Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0019 - Ich - und der große Ausbruch

0019 - Ich - und der große Ausbruch

Titel: 0019 - Ich - und der große Ausbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
seiner grauen Raubvogelaugen über die Versammlung gleiten, sah nur gesenkte Nacken, lachte scharf.
    Dann rief er: »So, jetzt könnt ihr nach Hause gehen. Kocht Kaffee für eure Einquartierung und holt die Schinken aus den Räucherkammern. Wir können es brauchen.«
    Er packte Thomas Elvingstones Arm, beugte sich zu seinem Ohr und flüsterte: »Und von dir brauche ich die Gemeindekasse!«
    Etwa fünf Minuten später gab Collin dem Fahrer des Omnibusses sechshundertvierunddreißig Dollar.
    »Dein Lohn, Jonny, daß du mit dem Omnibus da warst, wohin ich dich bestellt hatte.«
    Der Mann, der die ganze Zeit stur hinter dem Steuer gewartet hatte, nahm das Geld.
    »Dafür habe ich es nicht getan, Fred, sondern weil du den Mund hieltest, als die Richter dich fragten.«
    Collins Lachen schnitt durch den beginnenden Morgen.
    »Ich hielt den Mund, weil ich wußte, daß ich eines Tages noch einen Mann brauchen würde, der einen Omnibus besorgen und fahren konnte.«
    Jonny, ein Bursche, der einmal ein Ding gedreht hatte, von dem Collin wußte, drückte den Anlasserknopf. Er wendete den schweren Omnibus auf der schmalen Straße. Collin sah ihm nach, bis die roten Schlußlichter endgültig in dem heller und heller werdenden Grau verschwanden.
    ***
    Ein Omnibus hatte die Einwohnerschaft Bound Villages mit einem Schlag fast verdoppelt, und gleichzeitig begann mit seiner Ankunft eine neue gesellschaftliche’ Ordnung. Bisher bewohnt von gleichberechtigten Bürgern, gab es jetzt in dem Dorf zwei Klassen von Menschen: Befehlende und Gehorchende, Bewaffnete und Unbewaffnete, Sieger und Besiegte.
    Collins Zuchthäusler wußten genau, was sie zu tun hatten. Der Hagere hatte ihnen schon im Zuchthaus eingetrichtert, was die Aufgabe jedes einzelnen in Bound Village sein würde. Unzähligemal hatte er den Grundriß des Dorfes in der Freistunde im Zuchthaus auf eine leere Zigarettenschachtel gezeichnet. Jeden der vierzig Mann hatte er noch in den Zellen des State Jail ins Gebet genommen und ihn auf seine kommende Aufgabe gedrillt. Noch in den fast vierundzwanzig Stunden, die sie in der Garage am Stadtrand verbrachten, in die sie der hinter dem Gefängnis auf sie wartende Omnibus gebracht hatte, hatte Collin den ganzen Plan noch einmal durchgesprochen.
    Jede Gruppe hatte einen Anführer, dessen Kommando absolut galt. Als erstes versorgten sich die Gangster aus den Schränken der Bewohner mit Kleidern. Sie waren nicht wählerisch. Sie nahmen auch Arbeitskluft, denn Collin hatte bestimmt, daß nicht alle als erholungssuchende Mitglieder einer Firma gelten sollten. Die beiden Männer, die den Milchtransporter Weyring zur Molkerei begleiten sollten, mußten sich als neue Hilfskräfte bezeichnen. Collin hatte zu diesem Job die beiden Harmlosesten seiner Gruppe bestimmt, deren Gesichter am unauffälligsten und alltäglichsten schienen. Für die anderen war ein streng gehaltener Wachturnus eingeführt.
    Im großen und ganzen sollten die Bewohner möglichst wenig belästigt werden. Innerhalb des Ortes durften sie sich tagsüber frei bewegen. Nur war es niemandem gestattet, allein das Dorf zu verlassen. Zwei Collin-Leute saßen ständig an den Fenstern des ersten und des letzten Hauses des Dorfes, und Collin hatte gedroht, daß jeder erschossen würde, der zu versuchen wagte, Bound Village zu verlassen.
    Der erste Tag war selbstverständlich angefüllt mit Aufregung und ständiger Erwartung unvorhersehbarer Ereignisse. Von diesen Gefühlen wurden nicht nur die Bewohner, sondern auch die Zuchthäusler gepeinigt. Die meisten von ihnen glaubten selbst nicht recht an das Gelingen des Planes. Als die beiden Ausbrecher, die Weyring zur Molkerei begleitet hatten, zurückkamen, stürzten ihre Kumpane ihnen entgegen und fragten, wie es geklappt habe. Die beiden, die mit Sorge abgefahren waren, grinsten. Es hatte tadellos geklappt. Bei der Molkerei kamen jeden Morgen fast hundert Wagen mit Milchkannen an. Niemand hatte Zeit, mit irgendwem zu schwatzen. Die Kannen wurden abgeladen, die leeren Kannen zurückgenommen, und Weyring dachte an seine Frau und seine zwei Kinder in Bound Village und hütete sich, eine Andeutung zu machen.
    Dann, kurz vor Mittag, kam wie täglich der Briefträger auf seinem Motorrad. Er stutzte, als er den ersten der Zuchthäusler am Ortseingang sah, grüßte dann »Morning, Sir!«
    Der Ausbrecher grüßte zurück. »Morning!«
    Selbstverständlich war dafür gesorgt worden, daß keine Waffe zu sehen war.
    Als der Briefträger zum

Weitere Kostenlose Bücher