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0013 - Ich bezwang den »Lächler«

0013 - Ich bezwang den »Lächler«

Titel: 0013 - Ich bezwang den »Lächler« Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Chef lächelte, ein gutes Lächeln.
    »Ich habe Sie immer gemocht, Joe«, sagte er freundlich. »Manche werden zum Gangster, weil es einfach in ihnen steckt, manche, weil sie Hunger haben. Ich kenne Ihren Lebenslauf so gut wie meinen eigenen. Sie wurden Gangster, weil Sie Hunger hatten. Ich bin ein Polizeimann, und Gangster ist für mich Gangster, ohne Rücksicht auf die Motive. Ich kann einen Mann nur nach seinen Taten messen. Vielleicht verstehe ich Ihre Motive und ich kenne Ihre Taten. Sie haben nie um sich geschossen. Ich weiß, daß Sie keinen Mord auf dem Gewissen haben, und ich werde Ihnen nicht mit mehr Mißtrauen begegnen, als es unbedingt sein muß. Sie haben sich Ihr Haus heute voll Leute geladen, damit morgen in der Zeitung steht, wie viele achtbare Männer Ihre Einladung nicht verschmäht haben. Sie werden nicht von mir verlangen, daß ich mich Arm in Arm mit Ihnen fotografieren lasse. Das ist nicht meine Art, aber wenn mal jemand eine Auskunft über Sie haben will, dann schicken Sie ihn zu mir. Ich verspreche Ihnen, die Auskunft wird fair ausfallen.«
    »Danke«, sagte Dolores Bender. »Danke, Mr. High.«
    Joe lächelte. »Ich überlege gerade, ob ich Ihnen als Dankeszeichen für Ihre Freundlichkeit ein paar Leute ans Messer liefern soll, hinter denen Ihre Kollegen seit Jahren her sind«, sagte er mit einem Anflug von Ironie. »Aber ich glaube, Sie mögen das nicht.«
    »Ich mag es nicht besonders«, antwortete Mr. High.
    Ein Telefon läutete. Bender bat um Entschuldigung und ging zu dem Apparat, der auf einem kleinen Tischchen stand. Er hob ab.
    »Ja«, sagte er, lauschte und wandte sich dann an den Chef. »Es ist für Sie, Mr. High.«
    Der Chef stand auf, ging hin und übernahm den Hörer. Ich konnte nur seinen Rücken sehen. Ich hörte, wie er seinen Namen nannte. Bender ging zu seiner Frau zurück und beugte sich über den Stuhl. Ich sah, wie Mr. High, den Hörer noch am Ohr, sich langsam umdrehte und die Gestalt des ›Lächlers‹ mit einem undefinierbaren Blick ansah.
    »Danke«, sagte er nach zwei Minuten, senkte die Hand und ließ den Hörer auf die Gabel gleiten.
    ***
    Als Joe Bender vor vielen Jahren die Arbeit in der Wäscherei hinwarf, und die Gruppe von Jungs um sich versammelte, mit denen er auszog, um den Clifton-Bezirk zu erobern, war einer unter diesen jungen Burschen, der auf den Namen Nat Thomas getauft war, aber seine Kameraden nannten ihn nur das ›Leichtgewicht‹, denn Nat, der ein paar Jahre älter als seine Kameraden war, hatte es einmal bis zu einem Kampf um die Bezirksmeisterschaft gebracht und hatte ihn gewonnen.
    Er fand einen Manager, der ihn groß zu machen versprach, und Nat unterschrieb den Vertrag mit ungelenken großen Buchstaben. Er durfte zweimal gewinnen und einmal unentschieden kämpfen. Dann wurde er an einen anderen ›Stall‹ verkauft und mußte gegen Leute verlieren, die den Managern besseres Geld zu bringen versprachen. Nat verstand nicht, warum er sich von einem Burschen schlagen lassen sollte, den er umpusten konnte, und er durchbrach zweimal die Abmachungen, die sein Manager mit den Managern seiner Gegner getroffen hatte, und legte die Burschen, die siegen sollten, um.
    Von da ab gaben sie ihm eine Spritze, bevor er in den Ring stieg, und Nat taumelte zwischen den Seilen umher, kassierte die fürchterlichsten Schläge und stand immer wieder auf, weil sein Sportlerherz ihm das befahl. Er begriff nicht, daß er nicht mehr gewinnen konnte, und stellte sich voller Hoffnung zu neuen Kämpfen, bis ein einsichtiger und nicht einzuschüchternder Ringarzt ihm das Boxen verbot und dafür sorgte, daß ihm die Lizenz entzogen wurde.
    Zu diesem Zeitpunkt aber war Nat schon so zerschlagen, daß sein Gehirn nicht mehr richtig funktionierte. Er war nie besonders intelligent gewesen. Mehr als ein wenig Schreiben und Lesen hatte er nicht gelernt, und vom Rechnen verstand er so wenig, daß er sich mit fünfzig Dollar abspeisen ließ, die sein Manager ihm großzügig schenkte, als er zu Boxen aufhören mußte, obwohl die Abrechnungsbücher nur Schulden aufwiesen. Für Nat war es ohnedies aussichtslos, hinter die Kniffe zu kommen, mit denen die Bücher geführt worden waren.
    Er verdingte sich als Lastträger. Die Schäden, die er im Ring erlitten hatte — Sprachstörungen, Schwerhörigkeit und einen teilweisen Gedächtnisschwund —, störten ihn bei seinem neuen Beruf nicht. Jeden Dollar, den er über zu haben glaubte, trug er in eine Sportschule, um sich fit zu halten,

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