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0019 - Ich - und der große Ausbruch

0019 - Ich - und der große Ausbruch

Titel: 0019 - Ich - und der große Ausbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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erst nach Einbruch der Dunkelheit wieder zum Haus. Noch bevor er es betrat, kam ein Mann auf ihn zu.
    »Komm morgen nach der Schule zu mir, Jimmy«, sagte er. Und er legte nachdrücklich den Finger auf den Mund. Jimmy erkannte seinen Onkel, den alten Sheriff Richard Benderbeck. Er nickte.
    Von allen Einwohnern Bound Villages war wahrscheinlich nur der alte Benderbeck nicht damit einverstanden, daß niemand einen Versuch zu unternehmen wagte, den Gangstern die Polizei auf den Hals zu hetzen.
    Erst hatte er laut seine Meinung gesagt, aber die erwachsenen Männer schüttelten den Kopf: »Du hast gehört, was ihr Boß gesagt hat, Richard. Sie töten uns alle. Nein, lieber warten wir, bis sie abziehen.«
    Auch Benderbecks Hinweis auf die Tüchtigkeit der Polizei verfing nicht. »Die G-men finden schon eine Möglichkeit, sie zu überraschen, ohne daß sie sich an uns rächen können«, sagte er.
    Doch seine Gesprächspartner antworteten gewöhnlich: »Wie wollen sie das machen?« Darauf wußte allerdings auch der alte Sheriff keine Antwort.
    Obwohl die Häupter aller Familien der Ansicht waren, daß man nichts gegen die Gangster tun könne, gab Benderbeck seinen Plan nicht auf. Aus Protest war er zunächst ohne seinen ungeladenen Revolver auf die Straße gegangen, ohne jenen Revolver, den er seit zwanzig Jahren so selbstverständlich umzuschnallen pflegte, wie er seine Zigaretten einsteckte. Aber Collin hatte es gesehen, und er verlangte, daß der Sheriff wieder Stern und Waffe trug. Er lachte über den Alten, aber Benderbeck war besessen von dem Bedürfnis nach Erfüllung des Gesetzes, und als er bei den Erwachsenen kein Gehör fand, wandte er sich an die Kinder. Jimmy kam am nächsten Nachmittag zu ihm. Der Alte hatte Schokolade gekocht. Er bewohnte ein Zimmer im Haus seiner Tochter, das ihm gleichzeitig als Wohnund Schlafzimmer diente.
    »Wie geht es deinem Bruder?« fragte Benderbeck, während er dem Jungen die Schokolade eingoß.
    »Mutter sagt, er hätte sicherlich eine Gehirnerschütterung. Er ist immer noch ganz benommen, und sein Kopf schmerzt sehr.«
    »Die elenden Verbrecher«, knirschte der Alte. »Meinst du nicht auch, Jimmy, daß man die Polizei benachrichtigen müßte?«
    »Es geht doch nicht, Onkel Richard. Vater sagt, sie brächten uns alle um, wenn die Polizei käme.«
    »Ach, Unsinn, Jimmy. Hast du nie gelesen, wie tüchtig die G-men sind? Das sind die tüchtigsten Polizisten auf der Welt. Wenn sie nur wüßten, daß die Gangster hier sind, sie würden sie schon erledigen, ohne daß sie die Zeit fänden, uns ein Haar zu krümmen.« Benderbeck kratzte sich den grauen Kopf.
    »Aber wer soll es ihnen sagen?« fragte Jimmy und blies in die Schokolade, die zu heiß war.
    »Tja, einer von den Erwachsenen kann’s kaum machen. Sie haben ein scharfes Auge auf uns, und sie würden es sofort merken, wenn einer fehlte, aber auf Kinder achten sie nicht so genau. Sicherlich würde es ein oder zwei Tage dauern, bis sie merkten, daß einer von euch nicht im Dorf wäre.«
    »Glaubst du, ich könnte es tun, Onkel Richard?« fragte Jimmy eifrig.
    Benderbeck kniff ein Auge zu. »Wenn du mutig bist und dich genau an das hältst, was ich dir sage, könnte es schon gelingen. Sieh her!«
    Er zog eine Schublade auf und zeigte Jimmy einen starken Strick.
    »Paß auf, Jimmy, wie ich es mir gedacht habe. Ich sage deinen Eltern, ich fühlte mich nicht wohl und ich hätte es gern, wenn du bei mir schlafen würdest. Ich bin schließlich dein Onkel. Du ziehst also zu mir. Drei oder vier Tage verhalten wir uns ganz ruhig. Wir haben jetzt bald Neumond. An einem Abend dann lasse ich dich mit dem Seil aus meinem Fenster. Es ist das einzige Giebelfenster im Hause, und die Wachen haben das Augenmerk hauptsächlich nach hinten und nach vorn. Du wirst wahrscheinlich kriechen müssen, bis du ganz sicher bist, daß sie dich nicht mehr bemerken können. Natürlich darfst du dich nicht die Straße entlang bewegen, sondern du mußt einen sehr großen Bogen schlagen. Weißt du, was das ist? Das ist ein Kompaß. Ich erkläre dir an den Abenden, die wir hier zusammen sein werden, wie er funktioniert.«
    »Und wie erreiche ich die Beamten des FBI?«
    »Du mußt laufen, bis du auf Leute triffst. Du kannst es nicht riskieren, nach Conder zu gehen, weil sie am Morgen vielleicht doch merken, daß du nicht hier bist, und dann versuchen sie sicherlich, dich dort zu fassen. Du mußt laufen, bis du an den Stadtrand von New York kommst. Ich gebe dir Geld und

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