieder, dessen einzige Einrichtung ein Eisenbett, ein Tisch, ein paar Stühle und ein brüchiger Holzschrank waren. Mein rechter Arm war über den Kopf zurückgebogen und mit meinen eigenen Handschellen an das Gitter des Bettes gefesselt.
Vor dem Fenster hingen schmutzige Gardinen. Ich konnte auf der anderen Straßenseite einen Teil der Front einer Mietskaserne erkennen, und ich hörte dumpf den Lärm der Straße zu mir herauf. Ich schätzte, daß ich im achten oder neunten Stock eines Mietshauses lag und daß dieses Haus sich durchaus mitten in New York befand, in Harlem vielleicht oder in Bronx.
Meine Armbanduhr zeigte zwanzig Minuten nach sechs Uhr. Mein Schädel brummte ein wenig, aber ich war Schlimmeres gewöhnt. Hunger hatte ich auch.
Ich untersuchte meine Fesselung. Die Beine und den linken Arm konnte ich frei bewegen, aber der rechte Arm war unlöslich an die Bettstelle gefesselt. Mit ein paar Verrenkungen kam ich vielleicht auf die Beine, aber ich konnte schließlich nicht die Bettstelle hinter mir herschleifen.
Das Fenster zog mich gewaltig an. Wenn ich mich dorthin schleppte, die Scheiben einschlug und Alarm schrie, dann würden die Leute auf der Straße vielleicht darauf aufmerksam werden, aber es gibt auch Gegenden in New York, wo jeder es vorzieht, sich taub zu stellen, wenn jemand Alarm schlägt, und selbst, wenn die Passanten reagierten, so mußten sie sich verteufelt beeilen, heraufzukommen, bevor ich zusammengeschossen wurde.
Ich beschloß, noch zu warten. Ich mußte erst Näheres wissen, wo sich Bender und seine Gang aufhielten und wie stark die Anzahl der Leute war, die sich hier herumtrieb. Ich glaubte nicht, daß der ›Lächler‹ sein Wort brechen würde, und ich fühlte mich vorläufig ziemlich sicher. Ich drehte mich, so gut es ging, auf die andere Seite und schlief noch ein wenig.
Zwei Stunden später wurde ich davon wach, daß jemand hereinkam. Mit einem treuherzigen Grinsen im Gesicht und einem Tablett auf den Händen erschien Nat Thomas, das ›Leichtgewicht‹.
»M…morgen, Mister G-man«, stotterte er. »W… ollen Sie frühstücken?«
»Hallo, Nat«, grüßte ich zurück. »Auch hier?«
»Klar«, sagte er stolz. »Hier ist unser Hauptquartier.«
»Wo sind wir denn?« fragte ich harmlos, aber so angeschlagen war Nat Thomas nun wieder nicht, daß er die Frage beantwortet hätte.
»M…mögen Sie Schinken mit Ei?«
»Okay, tisch auf.«
Ich richtete mich hoch. Nat setzte das Tablett auf meine Knie, goß den Kaffee ein und sah gemächlich zu,
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