0013 - Ich bezwang den »Lächler«
wie ich heißhungrig frühstückte.
»Boß ist gleich da«, verkündete er.
Bender erschien, bevor ich fertig war.
»Geht es Ihnen leidlich, G-man?« fragte er. »Ihr Freund Phil macht sich schon Sorgen um Sie. Ich erhielt eben einen Anruf. Er war bereits in Tantomos' Lager. Wirklich, ich habe Sorgen, daß ich Ihretwegen noch Ärger kriege.«
»Da können Sie ganz sicher sein«, knurrte ich.
Er beachtete die Drohung nicht.
»Für mich hängt alles davon ab, schnell zu handeln, bevor die anderen fertig sind. Crainewood und Suthbeer dürfen nicht wissen, daß Tantomos erledigt ist, bevor ich sie mir vornehme. Ich habe meine Vorbereitungen getroffen.«
»Sie wollen neue Morde begehen?« fragte ich.
»Es bleibt mir nichts anderes übrig. Ich wehre mich nur meiner Haut«, antwortete er düster.
»Bender«, sagte ich eindringlich. »Sie galten einmal als der klügste Gangster weit und breit. Jetzt scheinen Sie völlig verrückt zu sein. Sie können auf die Dauer nicht gewinnen.«
Er verlor die Nerven. »Hören Sie auf!« schrie er. »Halten Sie Ihren Mund, und freuen Sie sich, daß ich idiotisch genug bin, Sie am Leben zu lassen.«
»Warum tun Sie es eigentlich?«
Er sah mich lange an, dann drehte er sich um und ging wortlos zur Tür hinaus.
Ich sah ihn den ganzen Tag nicht mehr, aber ich war auch den ganzen Tag nicht mehr allein. Meistens war Nat bei mir, oder wenn er ging, saß Abott von der Armstrong-Bande auf dem Stuhl und starrte mich an.
Langsam, unerträglich langsam verstrichen die Stunden. Endlich wurde es hinter dem Fenster dunkel, und Nat, der mich gerade bewachte, stand auf und zog ein paar schäbige Übergardinen vor. Kurz darauf kam Bender herein. Er würdigte mich keines Blickes. Abott erschien hinter ihm.
»Die Nacht über bleibt ihr beide bei ihm«, befahl der ›Lächler‹. »Und sorgt dafür, daß ihr nicht gleichzeitig einschlaft. Er ist ein harter Bursche und kriegt es fertig, euch unangenehme Überraschungen erleben zu lassen.«
»Vielen Dank für das Kompliment!« rief ich ironisch. Bender antwortete nicht und verließ das Zimmer. Ich lauschte mit angespannten Sinnen. Ich hörte eine zweite Tür schlagen, und dann schien es mir, als ginge jemand die Treppe hinunter.
Endlos vertickten die Minuten und Stunden. Eine trübe Lampe brannte unter der Decke. Nat saß am Tisch und las in einer Zeitung. Abott hatte den Hut über die Augen geschoben und döste vor sich hin, die Beine auf einen zweiten Stuhl gelegt.
Ich warf mich unruhig von einer Seite auf die andere. Das konnte noch Wochen so weiter gehen! Ich mußte etwas unternehmen, aber meine Chancen waren so gering, so verteufelt gering, wenn ich jetzt loschlug.
Das, was dann passierte, war einfach nicht vorauszusehen. Es ging so rasend schnell, daß ich mir den Ablauf der Dinge erst viel später mühselig rekonstruiert habe.
Es fing damit an, daß ich leise Schritte vor der Tür hörte. Ich dachte noch, daß Bender zurückkäme, da flog die Tür schon auf. Zwei Revolver blafften. Eine der ersten Kugeln riß Nat Thomas von seinem Stuhl. Abott fuhr hoch. Seine Hand zuckte zur Halfter, aber er wurde von einer ganzen Ladung erwischt. Sein Hut rutschte ihm über die Augen, er neigte sich nach vorne und fiel ohne einen Schrei um. Zehn Sekunden und sieben oder acht Schüsse, und alles schien vorbei zu sein. Mit Colts in den Händen schoben sich zwei Gestalten in Trenchcoats ins Zimmer, vorsichtig nach links und rechts spähend.
»Vorsicht!« schrie der eine, als er mich sah. »Da ist noch einer!«
Ich sah genau, wie er den Finger krümmte, aber der andere packte seinen Arm und sagte: »Der ist gefesselt.«
Sie schoben sich näher, immer noch vorsichtig wie Tiere, die eine Falle wittern. Jetzt konnte ich ihre Gesichter sehen, brutale Gesichter mit Augen, die zu Schlitzen zusammengezogen waren.
»Wer bist du?« fragte der eine.
»Und ihr?« fragte ich zurück.
»Hält Bender dich gefangen?«
»Habt ihr 'ne Rechnung mit Bender?«
»Was soll das Gefrage?« knurrte der Kleinere von beiden. »Knall ihn ab, damit wir von hier verschwinden können. Der Boß hat nicht gesagt, daß wir irgendwen befreien sollen.«
Der Größere nickte. Er war einverstanden, und mein Leben war keinen Pfifferling wert, und dennoch starrte ich an den Burschen vorbei auf Nat Thomas, der sich keuchend von der Erde erhob, dessen Hand in die Tasche tastete und der langsam ein Auge zukniff. Dann dröhnte Nats Revolver. Der Kleinere warf die Arme hoch, schrie gellend
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