0015 - Der Morddämon
ließ sie nicht aus den Klauen. Seine Krallenhand riß ihr das Kostüm auseinander, grub sich in ihre linke Brust und packte mit der anderen Hand ihr langes blauschwarzes Haar, um sie nicht ins Wasser stürzen zu lassen.
Erst jetzt kamen die beiden Kameraassistenten zur Besinnung. Als sie begriffen, wie dieser unheimliche Fremde mit der berühmten Nancy Chaokin umsprang, begannen sie den Landungssteg entlangzulaufen.
»Zurück!« schrie der eine. Er sprang McTrash von hinten an, doch der fegte ihn mit einem Arm zur Seite. Der junge Mann verlor die Balance und stürzte kopfüber ins Wasser.
Der andere Kameraassistent war nicht so beherzt. Er wich zurück.
Halb bewußtlos spürte Nancy die Krallenhand auf ihrer Haut.
»Hilft mir denn niemand?« wimmerte sie.
Dann wußte sie nichts mehr. Die spitzen Schneiden der Hand waren in ihren Oberkörper eingedrungen. Der andere Arm ließ Nancys Leiche einfach ins Wasser fallen.
Langsam drehte sich McTrash um. Er sah sich der Menge gegenüber, die – von Grauen gepackt – den entsetzlichsten, unverständlichsten aller Morde mit angesehen hatten.
Keiner fand den Mut, sich dem Ungeheuer entgegenzustellen. Ja, man konnte McTrash keinen Menschen mehr nennen. Er war eine Bestie geworden, seitdem Ming-Li seinen Willen gebrochen und ihn sich untertan gemacht hatte.
Triumphierend die blutige Krallenhand mit dem triefenden Herzen vor sich her tragend, setzte McTrash ein Bein vor das andere.
Schweigend, von siedender Angst gepackt, machte ihm die Menge Platz. Ganz dicht kam McTrash auch an Regisseur Rock Lemmon vorbei. Auch er war unfähig, McTrash aufzuhalten.
Niemand gebot dem Ungeheuer Einhalt. Doch gerade jetzt kreischten die Räder eines Taxis. Professor Zamorra, Bill Fleming und Nicole Duval hatten sich vom Hotel zum Hafen begeben, um den Filmaufnahmen beizuwohnen. Sie waren am vergangenen Abend von Nancy dazu eingeladen worden.
»Was ist denn hier los?« fragte Bill Fleming. Sie sahen alle zu dem hochgewachsenen Europäer hinüber, der mit ausgestrecktem rechten Arm, über den eine rote Flüssigkeit rann, unweit von ihnen über den Fahrdamm ging.
»Gehört vielleicht auch zu dem Fernsehfilm«, vermutete Nicole.
Doch das Lachen blieb ihr im Hals stecken, als sie Zamorras Stimme hörte.
»Nein!«
»Wieso?« platzte Bill Fleming heraus.
Sein Kopf fuhr herum zum Kameramann Ken Kinsly, den er auch im Hotel Queens kennengelernt hatte.
»He, was ist los?« rief Bill ihm entgegen. »Habt ihr schon angefangen?«
Der Kameramann war grünweiß im Gesicht und sah aus, als ob er sich übergeben müßte.
»Dieser Kerl«, keuchte er und deutete auf den langsam davonschreitenden McTrash, »hat Nancy ermordet – vor unser aller Augen… Es war abscheulich … Ich muß die Polizei verständigen.«
»Inspektor Brewster bearbeitet den Fall!« rief ihm Bill nach. Ein Blick auf die Miene Zamorras hatte ihm verraten, daß es sich um ein und denselben Fall handelte.
»Chef, was ist los mit Ihnen?« rief Nicole entrüstet. »Wenn Sie glauben, daß ich Sie diesem Dracula da nachlaufen lasse, haben Sie sich geirrt. Was hält der Typ eigentlich in seiner Hand?«
»Ein Herz«, sagte Zamorra. Er untersuchte seine Waffe, behielt sie in der Hand und machte Anstalten, McTrash zu folgen. »Weiß eigentlich jemand, wie McTrash aussieht?« fragte er über die Schulter zurück.
»Chef, so bleiben Sie doch hier…«, rief Nicole.
Zamorra wischte ihre Worte mit einer ungeduldigen Bewegung weg. Er folgte mit langen Schritten McTrash die sanft ansteigende Straße hinauf. Hier, rund um die Hafengegend, war um diese frühe Morgenstunde Hochbetrieb wie jeden Morgen. Wagen schoben sich auf dem Fahrdamm hin und her, auch altmodische Tragsessel, die von vier Boys getragen wurden, gab es, Dreiräder, Mopeds oder einfach bloß Handkarren, die die Allerärmsten hinter sich herschleppten, oder auch Rikschas, die nur ein Kuli zog.
Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte sich Zamorra an dem Anblick dieses bunten Treibens geweidet, doch jetzt hielt er sich nicht auf. Er begriff nicht, wieso die Fußgänger auf dem schmalen Gehsteig kaum auf den Mann mit dem blutigen Herzen in der offenen Hand achteten. Jeder ging seinen Geschäften nach, und einige Touristen machten ihm sogar lachend Platz, als er sie beinahe umgerannt hätte.
Dann, als er die Hollywood Road erreicht hatte, sah sich McTrash um.
Obwohl er Zamorra noch niemals vorher gesehen hatte, witterte er Gefahr.
Hier war die Gegend nicht so belebt wie
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