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0017 - Ich gab ihm eine Chance

0017 - Ich gab ihm eine Chance

Titel: 0017 - Ich gab ihm eine Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Werner Höber
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sich von einem Freund oder auch nur einem Kollegen heraushauen lassen zu müssen. Mit der Zeit und im Laufe der Jahre summiert sich das zusammen.« Sie sah mich so betrübt an, daß ich in Versuchung geriet, ihr tröstend über die schlanken zierlichen Hände zu streicheln. Aber ich konnte mein Frühlingsgefühl verbeißen.
    »Sie machen mir nicht gerade Mut«, sagte sie kleinlaut.
    »Mut? Wozu?«
    »Na, immerhin will ich einen G-man heiraten!«
    »Ach«, sagte ich wegwerfend, weil mir plötzlich klargeworden war, daß ich ihr nur Sorgen gemacht hatte. »Ich schneide gern ein bißchen auf. So schlimm, wie es sich bei mir anhörte, ist es wirklich nicht, glauben Sie mir das. Außerdem gewöhnt man sich auch mit der Zeit daran.«
    Jawohl, diese geistreiche Bemerkung brachte ich zustande.
    Sie lachte.
    »Mein Fall wäre es nicht. Aber ich muß wieder gehen.«
    Sie verabschiedete sich. Als die Tür hinter ihr ins Schloß gefallen war, kratzte ich mich hinter dem rechten Ohr.
    Das wurde ja immer verrückter! Steve Colling liebte Allans Frau und war auf ihn eifersüchtig. Ein sauberes Motiv. Less Hardy verscharrte etwas im Garten. Ein reichlich verdächtiges Benehmen. Bruce Pay sucht etwas in den Stachelbeersträuchern. Nicht minder verdächtig. Ja, zum Teufel noch einmal, fluchte ich innerlich: Hat denn auf einmal keiner von uns eine reine Weste?
    ***
    Im Gegensatz zum Vormittag verlief der Nachmittag ruhig. Phil kam kurz nach der Mittagspause zurück. Er hatte es nicht gewagt, die unglückliche Witwe von Allan Chester vorher allein zu lassen. Wie er berichtete, hatte er mit der willenlosen Frau so lange einige Whisky getrunken, bis sie vor Müdigkeit kaum noch sitzen konnte. Erst dann war Phil gegangen.
    »Jetzt schläft sie erst einmal zwölf Stunden«, sagte er. »Danach kann man weitersehen.«
    Später kam das Protokoll des Arztes. Es enthielt nichts Neues und war praktisch nur eine exakte und ausführliche Wiederholung dessen, was ich schon am Telefon gehört hatte.
    Wir verbrachten den Rest des Nachmittags damit, die Personalakten unserer Leute zu studieren. Als offizielle Büroschlußzeit war, legten wir gerade die letzten Mappen aus der Hand.
    »Irgend etwas?« fragte ich.
    »Nein. Kein Anhaltspunkt«, brummte Phil.
    »Bei mir auch nicht.«
    »Ein bildschöner Fall«, seufzte Phil. »Abgesehen davon, daß einer unserer Kameraden ein Mörder sein soll, läßt sich nicht einmal eine vernünftige Spur finden, um dem Kerl wenigstens auf die Fersen zu kommen. Na, mir hängt alles zum Hals heraus.«
    »Mir nicht minder. Ich werde nach Hause fahren mit einem Taxi, mir etwas Bettschwere antrinken und dann erst einmal gründlich ausschlafen. Mit ausgeruhtem Kopf sieht alles besser aus.«
    »Hoffen wir’s.«
    Wir verabschiedeten uns und zogen Richtung Heimat. Ich in einem Taxi, das ich unterwegs einmal anhalten ließ, damit ich mir etwas Trinkbares besorgen konnte. Die Wunde auf meiner Brust schmerzte scheußlich, und da fiel mir erst ein, daß sie außer Robbys Verband keine sachgemäße Behandlung erfahren hatte. Ich ließ das Taxi bei einem Hospital vorbeifahren, wo mich die Leute kannten, weil sie mich schon einigemal als Gast in ihren hübschen Betten hatten.
    Eine korpulente Oberschwester kam mir schnaufend entgegen.
    »Aha!!« nickte sie in ihrer brummigen, aber herzensguten Art. »Mr. Cotton! Natürlich! Die jungen Leute von heute können ja nicht aufpassen!«
    »Fällt Ihnen nichts auf, Schwester?« fragte ich scheinheilig.
    »Nein. Was denn?«
    »Diesmal kann ich wenigstens noch gehen!« lachte ich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Das ist in der Tat ein Wunder!« brummte sie. »Aber Sie haben bestimmt irgend etwas? Nicht wahr?«
    »Aber natürlich, Schwester!«
    »Kommen Sie mit! Der Doktor, der Sie immer behandelt hat, ist noch im Operationssaal. Er kann Sie während einer Pause zwischen zwei Operationen schnell verpflastern.«
    Tja, und das tat er dann auch. Die Oberschwester half ihm. Ich kann Ihnen sagen, es war ein Gefühl für junge Götter, als mir die Schwester mit sterilen Pinzetten die Wunde auf riß, damit sie verschnitten, desinfiziert und genäht werden konnte. Mir lief das blanke Wasser aus den Augen, ob ich wollte oder nicht.
    Als ich hinaus wollte, winkte mich die Schwester in ihr Zimmer. Sie machte ihren kleinen Schreibtisch auf und brachte — ich traute meinen Augen nicht — eine Flasche zum Vorschein, in der garantiert keine Medizin war. Sie goß uns beiden je ein Wasserglas halb voll und

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