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0020 - Der Mord, der mir den Atem nahm

0020 - Der Mord, der mir den Atem nahm

Titel: 0020 - Der Mord, der mir den Atem nahm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: der mir den Atem nahm Der Mord
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einer drehbaren Eisenstange bestand. Wenn das freie Ende des Riegels waagerecht lag, griff es hinter eine Krampe und verschloß damit die Tür. Wenn man sie öffnen wollte, mußte man den Riegel senkrecht hochstellen. Ich probierte es und besah mir die Tür von außen. Dort hatte sie weder Riegel noch Klinke, sondern nur einen aufgesetzten großen Messingknopf, der keine Verbindung mit dem Schloß hatte, das von der Klinke bewegt wurde. Es war also ganz ausgeschlossen, die Tür von außen zu öffnen. Man konnte sie nur von draußen ins Schloß ziehen. Aber dann war innen natürlich der Riegel noch offen.
    »Ihr habt den Riegel geschlossen vorgefunden?« fragte ich noch einmal.
    »Ja!«
    So etwas Verrücktes! Nach meiner Ansicht vom Verlauf der Tat war das eigentlich ganz unmöglich, daß die Verandatür durch den Riegel von innen verschlossen sein konnte. Aber die Tatsachen sprachen nun einmal dagegen.
    Ich musterte den Teppich unmittelbar vor der Tür. Aber meine Vermutung bewahrheitete sich nicht. Ich war nahe daran, an meinem Verstand zu zweifeln.
    »Na, haben Sie etwas entdeckt, G-man?« fragte einer der Zwillinge.
    Ich nickte:
    »Ja, ich habe eine tolle Beobachtung gemacht.«
    »Was denn?«
    »Der Mann, der diesen Mord ausführte, muß die Fähigkeit haben, sich aufzulösen. Oder er kann wie ein Geist durch Schlüssellöcher entkommen. Toll, was?«
    Sie sahen mich an, als hätten sie ein Studienabjekt aus einem Irrenhaus vor sich. Ich verzichtete darauf, ihnen meine Gedanken zu erklären. Jeder Mensch hat seinen Kopf, um damit zu denken. Wer es nicht tut, dem soll man nicht die Arbeit abnehmen.
    »Sind an der Tür, die in die Diele führt, Fingerabdrücke gesichert worden?«
    »Ja, aber nur außen. Innen waren keine. An der Türklinke außen ist der saubere Abdruck einer sehr schmalen und zierlichen rechten Hand. Wahrscheinlich von einer Frau.«
    »Auch das noch!« knurrte ich.
    Draußen in der Diele sah ich zufällig den Doktor. Ich stürmte durch die offenstehende Tür hinaus und zog ihn am Ärmel.
    »He, Doc! Noch eine Frage: Kann der Mord auch mit einem Gewehr ausgeführt worden sein? Dieses Kaliber vielleicht?«
    Ich hielt ihm die Patrone aus meiner Manteltasche unter die Nase. Er musterte sie kurz und nickte dann:
    »Ja, das ist möglich. Bis ich die Kugel aus dem Körper herausgeschnitten habe, müssen wir diese Frage offenlassen. Nach den Wundrändern könnte es sein.«
    »Vielen Dank, Doc!« rief ich aus und grinste. Als ich wieder im Wohnzimmer stand, fragte ich:
    »Na, Boys, welches Fenster stand offen, als ihr hier ankamt? Auf welchem sitzen die Fingerabdrücke?«
    Die beiden Holdways schüttelten energisch den Kopf:
    »Irrtum, G-man! Als wir hier ankamen, waren sämtliche Fenster geschlossen, so wie sie jetzt noch sind. Und mit den Fingerabdrücken müssen wir sie enttäuschen. Es sind nämlich an beiden Fenstern keine dran. So leid es uns tut.«
    Ich ließ mich in einen Sessel fallen und lachte verlegen.
    »Was ich gesagt habe!« brummte ich. »Es war ein Geist!«
    ***
    Ich hatte eine Zigarette geraucht, dann war ich mir darüber klar geworden, was ich als nächstes tun wollte. Eigentlich ödete mich die ganze Geschichte schon an, denn was hier gemacht wurde, das war eine Wissenschaft für sich. Ich habe Gangsterbanden ausgehoben, und da ging es knapp und männlich zu. Man sagte ihnen, sie sollten ihre Kanonen wegwerfen, und sie taten es nicht, sondern schossen aus allen Knopflöchern. Da wußte man, woran man war, und schoß zurück. Ein bißchen kaltblütiger vielleicht, aber man kämpfte eben, wie ein Mann kämpfen soll, wenn die Zeit dafür reif ist. Hier wurde auch gekämpft, aber mit Lupen und Fingerabdrücken, auf eine nüchterne und absolut unpersönliche Art. Fast maschinell. So etwas ist nicht mein Fall.
    Und doch hielt mich hier etwas fest in diesem Hause. In neunundneunzig von hundert ähnlichen Fällen hätte ich mich umgedreht und gesagt: ›Leben Sie wohl, Lieutenant, führen Sie Ihre Mordkommission schön an den Täter heran. Ich komme morgen wieder und sehe mal, was die Sache macht.‹ — Hier ging es einfach nicht. Ich hatte das vielleicht idiotische Gefühl, als gäbe es in diesem Hause einen Menschen, der auf mich gewartet hätte. Ich weiß, es ist ein dummes Gefühl, aber ich hatte es eben.
    Langsam stieg ich die Treppe zum Obergeschoß hinan. Ich klopfte an die Tür. Die Antwort kam leise. Ich trat ein. Sie saß immer noch in dem Sessel, in dem ich sie zuerst gesehen hatte.

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