0024 - Der unheimliche Mönch
geheimnisvolle grüne Wand vor ihr. »Die Nerven«, sagte Jane zu sich selbst. Langsam ging sie zurück.
Nadine Berger hatte inzwischen ihren Auftritt. Der Regisseur dirigierte sie zu der Kapelle, deren Tür noch leidlich erhalten war. Nadine mußte aus der Kapelle hervortreten, für einen Moment stehen bleiben und dann auf ihren Retter zulaufen, während der rote Mönch versuchte, ihr den Weg abzuschneiden.
So ungefähr sollte die Szene laufen.
Nadine Berger verschwand auch in der Kapelle.
Jane wollte sich die Szene genau ansehen. Sie schlug einen Bogen und erreichte die Kapelle von der anderen Seite. Sie blieb im Hintergrund und stand im schrägen Winkel vor der Tür.
»Nadine, komm!« rief Jeff Roberts.
Janes Blicke wanderten höher, am Mauerwerk der Kapelle entlang, erreichten das Dach.
Plötzlich stockte Jane Collins der Atem.
Wie von Geisterhand bewegt, löste sich ein schwerer Balken aus der Dachverkleidung. Er würde im nächsten Atemzug das Übergewicht bekommen und Nadine Berger erschlagen…
***
Der Alte war schon ein paar Schritte vorgelaufen.
»Moment mal«, rief ich. »Bleiben Sie bitte stehen, Mister.«
Unwillig drehte sich der Mann um. Sein finsterer Blick fixierte mich. »Sie gehören doch auch zu den Filmfritzen, nicht wahr?«
»Nein.«
»Was haben Sie denn dann bei denen zu suchen?«
»Das will ich Ihnen ja gerade erklären.«
Der Alte nahm seinen prüfenden Blick noch immer nicht von meinem Gesicht. »Sie haben gute Augen, junger Mann. Was wollen Sie also?«
»Können wir das nicht bei einem kleinen Schluck besser besprechen?« fragte ich und lächelte. »Ich heiße übrigens John Sinclair und komme aus London.«
»Mein Name ist Kevin Gordon. Wenn Sie mich schon einladen, dann nehmen wir einen Schluck. Aber nicht in der Goldenen Gans.«
»Schlagen Sie ein Lokal vor.«
Wir gingen in eine schmale Pinte, die überhaupt keinen Namen hatte.
Kevin Gordon bestellte einen Krug dunkles Bier. Ich hielt mich an einer Flasche Tonicwater fest.
»Und was wollen Sie jetzt wissen?« fragte er mich.
»Die Geschichte vom roten Mönch.«
Er nahm einen tiefen Schluck. »Sind Sie von einer Zeitung, Mister Sinclair?«
Ich schenkte dem Alten reinen Wein ein. »Nein, ich bin Oberinspektor bei Scotland Yard.«
»Noch schlimmer. Dann glauben Sie sowieso nicht daran.«
»Lassen Sie es doch mal darauf ankommen.«
Er grinste verschmitzt. »Gut, ich will nicht so sein. Also hören Sie zu. Die ganze Sache spielte sich vor ungefähr achthundert Jahren ab. Damals war hier der Count of Hampshire der große Mann, der das Sagen hatte. Die Menschen fürchteten ihn. Er preßte aus den Bauern heraus, was er nur bekommen konnte. Und er hatte einen Helfer. Den roten Mönch. Die Woodlawn Abtei hatte er selbst mit aufgebaut. Die anderen Mönche waren fromme Brüder, nur ihr Abt galt als verdorbener Kerl. Auf dem Schloß des Grafen nahm er an wilden Orgien teil, und irgendwann einmal kam die Sprache auch auf die Schwarze Magie. Der Mönch machte den Vorschlag, und der Graf war sofort Feuer und Flamme. Er finanzierte die Forschungen. In seinem Schloß wurde eine regelrechte Hexenküche eingerichtet. Den Abt sah man kaum noch auf Woodlawn Abbey. Er verbrachte die meiste Zeit auf dem Schloß. Irgendwie muß es den beiden auch gelungen sein, den Satan zu beschwören, auf jeden Fall wurde der Count of Hampshire immer mächtiger. Und grausamer dazu. Er kannte kein Erbarmen. Die Bauern und kleinen Handwerker wurden in die Enge getrieben. In ihrer miesen Lage wandten sie sich an die Mönche des Klosters. Sie schlossen einen Pakt mit ihnen gegen den Abt.« Kevin Gordon nahm einen Schluck. »Wollen Sie weiterhören?« fragte er.
»Natürlich.«
»All right. Die Menschen überredeten die Mönche also zu einem Aufstand. Eines Tages – so erzählt es die Geschichte – als der Mönch wieder einmal in die Abtei zurückkehrte, war es soweit. Er wurde überwältigt, und dann preßten sie ein Geständnis aus ihm heraus. Der rote Mönch gab alles zu, auch, daß er seine Seele an den Teufel verkauft habe. Daraufhin traute sich niemand mehr, diesen Mann zu töten. Jeder fürchtete die Rache der Hölle. Dafür bestraften sie den Mönch aber auf andere Weise. Er wurde lebendig begraben.«
»Wo?«
»In der Abtei. Man legte ihn in einen Sarkophag und stellte diesen in die tiefste Grube. Es gibt dort zahlreiche geheime Gänge und Verliese. Der Sarkophag aber wurde mit einem Bann belegt. Seitdem hat niemand mehr über den roten
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