0020 - Die Rache der Medusa
müssen wenigstens irgend eine Sicherheit haben können. Das wird ihnen bestimmt sehr viel Mut geben. Und Mut werden sie brauchen, darüber besteht ja kein Zweifel.«
***
»Hier werde ich auf sie warten. Hier, wo sie meinem Freund zum ersten Mal begegnete«, hatte Mustafa Bursa gesagt. Und er hatte von verschiedenen Dingen gesprochen, die er sich besorgt hatte und in denen ein geheimer Zauber wohnen sollte, der ihn beschützen würde, wenn die Medusa zu ihm kam.
Zamorra und Akbar waren zu ihm unterwegs.
Der Abend war kühl. Am Tag hatte es zwar viel Oktobersonne gegeben, doch der Herbst forderte nun sein kaltes Recht. Über das Goldene Horn pfiff ein nasser Wind, der vielleicht Regen bringen würde.
Sie kamen flott vorwärts.
»Im Juli und August kommen Sie hier nur im Schrittempo weiter«, sagte Akbar, der den Ford steuerte.
»Das ist die Schattenseite des Massentourismus«, sagte Zamorra.
»Auf der anderen Seite könnte kein Land auf die wichtigen Devisen verzichten. Auch die Türkei nicht.«
»Das ist richtig«, nickte Akbar.
Zamorra griff sich das Sprechfunkgerät und drückte die Sprechtaste.
»Hallo, ihr beiden! Sprechprobe! Hört ihr mich?«
»Ja, Professor! Wir hören Sie so gut, als säßen Sie im Fond unseres Käfers!« kam es aus dem Lautsprecher. Mireille hatte gesprochen.
Sie hatte Nicole das Steuer überlassen.
»Wo fahrt ihr gerade lang?« wollte Professor Zamorra wissen.
»Wir kamen soeben an der Dolmabahce-Moschee vorbei.«
»Irgendwelche Vorkommnisse?«
»Bis jetzt noch nichts, Professor.«
»Merkt euch, sobald ihr das Schlangenhaupt seht, schreit ihr Feuer, verstanden?«
»Jawohl, Professor!« rief Mireille Dorleac gespielt militärisch.
»Und vergeßt nicht, eure Position zu nennen, damit wir wissen, in welche Richtung wir zu rasen haben!«
»Wird gemacht, Professor!«
»Ende!« sagte Zamorra.
»Ende!« kam es aus dem Lautsprecher.
»Funktioniert prima!« sagte Zamorra zufrieden.
»Hoffentlich funktioniert es im Ernstfall genauso gut«, brummte Mehmet Akbar besorgt.
»Tun Sie mir einen Gefallen, Mehmet! Seien Sie nicht so furchtbar pessimistisch!« bat Professor Zamorra.
Dann erreichten sie die Hagia Sophia.
***
Mustafa Bursa hockte in seinen zerschlissenen Kleidern auf dem Boden. Als er Zamorra und Akbar kommen sah, erhob er sich. Er sah müde aus, und er sagte den Männern, daß er seit dem Tod seines Freundes kaum geschlafen hatte. Allabendlich kam er hierher, um auf das schöne Mädchen zu warten, das seinen Freund Ahmet in diese höllische Falle gelockt hatte.
»Sie werden zusammenklappen, wenn Sie so weitermachen, Mustafa«, warnte Professor Zamorra den Geldwechsler.
»Was raten Sie mir, Professor?«
»Sie sollten eine Nacht mal zu Hause bleiben.«
»Ob ich zu Hause nicht schlafe oder ob ich es hier nicht kann, ist doch egal. Ich werde auf dieses Mädchen warten, denn ich weiß, daß sie kommen wird.«
»Als ich mit Ihnen das erstemal sprach, hatten Sie Angst, Mustafa.«
Der junge Geldwechsler schüttelte langsam den Kopf.
»Jetzt nicht mehr, Professor. Allah wird mich beschützen. Ich habe Vertrauen in seine grenzenlose Macht. Er wird an meiner Seite stehen, wenn mir dieses Mädchen entgegentritt. Er wird mich beschützen. Ich habe ihn um Hilfe gebeten, und ich bin sicher, daß er meine Bitte erhören wird.«
»Haben Sie etwas dagegen, wenn wir beide auch auf Sie aufpassen? Ich meine, wir wollen Allah natürlich nicht ins Handwerk pfuschen«, lächelte Zamorra.
»Sie sollten nicht so despektierlich von meinem Gott sprechen, Professor. Ich tue das von Ihrem auch nicht.«
»Verzeihen Sie, Mustafa.«
Bursa nickte grimmig. »Wie geht es Mademoiselle Nicole?«
»Gut«, sagte Zamorra. »So hoffe ich jedenfalls. Sie haben noch nicht auf meine Frage geantwortet, Mustafa.«
»Auf Ihre Frage?«
»Wir möchten gern ein Auge auf Sie haben.«
»Dann sind Sie also auch der Meinung, daß dieses Mädchen zu mir kommen wird?«
Zamorra zuckte die Achseln.
»Es ist eine von vielen Möglichkeiten, Mustafa. Aber es ist eine reale Möglichkeit.«
Bursa schaute Akbar nachdenklich an. Er überlegte nicht lange, schüttelte dann energisch den Kopf.
»Diese Sache muß ich allein durchstehen, Professor. Es ist sehr nett, daß Sie mir helfen wollen, aber ich muß damit allein fertig werden.«
»Wer sagt das?«
»Das sagt mir mein Gewissen. Ich bin es meinem Freund Ahmet schuldig.«
»Wir würden nicht hier neben Ihnen stehen bleiben«, meinte nun Mehmet Akbar. »Wir
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