0017 - Ich gab ihm eine Chance
zusammengepreßten Lippen, es spricht alles dafür, daß der Mörder im Haus war und durch eins der Fenster auf der Ostseite schoß. Himmel und alle Engel! Vierzehn G-men des Mordes verdächtig!
Die Wut stieg mir in die Kehle. Ich ließ die Gesichter meiner Kollegen vor meinem geistigen Auge Revue passieren. Ich prüfte jedes einzelne Gesicht, ob ich ihm einen kaltblütigen Mord an Allan Chester Zutrauen konnte, und ich kam natürlich zu keinem Ergebnis.
Dafür kamen meine lieben Gangster zu dem von ihnen gewünschten Ergebnis. Ich war so in Gedanken versunken gewesen, daß ich sie gar nicht gehört hatte, als sie sich von hinten an mich heranschlichen. Mir fuhr nur plötzlich etwas Kaltes oberhalb des Herzens in die Brust, und etwas Schweres und Hartes schlug mir von hinten auf den Schädel. Und da war es vorbei. Ich sank in eine endlose Tiefe, und vor meinen Augen wechselte das grelle Rot langsam zu einem dunklen Violett, bis es schließlich ganz schwarz war.
***
Ich kam wieder zu mir, weil etwas Kaltes in mein Gesicht klatschte. Mit ein bißchen Mühe, auch mit ziemlichen Kopfschmerzen, fand ich mich in diese Welt zurück. Es dauerte aber noch ein Weilchen, bis die Umwelt klare Formen annahm, zuerst sah sie reichlich verschwommen aus.
Ich merkte, daß ich fror. Und daß meine Kleidung pitschnaß war. Kaum hatte ich es gedacht, da kam ein neuer Wasserguß über mein müdes brummendes Haupt.
Ich riß die Augen endgültig auf und knurrte böse: »Laß das!«
Ein dröhnendes Gelächter war die Antwort. Ich sah mich neugierig um. Ich befand mich in einem feudal eingerichteten Arbeitszimmer. Mir gegenüber stand ein wuchtiger Schreibtisch, hinter dem ein fetter schwitzender Kerl saß, der mich grinsend musterte. Hinter seinem Bullenschädel war ein großes Fenster, dessen untere Hälfte aus Milchglas bestand, so daß man nicht hindurchsehen konnte. Die obere Hälfte war gewöhnliches Glas, und durch die fiel ein heller Sonnenschein. Die Nacht war also herum.
Rechts vom Schreibtisch stand ein Kerl, dessen Visage mir auf den ersten Blick nicht gefiel. Er hatte ein hohles, ausgemergeltes Gesicht von ungesunder Hautfarbe und zusammengewachsenen Augenbrauen. Er sah mich mit einem Blick an, als ob er mich verschlingen wollte.
Ich musterte weiter meine Umgebung. Als ich sah, wo ich saß, mußte ich grinsen. Damit der feine Teppich nicht naß wurde, wenn sie mich durch Wassergüsse ins Bewußtsein zurückholten, hatten sie mich auf einen Stuhl gebunden und den Stuhl in einen großen Bottich gestellt. Sie mußten schon einige Eimer über mich ausgegossen haben, denn das Wasser im Bottich stand mir schon bis an die Knöchel, und da der Bottich einen Durchmesser von fast zwei Metern hatte, war das eine ganz seliüne Zahl an Eimern.
»Bist du jetzt klar?« fragte der Hagere neben dem Schreibtisch.
»Ich fühle mich erfrischt, gebadet und ausgeruht«, erklärte ich bereitwillig, obgleich es in meinem Schädel brauste, als hätten sie die Niagarafälle dort hinein verfrachtet.
»So, dann können wir ja loslegen«, sagte er.
Ich schüttelte betrübt den Kopf.
»Ich glaube kaum, daß ich ein Wort sagen werde, wenn ihr mich nicht hier aus dem Plantschbecken herausholt. Ich habe nämlich nasse Füße.«
»Wir stellen hier die Bedingungen!« schnaubte der Hagere. »Nicht du!«
»Dann sieh zu, daß deine Bedingungen erfüllt werden«, grinste ich und schloß die Augen wieder.
»Gib ihm noch eine Dusche!« fauchte der Kerl.
Patsch, kam die kalte Brühe über meinen Kopf und lief mir den Rücken hinunter.
»Ich liebe kalte Bäder«, sagte ich mit verzücktem Gesicht.
Ich hörte Schritte. Der Hagere kam heran. Er biß sich vor Wut auf die Unterlippe. Als er vor mir stand, holte er aus und schlug zu. Mir wurde übel. Die Luft blieb mir weg, und ich hörte durch mein Unterbewußtsein seine Worte wie weit entfernt: »Wirst du deinen Mund aufmachen?«
Ich sah ihm ins Auge. Er wich einen Schritt zurück.
»Wir können uns jederzeit unterhalten«, sagte ich, »sobald ihr mich aus dem Plantschbecken heraushebt.«
»Ich hab’ dir schon einmal…« schnaufte der Wichtigtuer.
»Aber Joe!« unterbrach ihn der Dicke hinterm Schreibtisch. »Ich sehe nicht ein, warum wir ihn nicht ins Trockene setzen sollen! Wir haben ihn so weit, daß er reden kann, warum sollen wir uns unnötigen Ärger machen?«
Wie alle Dicken liebte er anscheinend die Bequemlichkeit. Mir konnte es recht sein. Der Hagere protestierte zwar schwach, aber der
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