002 - Die Nacht der Mumie
befürchtete für Johnnie Waite sofort das Schlimmste und suchte ihn. Er lag hinter einem alten Sofa auf dem Rücken. Bleich.
Ein Loch in der Herzgegend. Das Hemd blutgetränkt.
Zu spät! sagte ich zu mir. Du bist zu spät gekommen! Mist!
Nachdem ich mich vergewissert hatte, daß ich mit Johnnie Waite allein war, steckte ich den Diamondback weg. Meine Pflicht war es nun, die Polizei zu benachrichtigen. Während ich den Hörer abhob, dachte ich, daß ich nun nie erfahren würde, was demnächst lief.
Menschen würden in Gefahr geraten und vielleicht auch ihr Leben verlieren – und ich konnte es nicht verhindern. Das nagte schmerzhaft in mir.
Plötzlich geisterte ein Röcheln durch den Raum.
Johnnie Waite!
Wie durch ein Wunder lebte der Spitzel noch. Ich hatte das nicht für möglich gehalten. Für mich war er mausetot gewesen. Doch nun dieses Röcheln! Ich ließ den Hörer in die Gabel fallen und eilte zu dem Schwerverletzten. Seine Lider flatterten. Er hatte Mühe, die Augen zu öffnen und offenzuhalten.
»Ich bin Tony Ballard«, sagte ich hastig.
Er wollte etwas erwidern, aber er bewegte nur tonlos die Lippen.
»Ich werde einen Krankenwagen…« sagte ich, doch er schüttelte müde den Kopf. Er wußte, daß ihm kein Doktor mehr helfen konnte, daß es mit ihm zu Ende ging. Aber er schien nicht sterben zu wollen, ohne die Information losgeworden zu sein.
»Was für einen Tip wollten Sie mir verkaufen, Johnnie?«
Es kamen nur unartikulierte Laute aus seiner Kehle.
»Wer hat auf Sie geschossen?«
»G-g-g…« Er strengte sich schrecklich an. »G-o-r-d-i-e …« Er brach ab. Ich war wütend, weil ich ihm nicht helfen konnte. Es gab nichts, was ich für ihn hätte tun können. Ich konnte ihm nur zuhören. »B-e-d-ford…« rang er sich ab.
»Gordie Bedford?«
Er nickte.
»Ein Bekannter von Ihnen?«
Er nickte.
»Hat er mit der Sache zu tun, die Sie mir…?«
Er nickte noch einmal, dann war es mit seiner Kraft vorbei. Mit einem langezogenen Seufzer hauchte er sein Leben aus.
Er hatte mir zwar nicht verraten können, was genau geplant war, aber er hatte mir den Namen seines Mörders genannt. Gordie Bedford. Und dieser Kerl mußte mit einem Fall zu tun haben, der einen ungewöhnlichen Background hatte. Aus diesem Grund hatte sich Johnnie Waite an mich gewandt.
Okay, ich wollte am Ball bleiben.
Zunächst rief ich die Polizei an. Ich faßte mich betont kurz, nannte meinen Namen nicht, sagte nur, daß man sich um den erschossenen Johnnie Waite kümmern solle, gab dessen Anschrift bekannt und legte auf.
Anschließend schnappte ich mir das Telefonbuch und blätterte darin.
Nach kurzem Suchen fand ich einen einzigen Gordie Bedford. Er wohnte in der Baker Street. Ich merkte mir die Adresse, klappte das Buch zu, legte es an seinen Platz und verließ die Wohnung.
Mein Jagdfieber erwachte. Ich war einem Geheimnis auf der Spur, das ich unbedingt lüften wollte. Und Gordie Bedford würde mir dabei helfen müssen.
Ich würde ihm keine andere Wahl lassen.
Ich kann verdammt unangenehm sein, wenn es sein muß.
Beim Verlassen der Wohnung schloß ich die Tür, eilte dann die Treppe hinunter und trat auf die Straße. Niemand begegnete mir.
Das war mir sehr recht, so konnte wenigstens niemand der Polizei einen falschen Täter unterjubeln. Ich setzte mich in den Peugeot und fuhr los.
In Marylebone drosselte ich das Tempo, bog in die Baker Street ein und ließ den Wagen vor einer Bretterwand ausrollen. Das Haus, in dem Gordie Bedford wohnte, war ein altes Backsteingebäude.
Sechs Stufen führten zum Eingang hinauf. Ich öffnete die schwere Tür.
Wieder Stufen. Dann ein kurzer Gang, abgeteilt durch zwei Flügeltüren. Anschließend eine gewundene Treppe. Ich stieg sie hoch. Auf dem Gang im ersten Stock stand ein Kinderdreirad. Die Kurbel war gebrochen, die Lenkstange verbogen. Mit einem Wort: Totalschaden.
Ich lief zum zweiten Stock weiter.
An allen Türen standen Namen.
Ferdy Minnings.
Abel Jetty.
Lena Ernest.
Gordie Bedford… Hier schellte ich, und diese Klingel funktionierte. Ich läutete mit der linken Hand, während meine rechte ins Jackett glitt. Die Finger legten sich um den Kolben des Diamondback. So wartete ich. Sobald Bedford die Tür aufmachte, wollte ich ihn in die Mündung meiner Kanone gucken lassen. Aber er tat mir diesen Gefallen nicht. Die Tür blieb geschlossen. Der Killer schien nicht zu Hause zu sein.
Shit! Warum konnte nichts glattgehen?
Ich verlor die Lust am Läuten und ließ den
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