003 - Die schwarze Rose
erinnere ich mich an die Qual des Wartens in meiner Jugend!" Für einen Franzosen gab es nichts Schlimmeres als die Verzögerung erotischer Genüsse.
Verwundert hob Simone ihre Brauen. Sie entsann sich nicht, dass der Marquis in jüngeren Jahren auf irgendetwas gewartet hätte. Stattdessen war er immer ein kühner, ungestümer Liebhaber gewesen. Worauf wollte der schlaue alte Fuchs hinaus?
Wie sie wusste, hatte er jahrelang verzweifelt gehofft, sein Neffe würde endlich heiraten und ihm einen Stammhalter präsentieren. Immerhin war John in gewisser Weise der letzte Abkömmling der Chavaneau-Linie. Maurices Vater hatte Johns Großmutter geheiratet, eine englische Witwe mit einer kleinen Tochter - Johns Mutter.
Also teilten der Marquis und John zwar dasselbe Blut, aber kein französisches.
Maurice pflegte diese Tatsache zu ignorieren. Obwohl er seinen Adelstitel von englischer Seite geerbt hatte, war er durch und durch Franzose. Deshalb sah er in John einen Chavaneau.
Außerdem wusste die Comtesse, dass der Marquis ihre Enkelin wie sein eigenes Fleisch und Blut liebte. Er wünschte sich schon lange, die beiden Kinder würden heiraten und die beiden Familien vereinen, die immer eng miteinander verbunden gewesen waren. Seit Chloe ihre Neuigkeit verkündet hatte, musste er im siebten Himmel schweben.
Warum hielt er sich jetzt zurück? Aufmerksam beobachtete sie ihn.
„In meiner Generation haben die Männer nicht lange gefackelt. Sonst hätten sich ihre Bräute womöglich anders besonnen ..." Vielsagend schaute Maurice in die Runde, womit er andeutete, es wäre heller Wahnsinn, eine solche Gefahr heraufzubeschwören.
Simone lächelte zufrieden. Jetzt wusste sie, was er im Schilde führte. Er fürchtete, John würde sich's anders überlegen. Bisher hatte der junge Lebemann keinerlei Neigung gezeigt, vor den Traualtar zu treten. Und nun wollte Maurice alles tun, um ihn festzunageln. Das verstand sie nur zu gut. Wenn John auch ein lieber Junge war -
er neigte zum Wankelmut.
John durchschaute jedoch die Machenschaften seines Onkel. Gewiss, er hatte sich bereit erklärt, Chloe zu heiraten. Doch den Zeitpunkt würde er selbst bestimmen.
„Habe ich etwa behauptet, dass ich warten möchte?" In seiner leisen Stimme schwang ein anzüglicher Unterton mit.
„John!" rief die Comtesse in gespielter Empörung.
„Du hast es versprochen!" platzte Chloe unwillkürlich heraus und zog alle Blicke auf sich. Die smaragdgrünen Augen verrieten hellen Zorn, die anderen wirkten einfach nur verblüfft.
Offenbar kann sich niemand vorstellen, ein Lord Sex würde versprechen, sich zu gedulden, dachte Chloe.
Nach einer unheilvollen Pause redeten alle durcheinander.
„Hat er das wirklich gesagt?" fragte Grandmere.
„Das bezweifle ich." Maurice wusste nicht, ob er sich ärgern oder freuen sollte.
Einerseits ging es um Chloes Ehre, andererseits sollte ein aktiver junger Mann einen gewissen Standard beibehalten.
„Bindet ihn an die Scheunenwand!" Im Grunde vertrat Deiter keine eigene Meinung, schwärmte aber für blutrünstige Szenen - solange er wach war.
Die Augen geschlossen, kniff John mit zwei Fingern in seinen Nasenrücken und schüttelte den Kopf. Konnte es noch schlimmer werden?
„Sir Percival Cecil-Basil!" meldete der Butler, bevor ein extravagant gekleideter Mann ins Zimmer tänzelte, der nur aus Lächeln und Rüschen zu bestehen schien.
John stöhnte. In der Tat, es wurde noch schlimmer.
„Seid gegrüßt, meine Lieben!" Eine schwüle Parfumwolke eilte der schrillen Stimme voraus.
„Sir Percy!" riefen alle entzückt. Alle außer John.
„Gerade traf ich Lady Hinchey, die mir erzählte, du wärst ziemlich überstürzt aufs Land geritten, Sexton. Und da wollte ich natürlich selber sehen, ob du gesund und munter bist, alter Junge." Sir Percy zückte sein Lorgnon und musterte John, offenbar auf der Suche nach irgendwelchen Blessuren.
Lady Hinchey? Chloes Augen verengten sich. Also war der Wüstling bei dieser Frau gewesen. Nun wusste sie, was ihn dermaßen ermüdet hatte. Um ihre Eifersucht zu bezähmen, holte sie tief Atem und weigerte sich, ihn anzuschauen.
Das war bedauerlich, denn sie hätte Lord Sextons Unbehagen bemerkt, wenn er auch keinen Grund sah, eine Erklärung abzugeben oder sich zu entschuldigen.
„Die Mühe hättest du dir sparen können", erwiderte er, was er völlig ernst meinte.
„Ja, nun sehe ich, warum du London so eilig verlassen hast - unser Herzchen ist heimgekehrt!" Strahlend beugte
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