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0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

Titel: 0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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bestellt. Muß gleich kommen. Na, Cotton, wo brennt es?«
    Ich ging direkt auf mein Ziel los. »Haben Sie im Laufe dieser Woche irgendwann einmal besonders viel bares Geld in der Bank, Mister Coats?«
    Er sah mich verdutzt an. Dann fuhr er sich mit seinem Taschentuch über den fleischigen Nacken und stöhnte: »Ach, schon wieder Geschäftei Man kommt nicht mehr zu einem bißchen Privatleben. Diese verdammte Bank frißt einen, noch auf. Natürlich haben wir diese Woche einmal besonders viel Geld in der Bank. Zweimal sogar, wie jede Woche.«
    »Könnten Sie mir das genauer erklären?«
    »Kann ich, kann ich! Ah, da ist ja unser Whisky. Danke, George, ich schenke schon selber ein. Da, Cotton, cheerio!«
    »Cheerio!«
    Der Kerl war unglaublich fett und unglaublich nervös. Sein Taschentuch kam nicht zur Ruhe. Ich musterte ihn verstohlen aus den Augenwinkeln. Der Bursche würde wahrscheinlich einmal an der Manager-Krankheit sterben, das konnte man auf dem ersten Blick sehen.
    »Also wie ist es mit dem Geld?« fing ich wieder an, nachdem wir unsere Gläser abgesetzt hatten.
    »Ganz einfach!« erklärte er. »Wir müssen jeden Freitag reichlich viel Bargeld bereithalten. Das wird vormittags von den großen und kleinen Firmen abgeholt. Sie wissen ja, Freitag sind die Lohnzahlungen an die Arbeiter.«
    »Die Gelder werden vermutlich schon im Laufe des Vormittags abgeholt, nicht wahr?«
    »Ja, die meisten Firmen holen die Gelder sehr früh, damit sie noch in die Lohntüten verteilt werden können, ehe es Mittag ist.«
    »Hm. Und an welchen anderen Tagen haben Sie außergewöhnlich viel Bargeld vorrätig?«
    »An jedem Samstagnachmittag. Wir machen am Samstag um ein Uhr Schalterschluß. Sehr viele Geschäfte bringen bis zu dieser Stunde ihre ganze Wocheneinnahme, um sie nicht übers Wochenende im Hause zu haben. Manchmal bringen uns die Geschäfte am Samstag mehr Geld zurück, als wir am Freitag an die Firmen zur Lohnzahlung ausgaben. Das liegt daran, daß unser Stadtviertel, in dem wir die meisten Kunden haben, mehr ein Geschäfts- als ein Industrieviertel ist.«
    »Ich habe nur noch zwei Fragen, Mister Coats.«
    »Nämlich?«
    »Sie müssen zu jedem Freitag früh viel bares Geld bereithalten. Wo kommt das Geld her?«
    »Von der Staatsbank. Wir holen an jedem Donnerstagabend die benötigten Gelder ab und halten sie während der Nacht in unseren Tresoren in Verwahrung.«
    »Gut. Und was geschieht mit dem Geld, das bis Samstag mittag bei Ihnen eingezahit wird?«
    »Das wird am Montag früh zur Staatsbank gebracht. Früher hielt man es für zu gefährlich, soviel Geld solange im Hause zu halten, und brachte es noch am Samstagnachmittag zur Staatsbank. Aber seit ein paar Jahren geht das nicht mehr vor Montag früh.«
    »Warum?«
    »Die Gewerkschaften haben durchgesetzt, daß alle Bankangestellten samstags ab spätestens drei Uhr nachmittags dienstfrei haben müssen. Tja, wer soll dann die Gelder noch zur Staatsbank bringen? Zu so einem Geldtransport sind immer eine Menge Leute notwendig, schon aus Sicherheitsgründen. Wo soll man die hernehmen, wenn die Gewerkschaften uns in den Rücken fallen? Abgesehen davon, daß ja auch in der Staatsbank am Samstagnachmittag ab drei niemand mehr da ist, der das Geld in Empfang nehmen könnte.«
    »Und da bleibt es also bis Montag früh in den Tresoren Ihrer Bank liegen?«
    »Ja, es gibt ja keine andere Möglichkeit.«
    »Warum wird das Geld überhaupt zur Staatsbank gebracht?«
    »Gott, jede Bank hat natürlich ihre Sicherungen — aber gegen die Staatsbank kann keiner konkurrieren. Was dort liegt, kriegen sie nur mit einer Division modern ausgerüsteter Infanterie heraus. Solche Sicherheitsvorkehrungen, wie sie die Staatsbank hat, kann sich eine gewöhnliche Bank nicht leisten.«
    »Halten Sie einen Überfall auf Ihre Bank für denkbar — mit Erfolg für die Gangster, meine ich?«
    »Schwer zu sagen. Man hat es ja zweimal versucht, und es ist zweimal schief gegangen. Aber jede Sicherung, selbst die beste, hat ihre Schwächen. Wenn man es gut vorbereitet — möglich ist alles.«
    Damit konnte ich nicht viel anfangen. Ich verabschiedete mich und ging zur Tür. In der Schwelle drehte ich mich noch einmal um und fragte:
    »Nehmen Sie einmal an, Sie wären ein Gangster und wollten die States-Union-Bank überfallen. Welcher Punkt würde Ihnen am meisten zu schaffen machen?«
    Er sah mich maßlos verdutzt an.
    »Tja, eh, ich habe darüber noch nicht nachgedacht«, erwiderte er zögernd. »Aber ich

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