0020 - Die Rache der Medusa
Wenn uns etwas Verdächtiges auffällt, sollen wir uns sofort mit den Männern in Verbindung setzen.«
»Blanker Unsinn, Nicole. Wir dürfen die beiden nicht bloß auf einen vagen Verdacht hin hierherlocken. Das wäre nicht klug.«
»Fest steht, daß wir den Wagen nicht verlassen dürfen!«
»Ich bin ja auch gleich wieder zurück.« Mireille stieß die Tür auf und schwang ihre langen schlanken Beine nach draußen.
»Bleib doch hier, zum Kuckuck!« ärgerte sich Nicole.
Da war Mireille Dorleac aber schon aus dem Wagen gestiegen.
»Wie kannst du nur so unvernünftig sein, Mireille! Du gerätst dadurch womöglich in große Gefahr!« rief Nicole Duval. »Komm zurück, Mireille!«
Nicoles Freundin hatte die Tür hinter sich zugeworfen. Sie ging auf den Parkeingang zu, als würde sie von ihm magisch angezogen.
Verständnislos wollte auch Nicole den Wagenschlag aufreißen.
Er schien zu klemmen.
Mireille entfernte sich inzwischen immer mehr vom Volkswagen.
Nicole warf sich verzweifelt gegen die klemmende Tür.
Es gelang ihr nicht, sie zu öffnen. Sie fand das äußerst merkwürdig, weil sie diese Schwierigkeit noch nie gehabt hatte.
Schnell glitt sie vom Lenkrad weg auf die Beifahrerseite hinüber.
Mireille hatte bereits den finsteren Parkeingang erreicht.
Nicole versuchte nun die andere Tür aufzudrücken und aus dem Wagen zu springen. Doch auch diese Tür ließ sich trotz heftigstem Rütteln nicht öffnen.
Jetzt begriff Nicole Duval, daß sie in einer magischen Falle saß.
Entsetzt stürzte sie sich auf das Sprechfunkgerät. Sie wollte Professor Zamorra herbeirufen, denn nun brauchten sie und Mireille dringend Hilfe. Mireille noch mehr als Nicole.
Doch das Gerät funktionierte nicht. Es rauschte und knackte bloß blechern aus dem Lautsprecher.
Nicole versuchte aufgeregt, durch das Fenster zu klettern.
Da verspürte sie mit einemmal ein gewaltiges Brausen, das in ihrem Innern entstand und von ihr so heftig Besitz ergriff, daß sie am ganzen Körper heftig zu zittern begann.
Eine furchtbare Kälte befiel sie. Sie klapperte mit den Zähnen und fühlte ihre Sinne schwinden. Mireille war nicht mehr zu sehen.
»Mireille!« krächzte Nicole Duval verzweifelt. Eine eiskalte Hand umschloß ihren Hals und drückte ihn erbarmungslos zu. Eine Hand, die sie nicht sehen konnte. Eine Hand, die sie nur fühlte. Vielleicht bildete sie sich diesen Druck auch nur ein. Keuchend rang sie um Atem. Sie kämpfte um ihr Leben.
Nicole schlug verzweifelt um sich.
Sie warf sich immer wieder gegen die geschlossene Tür. Sie versuchte durch das offene Seitenfenster zu entkommen, doch die magische Falle ließ sie nicht los.
»Mireille!« preßte sie erstickt hervor, und sie glaubte zu wissen, was das alles zu bedeuten hatte.
Mireille ging soeben in den Tod.
Und damit Nicole ihr nicht helfen konnte, hatte die Medusa diese magische Falle errichtet, die niemand zu durchbrechen vermochte.
Kalter Schweiß perlte auf Nicoles Stirn. Sie verdrehte die Augen, fühlte eine tiefe Ohnmacht auf sich zurasen, wollte dagegen ankämpfen, wußte aber, daß sie diesen Kampf nicht gewinnen konnte.
Sie war einfach zu schwach dazu.
Während sie sich noch mit letzten Kräften gegen die Lähmung ihres Geistes wehrte, gaukelten ihr ihre brennenden Sinne ein häßliches Männergesicht vor. Es war unrasiert, vernarbt, hatte stechende Augen und grinste widerwärtig.
Nicole wußte nicht, was diese Erscheinung zu bedeuten hatte.
Das Gesicht kam auf sie zu.
Sie empfand Ekel davor.
Ehe das Gesicht sie erreicht hatte, verlor sie mit einem tiefen Seufzer das Bewußtsein.
***
»Nicole, Mireille!« rief Professor Zamorra aufgeregt ins Mikrofon. Er schaute Mehmet Akbar besorgt an. »Das gefällt mir nicht! Gefällt mir ganz und gar nicht! Wieso melden sich die beiden Mädchen nicht? Sie müßten doch auf Empfang geschaltet haben!«
Akbar setzte das Fernglas ab.
»Meinen Sie, daß Grund zur Sorge ist, Professor?«
»Ich finde es in höchstem Maße eigenartig, daß sie nicht antworten.«
»Vielleicht ist ihr Gerät ausgefallen.«
»Das wäre fatal. Ausgefallen. Ein neues Gerät…«
»Das kann auch bei neuen Geräten passieren.«
»Ja. Aber daß es gerade heute nacht passiert will ich nicht als Zufall gelten lassen, Mehmet. Da stimmt irgend etwas nicht, sage ich Ihnen.«
»Wollen Sie die Mädchen suchen?«
Zamorra lachte bitter.
»Wo denn suchen? Sie können überall sein. Wir kennen ihre Position nicht.«
»Versuchen Sie es noch mal,
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