0013 - Ich bezwang den »Lächler«
Brabanti-Bande kauften, das ihnen in die Quere lief, und da sie zu faul zu anstrengender Tätigkeit waren, machten sie nur die Finger an den Abzughähnen krumm, und Master, einer von Brabantis Leuten, starb auf dem Pflaster des Clifton-Bezirks.
Der Bandenkrieg, der daraufhin ausbrach, dauerte vier Monate. In dieser Zeit fielen auf Ponters Seite zwölf Leute und schließlich er selbst. Brabanti verlor acht Mann, darunter Giorgio und Pazzeck, und Joe ging ins Krankenhaus, um es Al Faster zu sagen, sobald er es gehört hatte.
Brabanti selbst bekam eine Ladung ab, die ihn ins Krankenhaus brachte, und als er sich soweit erholt hatte, daß er glaubte, er könne seine Herrschaft über den Clifton-Bezirk wieder antreten, fanden sich Polizeibeamte in seinem Krankenzimmer ein und präsentierten ihm einen Haftbefehl. Die Unterlagen, die sie dem Gericht vorlegen konnten, genügten, um Brabanti für Lebenszeit hinter Gitter zu schicken.
Die Öffentlichkeit erfuhr nie, daß die Behörden diese Unterlagen von Joe Bender erhalten hatten. Joe wußte, daß Ponter in seinem Geldschrank belastendes Material gegen Brabanti verwahrte, und als Ponter fiel, kam er den Brabanti-Leuten zuvor, brachte die Unterlagen an sich und übersandte sie der Polizei. Brabanti und Ponter waren erledigt. Joe Bender verstand es, sich an ihre Stelle zu setzen, bevor der dritte Bandenführer, Leddy First, den verwaisten Platz einnehmen konnte.
Da die Geschichte, wie Bender die beiden Bosse außer Gefecht gesetzt hatte, ohne dabei selbst praktisch einen Finger zu rühren, in Boston längst die Runde gemacht hatte, verhielt Leddy sich vorerst still.
Bender forderte ihn heraus, indem er ständig in seinen Bezirk Übergriff, und Leddy konnte nicht umhin, ihn schließlich zu warnen. Joe schlug eine Zusammenkunft vor. First kam mit aller Vorsicht des Ganoven und mit einer Garde von Leibwächtern. Joe erschien allein und lächelte.
Die Unterredung führte zu nichts. Joe war so aufreizend und hochmütig, daß First schließlich vor Wut schrie und die Kanone herausriß. Joe hätte keine Minute mehr zu leben gehabt, wenn nicht in diesem Augenblick ein starkes Polizeikommando eingedrungen wäre. Die Cops nahmen alles fest, was eine Waffe trug, und Joe Bender war der einzige, der nicht mal ein Taschenmesser bei sich hatte.
Er lächelte, als er an dem handschellenklirrenden First und seinen Leuten vorbei als freier Mann aus dem Zimmer ging. Noch bevor der Richter die First-Bande wegen verbotenen Waffenbesitzes zur üblichen Haftstrafe von ein paar Wochen verurteilen konnte, erstattete Joe frommen Gesichts Anklage wegen Bedrohung und Mordversuchs, und eine ganze Cop-Mannschaft war sein Zeuge. Aus den paar Wochen wurden drei bis zwölf Jahre Gefängnis. Die First-Bande war ohne einen Blutstropfen aufgelöst worden.
Damals begann Boston und später Amerika über Joe zu lachen, begann ihn zu bewundern. Man rühmte seine Kaltblütigkeit, seine Intelligenz und die gewaltlose Methode, der er sich bediente. Im Laufe der nächsten drei Jahre machte er sich zum König der Unterwelt von Boston. Immer verabscheute er Mord und Totschlag. Treu seinem Wahlspruch beging er kein Verbrechen, das mit mehr als sechs Wochen Gefängnis bedroht war. Er überspielte seine Gegner dank seiner überlegenen Intelligenz, und er lächelte immer dabei. Jeder neue Streich des ›Lächlers‹ wurde von der Presse jubelnd begrüßt, und im ganzen Land lachten die Leute über ihn.
Nur die Polizisten und FBI-Beamten lachten nicht über Joe. Sie sahen, was die Zeitungsleser nicht bedachten. Alle Taten Joes, die von der Presse als Eulenspiegelstreiche dargestellt wurden, dienten nur dazu, daß er sich die Geldquellen aneignete, an denen bisher andere gesessen hatten. Joe verdiente an den Schutzrackets, den Spielclubs, den Buchmacherwetten, und er verdiente sogar gut daran. Er zog Geld aus Hunderten von ungesetzlichen Unternehmungen. Wenn er nicht anders konnte, lieferte er die Konkurrenz der Polizei aus, aber in den Augen der Beamten war er ein noch größerer Gangster. Sie mochten ihn, weil er nicht brutal war und weil unter seiner Herrschaft das Morden aufgehört hatte, aber sie ärgerten sich auch über ihn, weil er zu intelligent war, um sich fassen zu lassen. Und sie ärgerten sich besonders, weil das Publikum eindeutig auf Joes Seite stand.
Mit fünfundzwanzig Jahren besaß Joe eine Villa, drei Autos, eine Yacht, und jedem der Halbverhungerten, die mit ihm vor Jahren in den Clifton-Bezirk
Weitere Kostenlose Bücher