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0018 - Die Hexenschwestern

0018 - Die Hexenschwestern

Titel: 0018 - Die Hexenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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Todesangst!
    Und Haddur wußte: So schrie nur eine Frau.
    Eine dumpfe Vorahnung überfiel ihn.
    Verzweifelt versuchte er, auf seinem Fahrrad schneller voranzukommen. Der Bergweg stieg hier schon gleichmäßig an. Dem Leutnant wurde es bei seinem Versuch, die Strecke bis zum Haus seiner Schwester schneller zurückzulegen, immer heißer ums Herz. Er schwitzte wie in einer Sauna.
    Und er spürte, wie die Angst ihm in alle Knochen kroch. Hinauf und hinunter. Seine Knie wurden weich. Er fürchtete, seine letzten Kräfte zu verlieren, aufgeben zu müssen und vom Rad zu stürzen.
    Dann sah er den schwachen Lichtschein, der aus dem Haus der Schwester auf die gespenstische Szene im Vorhof fiel.
    Sah die vier tanzenden, heulenden, singenden Gestalten. Und den dampfenden Kessel, der an dem Ast hing.
    Er fuhr so schnell er konnte.
    Da erkannten ihn die vier Mädchen. Eines von ihnen löste sich aus der Gruppe. Es war Hiara, deren rotbraune Frisur im Lichtschein wie dunkles Gold schimmerte. Der Wind ergriff dieses Haar und faltete es auseinander.
    Tausende von glänzenden Strähnen blendeten den Leutnant, wie eine explodierende Sonne kam ein greller Lichtschein auf ihn zu.
    Er sah, wie das Mädchen Hiara die Arme ausbreitete. Dann zeigte sie kurz mit dem Finger auf ihn. Achmud Haddur glaubte, von einer Riesenfaust getroffen zu werden. Er verspürte rasende Schmerzen in der Brust. Da ließ er den Lenker des Fahrrads los und stürzte zur Erde.
    Als er nach etlichen Minuten die Augen öffnete, sah er ein entsetzliches Schauspiel.
    Er hörte die Formeln der beschwörenden Hexen, er hörte den monotonen Singsang in einer urfremden Sprache. Er sah, wie die Mädchen seine Schwester mit einer Flüssigkeit einrieben, die sie aus dem dampfenden Kessel schöpften.
    »Trockene Kröten, Hundedärme, Teufelsdreck, nun wirket!« summte Clea.
    Und Irina antwortete: »Macht weich das Blut und laßt es nie gerinnen, damit wir ewig unsere Rache neu beginnen.«
    »Blut, bleibe flüssig, werde unser Trank«, sang Ana.
    Als die Hexen gesättigt schienen, wurden sie wieder auf den Leutnant aufmerksam.
    »Das ist Achmud Haddur, der Vater des jungen Achmud!« schrie Clea.
    »Dann laßt ihn uns greifen«, sagte Hiara. »Ich möchte wissen, ob sein Blut auch so süß und belebend ist wie das seines Sohnes.«
    Da drohte dem Leutnant eine zweite Ohnmacht.
    Aber er zwang sich dazu, es nicht soweit kommen zu lassen.
    Unter Aufbietung aller Kräfte rappelte er sich vom Boden auf, riß das Fahrrad hoch und schwang sich in den Sattel. Die vier Hexen verfolgten ihn, als er in schneller Fahrt den abschüssigen Bergweg hinunterraste. Einmal sah er sich um. Er fürchtete schon, diese Hexenweiber könnten ihn einholen. Sie schwebten hinter ihm her, sie flogen fast. Aber die Steigung war jetzt zum Gefälle geworden. Und dieses Gefälle erhöhte von Sekunde zu Sekunde die Geschwindigkeit des Rades.
    So entkam er den Hexen, die sich von ihm abwandten und sich wieder über seine Schwester hermachten.
    Haddur fuhr, als ob er selbst der Teufel wäre. Er brauchte für die Strecke auf dem Rückweg keine Stunde. Auf der Hinfahrt waren fast vier Stunden in dem unwegsamen Gelände vergangen.
    Jetzt wollte er alles auf eine Karte setzen.
    Er trommelte eine kleine Mannschaft zusammen. Er bewaffnete sie mit den besten und stärksten Feuerwaffen, die sie zur Verfügung hatten. Er trommelte den Polizeiobersten in Ankara aus dem Bett. Er holte sich die Erlaubnis, zwei der Bereitschaftsfahrzeuge zu benutzen.
    »Scheißdreck«, fluchte er vor sich hin. »Zwei alte Klapperkisten für ein Gebiet, das so groß ist wie das Sultanat meiner Vorfahren. Scheißarmes Land.«
    Dann heizte er den beiden Fahrern ein, in Windeseile zu tanken.
    Die Wagen brauchten keine vierzig Minuten, um den schmalen Bergweg bis zum Haus Frau Haddurs zu erklimmen.
    Sie brauchten zehn Minuten zu lange.
    Sie fanden den Kessel am Ast hängen, wie der Leutnant es ihnen gesagt hatte.
    Sie fanden die Blutspuren von der grausigen Tat.
    Sie fanden das Haus erleuchtet.
    Von den Lamias fehlte jede Spur. Genau wie auf dem Friedhof, waren auch hier keine Fußabdrücke zu finden.
    Von Frau Haddur war nichts zu sehen.
    Achmud wußte, daß die Lamias sie mitgenommen hatten.
    Wohin? fragte er sich.
    Dann stellte er sich die gleiche Frage vom Morgen noch einmal.
    Wann werde ich selbst an der Reihe sein?
    ***
    Es war nicht der Zufall, der fünf Menschen an diesem Morgen auf den Weg nach Chattusa bringen sollte.
    Der Zufall wollte

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