002 - Stadt der Verdammten
Panzer fand.
Die Nachrichtensendungen in den Monaten vor dem Einschlag »ChristopherFloyds« waren plötzlich so präsent, als hätte er sie gestern erst im Fernsehen gesehen. Aus ganz Deutschland hatten sich Menschenmassen im Bodenseegebiet und im Schwarzwald gesammelt, um den Rhein zu überqueren und in die Schweiz zu fliehen. Vom Süden her hatten die Massen über die Po-Ebene versucht die Alpen zu erreichen. Und von Frankreich aus über das Rheinetal und die Saöne.
Irgendein Sender hatte die Schweizer Bunkersysteme ins Gespräch gebracht, die gewaltigen Wohnbunker und unterirdischen Anlagen, mit denen die angeschlossen Teile der Alpen ausgehöhlt hatten. Danach gab es kein Halten mehr. NATO-Einheiten waren aufmarschiert, um die Flüchtlingsmassen aufzuhalten…
Ob dieser moosgewachsene Koloss noch funktionierte?
Matt wandte sich den Baracken zu. Flache Betonhallen - vermutlich Garagen und Werkstätten. Die Rolltore vor ihren Eingängen ließen sich nicht bewegen. Mit dem Speerschaft zerstieß Matt eines der schmalen Fenster. Erholte seine Stablampe aus dem Notfallkoffer und leuchtete hinein. Der Lichtkegel der Lampe fiel auf einen weiteren Panzer.
Matt stieg durch die Öffnung in die Baracke. Kaum berührten seine Füße den Boden, rutschte er aus und schlug lang hin. Der Boden war schlammig. Es roch nach Öl. Er tastete nach der Lampe, die ihm entfallen war. Ihr Lichtstrahl zerschnitt die Finsternis, fiel nacheinander auf zwei Panzer, einen zusammengebrochenen LKW, auf zahllose Metallteile entlang der Wände, einen Öltank und auf die Karosserie eines Hummer-Jeeps. Der Wagen stand in einer Arbeitsgrube.
Matt fiel auf, dass so gut wie keine Pflanzen auf dem schlammigen Boden wuchsen. Vorsichtig und mit kleinen Schritten pirschte er sich an die Arbeitsgrube heran. Im Lichtkegel seiner Lampe sah er, dass der Hummer bis zur Kühlerhaube in einer schwarzen Flüssigkeit stand. Offensichtlich war Öl ausgelaufen, hatte den Boden bedeckt und war in die Grube geflossen.
Matt ging in die Hocke und leuchtete das Innere des Wagens aus. Das Lenkrad war fast vollständig erhalten. Wahrscheinlich ein widerstandsfähiger Kunststoff. Das Öl reichte fast bis zur Lenksäule: Von den Sitzlehnen waren nur noch Metallstreben zu sehen. Etwas ragte unterhalb des Lenkrads aus dem Ö1. Ein kleines schwarzes Ding. Es hatte die Form eines ungleichmäßigen Dreiecks.
Eine schwarze Kapsel saß auf seiner Spitze.
Matts Augen verengten sich. Wie elektrisiert fixierte er das Ding. Und dann hatte er es: Es war ein Kornhalter am Ende eines Gewehrlaufs!
Ein Gewehr in Getriebeöl hatte möglicherweise die Zeiten überdauert!
Matt überlegte kurz, Fellumhang und Pilotenanzug abzulegen, um nackt in die mit Öl gefüllte Arbeitsgrube zu steigen - er hatte keine Lust, später in ölgetränkten Klamotten herumzulaufen -, doch dann entdeckte er ein Ablassventil. Das Schwungrad war eingerostet, doch mit einem herumliegenden Metallrohr als Hebel vermochte Matt es zu bewegen.
Fünf Minuten später war die zähflüssige Substanz bis auf einen hartnäckigen Rest abgelaufen, und Matt wagte sich über die schräg hinabführende Rampe in die Grube hinein. Die Lampe hatte er so auf die Kante gelegt, dass ihr Lichtkegel ins Innere des Wagens fiel. Matt zog die Tür des Jeeps auf und beugte sich in den Innenraum. Im Lichtkegel sah er Laufrohr, Magazin, Abzugsbügel, Griff und Schulterstütze. Ein automatisches Gewehr!
Mit seiner Beute in Händen stieg Matt aus der Kuhle. Mit dem Fell reinigte er das Gewehr vom Öl. Es war eine M 20 von Heckler & Koch aus einer neuartigen Carbon-Magnesium- Legierung. Ein Modell, das erst um
2005 an die US-Army und die NATO- Truppen ausgegeben worden war. Das Magazin war voll, aber natürlich nicht mehr zu gebrauchen. Das Öl hatte die Munition verdorben.
Matt packte seine Sachen und das Gewehr, eilte über den verwilderten Kasernenhof und zog eine der Metallkisten von der Ladefläche eines LKW-Wracks. Er stieß einen Triumphschrei aus, als er den Inhalt der Kiste sah: Munitionsmagazine für automatische Gewehre. Die Plastikhülle, in die man sie einst eingeschweißt hatte, klebte in grauen Fetzen an den bananenförmigen Bügeln aus grauem Polycarbon. Matt befreite eins der Magazine von der klebrigen Hülle und steckte es ins Magazinschloss. Er legte den Sicherungshebel um und zielte auf eine von Efeuranken verhüllte Straßenlaterne.
Er zog durch. Der Schuss zerriss die Stille über der Totenstadt, Glas
Weitere Kostenlose Bücher