0020 - Der Mord, der mir den Atem nahm
vernehmlich an die Tür. Sie rief:
»Come in!«
O'Marra und George Bros betraten das Schlafzimmer.
Sie hatten feierliche Gesichter. Sie wissen etwas, dachte ich. Sie haben die Sache schon geklärt. Jetzt sagen sie es ihr, daß sie sich keine Sorgen mehr zu machen braucht. Nun ist alles gut.
»Mistreß Debora Haters«, sagte George mit steifer Miene. »Ich habe die traurige Pflicht, Ihnen mitzuteilen, daß Sie wegen dringenden Mordverdachtes verhaftet sind. Der Haftbefehl wird Ihnen nach den Gesetzen innerhalb von vierundzwanzig Stunden vorgelegt werden. Ich muß Sie außerdem darauf hinweisen, daß alles, was Sie von jetzt ab sagen oder tun, gegen Sie verwendet Werden kann.«
Das Whiskyglas fiel mir aus der Hand und zerbrach mit einem häßlichen Geräusch. Der goldbraune Whisky färbte den Teppich augenblicklich zu einem dunklen, feuchten Fleck. Wie die Blutlache im Wohnzimmer.
***
»Augenblick!« rief ich. »George, kommen Sie mal mit raus! Ich muß mit Ihnen sprechen.«
Wir gingen hinaus in den Flur des oberen Stockwerkes.
»Was um alles in der Welt veranlaßt Sie denn auf einmal, die Frau zu verhaften, George?«
»Alle Verdachtsmomente sprechen so eindeutig gegen sie, Jerry, daß mir gar keine andere Wahl bleibt!«
»Ach was! Wenn Sie von den Verdachtsmomenten ausgehen, dann ist der Gärtner mindestens genauso verdächtig. Und Miß Tudor ist auch nicht astrein. In dem, was sie erzählt, sind ganz offenkundige Widersprüche. Dann müssen Sie die beiden auch verhaften.«
»Leider nein, Jerry. Die Aussagen ergeben einwandfrei, daß heute früh kein fremder Mensch im Hause war. Es hatte aber auch keiner eine Möglichkeit, hereinzukommen! Miß Tudor war im Keller, ob sie dort nun Holz gehackt oder nicht Holz gehackt hat, bleibt sich gleich. Die Frau bestätigt, daß sie im Keller war. Dann kann auch niemand durch den Keller hereingekommen sein. Durch die Haustür kann schon gar keiner das Haus betreten, denn die Haustür ist von innen verschlossen, und die Frau sagt außerdem aus, daß sie es hätte hören müssen, wenn jemand durch die Haustür in die Villa gekommen wäre. Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen, Jerry: es kann doch nur die Frau gewesen sein nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen! Und ich kann nichts anderes als meine Pflicht tun.«
»Okay«, knurrte ich, »dann tun Sie Ihre verdammte Pflicht!«
Und damit sauste ich auch schon die Treppe hinunter. Jetzt war die Haustür nicht abgeschlossen. Ich lief den langen Kiesweg entlang nach vorn zur Straße. Dort standen einige Neugierige herum, die von den uniformierten Cops aber in gebührender Entfernung gehalten wurden. Ich kletterte in meinen Jaguar und zischte los wie ein Besessener. Die Polizeisirene an meinem Wagen verschaffte mir freie Bahn und ich nahm den Fuß nicht vom Gaspedal herunter, bis ich wieder vor unserem Districtsgebäude stand.
»Ist der Chef noch im Hause?« rief ich dem Pförtner zu, als ich an ihm vorbeistürmte.
»Ja, Jerry!« hörte ich ihn mir nachrufen.
Ich rannte hinauf und klopfte an die Tür. Mister Highs Stimme rief laut: »Come in!«
Ich riß die Tür auf und marschierte hinein.
»Jerry?« sagte er verwundert. »Und so außer Atem? Ist eine überraschende Wendung in der Sache eingetreten?«
Ich ließ mich in den Sessel vor seinem Schreibtisch fallen.
»Chef«, sagte ich. »Wenn Sie auch nur einen Hauch Sympathie für mich empfinden, dann reißen Sie den Fall aus den Händen der Citizen Police! Ich habe nur nette Menschen unter der Mordkommission gefunden. Aber sie arbeiten getreu nach Schema F. Ich glaube, im extremen Fall wäre ihnen die Einhaltung der Dienstvorschriften wichtiger als die Klärung eines Kriminalfalles.«
Mister High sah mich ruhig an. »Irgend etwas an Ihnen ist verändert, Jerry«, sagte er. »Ich weiß noch nicht was, aber ich denke, es wird sich heraussteilen. Nun berichten Sie erst einmal, wie die ganze Sache bisher verlaufen ist.«
Ich erzählte alles. Danach fragte er: »Anhaltspunkte für ein Hineinspielen der Politik haben Sie noch nicht finden können?«
»Nein, Chef.«
Er zuckte bedauernd die Achseln. »Dann tut es mir leid, Jerry! Auch ich bin an die Dienstvorschriften gebunden, ob ich es nun gut finde oder nicht. Ich kann der Stadtpolizei nicht einen Mordfall wegnehmen, für den sie nun einmal zuständig ist.«
Ich stand auf.
»Chef«, sagte ich. »In unserem Hafen steht eine Freiheitsstatue. Die soll doch mehr als nur das Wahrzeichen dieses Hafens sein. Wenn
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