0024 - Der unheimliche Mönch
Menschen stürzten auf mich zu, wollten mich umrennen. Jeder versuchte, rasch den Ausgang zu erreichen. Ich sah in junge, angstverzerrte, panikerfüllte Gesichter. Tische und Stühle kippten um, hinderten die Flüchtenden. Knirschend brach das Holz. Die Kräftigen schlugen sich den Weg frei, rannten die anderen einfach um.
Meine Fäuste arbeiteten wie ein Dreschflegel. Ich mußte mir einen Weg freischlagen, um an den Brandherd zu gelangen.
Immer näher kam ich dem Balken.
Die Flammen umtanzten ihn auf halber Höhe. Ich riß mir die Jacke vom Leib, schlug einen jungen Mann, der mich in seiner Angst anspringen wollte, zur Seite, warf mich auf den Balken zu und wickelte die Jacke um die untere Hälfte.
Mit meinem Körpergewicht preßte ich mich dagegen. Der beißende Qualm drang mir durch Mund und Nasenlöcher. Ich keuchte und hustete, wurde durchgeschüttelt, gab aber nicht auf. Wenn der Träger brach und ein Teil der Dachkonstruktion zu Boden stürzte, würde es Tote geben. Das wollte ich unter allen Umständen vermeiden.
Meine Jacke verkohlte. Ehe die Brieftasche mit den Papieren auch verbrennen konnte, schob ich sie unter mein Hemd.
Dann riß ich das Jackett vom Balken weg.
Wieder zuckten kleine Flämmchen hoch. Ich konnte sie löschen. Die erste Gefahr war gebannt. Aber noch lebte der Mönch. Und er würde sich einen Teufel um die Unschuldigen kehren.
Ich ließ meinen Blick schweifen, während ich mich gleichzeitig um die eigene Achse drehte.
Noch immer rannten und stolperten die Gäste dem Ausgang zu. Zerbrochene Möbelstücke lagen auf der Tanzfläche. Dazwischen Glasscherben und Alkoholreste, die riechende Lachen bildeten. In Schlieren wogte der Rauch durch den Raum. Aber wo war der Mönch? Ich verließ meinen Platz und machte mich auf die Suche. Das Kreuz hielt ich nach wie vor umklammert.
Jeden Augenblick konnte der Mönch auftauchen und einen dieser magischen Blitze auf mich schleudern oder eine Stelle in meiner Nähe in Brand setzen.
Die letzten Gäste hatten die Discothek verlassen.
Einige Scheinwerfer waren geplatzt. Es herrschte ein unheimliches Zwielicht, und es wurde still. Wir belauerten uns. Ich hoffte, daß der rote Mönch sein Opfer nicht mehr in den Klauen hatte. Doch ich hatte mich getäuscht. »Ich habe das Mädchen«, hörte ich seine böse Stimme. Dann folgte ein widerliches, gemeines Gelächter. Jetzt, wo die Discothek leer war, schien das Lachen von überallher zu kommen. Es hüllte mich regelrecht ein und klang als Echo in meinen Ohren nach.
»Zeig dich, Dämon!« rief ich. Bei diesen Worten schlich ich geduckt über die Tanzfläche und näherte mich der Bar, auf der einsam eine Flasche Whisky stand.
Da schoß der Unheimliche hinter der Bar hoch.
Ich sah die ausgestreckte Hand, ein Blitz zuckte auf, und ich warf mich zur Seite. Hinter mir stand plötzlich ein zertrümmerter Stuhl in Flammen. Der nächste Blitz. Ein Tisch fing Feuer. Der Mönch lachte. Wieder ein Blitz.
Da schleuderte ich das Kreuz. Ich warf es aus dem Handgelenk, zielte auf das häßliche Gesicht und traf. Schrecklich brüllte der Mönch auf. Das Kreuz hatte ihn im Gesicht getroffen und die dämonische Physiognomie zerstört.
Hinter mir kauerte das blondhaarige Mädchen. Wie ich erkennen konnte, war es ohnmächtig geworden. Das beste, was ihm passieren konnte.
Der rote Mönch war noch nicht erledigt. Er hob den Arm, richtete die Hand auf mich. Der magische Strahl! Mein rechter Fuß schoß vor. Zu spät. Aus der Hand des Mönchs blitzte es auf. Der Strahl traf mich in die Brust. Mein Sprung wurde gestoppt. Eine Lichtaura hüllte mich ein. Vor Schmerzen mußte ich in die Knie. Ich glaubte zu verbrennen, doch ich gab nicht auf.
Verzweifelt kämpfte ich gegen die drohende Niederlage an, mobilisierte meine Kraftreserven.
Und ich schaffte es, der Magie des magischen Strahls zu entgehen. Ich konnte es mir nur so erklären, daß der durch das Kreuz geschwächte Mönch nicht mehr die Kraft besaß, seine gesammelten Fähigkeiten einzusetzen.
Gekrümmt wie ein Fragezeichen kniete ich am Boden. Pfeifend saugte ich den Atem in die Lungen.
Der Mönch kroch wie ein Wurm hinter der Bar entlang. Er hatte nicht mehr die Kraft, sich auf den Beinen zu halten.
Aber auch ich war am Ende. Ich versuchte meinen Arm auszustrecken, um nach dem Kreuz zu fassen. Es gelang mir nicht. Meine Finger erreichten das Metall nicht einmal.
Der Vorsprung des Unheimlichen wurde immer größer.
Verdammt, wann hörte diese Lähmung endlich
Weitere Kostenlose Bücher