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003 - Im Kabinett des Grauens

003 - Im Kabinett des Grauens

Titel: 003 - Im Kabinett des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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den er und Tom bei einem Gebrauchtwagenhändler billig bekommen
hatten. Das Auto war ehemals ein Taxi gewesen, ein altes, hochrädriges Vehikel,
wie sie noch oft in englischen Städten auftauchten, mit Speichenrädern und
einem nach außen gebuchteten Kofferraum, der aussah, als ob ein zusätzliches
Gehäuse am Ende des Wagens angebaut sei. Fletcher biss die Zähne zusammen. Er
griff nach dem Nachschlüssel, der in der Tasche seiner dunklen Wolljacke
steckte, und schlich die fünf nassen Stufen hinunter. Die dunkelgraue Eisentür
türmte sich wie eine glatte Mauer vor ihm auf. Der Schlüssel verschwand im
Schloss. Leise knackend sprang der Sicherungsflügel zurück, die Tür quietschte
in den Angeln, als Fletcher sie aufschob, gerade so weit, dass er seinen
schmalen Körper hindurchzwängen konnte.
    »Riggins?«
flüsterte er. Und noch einmal: »Riggins?«
    Seine
dumpfen Worte setzten sich wie selbständige Lebewesen in der Dunkelheit fort
und erfüllten das unheimliche Kabinett. Fletcher sah die Umrisse der
Mauerreste, der Torbögen und die Schemen der reglosen Wachsgestalten, die die
Finsternis mit ihrem merkwürdigen Leben erfüllten.
    Nirgends
ein Geräusch, keine Spur von Riggins!
    Fletchers
erster Unruhe folgte ein plötzliches Misstrauen. Hatte sich der Komplize
abgesetzt, hatte er erkannt, dass das Geschäft allein zu machen war? Er hätte
nur den Kassierer bei seiner Runde überfallen und den Schlüssel wegzunehmen
brauchen.
    Fletcher
kramte seine Taschenlampe hervor und ließ sie aufleuchten. Der Strahl stach in
das Dunkel und wanderte über die starren, wächsernen Gestalten, deren Glasaugen
sich im Licht spiegelten. Fletcher überwand seine Furcht. Es fiel ihm schwer,
doch der Gedanke daran, dass Riggins ihn eventuell hintergangen haben könnte,
bohrte sich geradezu in ihm fest und ließ ihn nicht mehr los. Er wanderte an
den stillen Gestalten vorbei, leuchtete in die dunklen Ecken und Nischen und
schaute hinter den Säulen der geschwungenen Torbögen nach, die sich wie ein
Tunnel über ihm spannten. Es gab hier einen zweiten Ausgang. Vielleicht war
Riggins dort verschwunden?
    Fletchers
Lippen bildeten einen schmalen Strich in seinem maskenhaft starren Gesicht, und
wenn er sich auf einen der leeren Sockel gestellt hätte, dann wäre nicht einmal
aufgefallen, dass sich zwischen den Wachsfiguren ein Mensch aus Fleisch und
Blut befunden hätte ... Und dieser Gedanke war es, der Fletcher ganz plötzlich
kam. Vielleicht handelte Riggins jetzt so, vielleicht hatte er sich versteckt
und wartete nur auf sein Erscheinen, und verschwand dann klammheimlich – und er
hatte das Nachsehen.
    Fletcher
wirbelte blitzschnell herum. Der Scheinwerferkegel der Lampe zuckte wie ein
Blitz über die Gestalten und über die feuchte Wand mit den schwarzen
Schimmelpilzen. War da nicht ein Geräusch gewesen? Nein, er hatte sich
getäuscht! Es war der Wind, der draußen in den kahlen Ästen heulte, der Regen,
der stärker zu Boden klatschte ... Der Lichtkegel huschte vor seinen Füßen wie
ein erleuchteter Gummiball hin und her. Und dann blitzte etwas vor ihm auf.
Gold! Er sah zwei, drei Stilette, deren Goldgriffe im Schein erglänzten, und er
sah die dunklen Flecken auf dem Boden.
    Es
waren feuchte, klebrige Flecken. Und als sich Fletcher bückte und die
Fingerkuppe seines rechten Zeigefingers in einen der Flecken tauchte, sah er,
dass es Blut war. Wie von einem Peitschenhieb getroffen sprang er auf die
Beine. Gehetzt rannte er zwischen den schmalen Gängen, flankiert von den
starren Wachsfiguren, auf den Ausgang zu. Keine zehn Pferde hätten ihn jetzt
mehr halten können. Er wollte hier heraus und keine Sekunde länger bleiben. Es
interessierte ihn nicht mehr, was passiert war – er wusste nur eins: Es war
etwas geschehen, etwas Grausiges, etwas, vor dem man fliehen musste, wollte man
nicht das gleiche Schicksal erleiden.
    Er
riss die Tür auf und stürmte durch den Regen, der ihn im Nu völlig durchnässte.
Der Wind pfiff und heulte zwischen den schwarzen, kahlen Stämmen, die wie eine
einzige Mauer vor ihm aufragten. Fletcher stürmte auf den Abhang zu. Er machte
nicht erst den Umweg über die Straße, die vom Parkplatz her in einen Seitenpfad
zum Abhang hinaufführte. Seine zitternden Finger griffen in die Zweige der
Krüppelsträucher und fassten nach Wurzelstücken. Er zog sich in die Höhe. Wie
ein Fanal der Erleichterung, der Freiheit, erschien ihm das alte Vehikel, das
zwischen den dunklen Stämmen stand.
    Fletcher
riss

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