0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig
diesmal ohne brutale Überraschungen abgeht.«
»Sieht so aus«, sagte Phil nur.
***
Von dieser Sekunde an war uns klar, daß wir die Zeit nützen mußten. Es war keine Zeit, langwierige Teorien aufzustellen, wir mußten auf Nummer sicher gehen.
»Wir teilen uns«, sagte ich. »Dann können wir in der gleichen Zeit das Doppelte schaffen. Okay?«
»Klar.«
»Ich suche mir den Direktor der States Union Bank. Du läßt von der Zentrale per Rundspruch alle Polizeireviere der Stadt ansprechen. Irgendeiner von den Cops kennt diesen Joe McLean doch sicher. Die Stadtpolizei hat ihn doch schon zweimal verhaftet, dann müssen sie ihn auch kennen. Vielleicht wissen sie sogar, wo er sich in der Regel aufhält. Wir treffen uns hier wieder.«
»Wenn du dich nicht unterwegs totschießen läßt!« rief mir Phil noch nach, aber ich hörte nur noch halb.
Ich schwirrte ab zu meinem Jaguar. Unterwegs überdachte ich alles noch einmal in Ruhe. Phils Theorie, daß man mich beseitigen wollte, bevor man den eigentlichen Coup startete, war zwar ungewöhnlich, aber durchaus nicht unmöglich. Verbrecher kommen mitunter auf die ausgefallensten Gedanken.
Die Fingerabdrücke an dem Überrest der Sprengkapsel hatten uns eine ganze Menge erzählt. Am Fernschreiben aus der Zentralkartei waren einige Punkte auffallend: einmal hatte sich dieser McLean zweimal an einem Banküberfall beteiligt, der beide Male auf die States Union Bank gerichtet war. Das mußte seinen Grund haben. Zum zweiten war nie der Boß geschnappt worden, auch damit mußte es eine besondere Bewandnis haben, Ich unterbrach meine Überlegungen. Vor mir strebte der massige Betonklotz des Bankgebäudes in den Himmel. Ich stoppte den Wagen und stellte ihn auf einen kleinen Parkplatz, der von Schildern umstanden war auf denen geschrieben stand: NUR FÜR UNSERE KUNDEN.
Schön, ich war heute eben auch Kunde. Vielleicht ein wichtigerer Kunde, als alles was sie je gehabt hatten. Ich stieg aus und ging zu dem säulenumrahmten Hauptportal. Es war natürlich geschlossen, denn wir hatten ja längst Abend. Aber in einer Nische leuchtete ein Schild: Nachtschalter.
Ich drückte auf den Klingelknopf. Hinter dem dichten Stahlgitter wurde ein winziges Glasfensterchen geöffnet und das vertrocknete Gesicht eines Büroclerks kam zum Vorschein.
»Bitte, mein Herr«, dienerte er. »Womit kann ich Ihnen dienen?«
»Ich bin Jerry Cotton vom FBI. Wo kann ich jetzt sofort den Direktor Ihrer Bank erreichen?«
»Darf ich bitte Ihren Dienstausweis sehen?«
»Bitte.«
Er schaltete irgendeine Lampe ein, die ihren Lichtschein in meine Richtung warf, so daß ich im Hellen stand und musterte Paßbild und Wirklichkeit. Als er mir den Ausweis durch das dicke Stahlgitter zurückgab, sagte er:
»Einen Augenblick, ich werde versuchen herauszufinden, ob der General-Manager zu Hause oder wo er sonst zu erreichen ist. Ich nehme an, daß es wichtig ist, Ihr Anliegen?«
»Glauben Sie, ich würde sonst meine Freizeit dafür hergeben?«
»Gut. Einen Augenblick.«
Ich sah, daß er in dem Raum hinter dem Schalterfenster telefonierte, konnte aber nicht hören, was er sagte, weil er das Fensterchen vorher wieder geschlossen hatte. Nach etwa zwei Minuten kam er zurück zum Fenster, öffnete es und sagte:
»Der General-Manager hat in seinem Hause eine Gesellschaft. Wenn es nicht lange dauert, ist er allerdings bereit, sich Ihnen für einige Minuten zu widmen.«
»Okay, Mann, Sagen Sie schon, wo er wohnt?«
Er nannte die Anschrift und erwiderte ziemlich kühl meinen Abschiedsgruß. Ich stieg eine lichtüberflutete Freitreppe hinauf. Oben empfing mich ein Diener in einer todvornehmen Livree.
»Ich bin angemeldet«, sagte ich auf seine neugierige Blinzelei hin. »Cotton ist mein Name. FBI.«
»Sie werden erwartet. Bitte, folgen Sie mir.«
Ich ›folgte‹ ihm. Er führte mich in ein solide eingerichtetes Herrenzimmer mit wuchtigen Eichenmöbeln. Er lud mich durch eine Handbewegung ein, Platz zu nehmen. Dann verschwand er mit der Bemerkung, er werde meine Ankunft melden.
Etwa fünf Minuten später trat ein schwitzender, roter Koloß ins Zimmer, der sich mit einem seidenen Taschenluch unaufhörlich am Halse herumfuhr.
»Ich bin Jerry Cotton vom FBI«, sagte ich und stand auf.
Er hielt mir seine riesige Pranke hin und brummte mit Urbaß:
»Nett, daß Sie mich besuchen, Cotton. Ich heiße Coats, Jerry Coats genau. Ulkig, daß wir die gleichen Vormanen haben, nicht? Mögen Sie was zu trinken? Hab' schon Whisky
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